Auch Gerd Spinners Tochter Hannah greift schon in die Saiten. Foto: Cools Foto: Schwarzwälder-Bote

Verwirklichung: Ein Jahr später: Musiccenter von Gerd Spinner ist mittlerweile mehr als nur ein Tonstudio

Nachwuchsmusikern bezahlbare Studioaufnahmen zu ermöglichen – diesen Traum hat sich Gerd Spinner vor einem Jahr erfüllt. Nun verrät er, ob es eine fixe Idee war, die so schnell verschwand, wie sie kam, oder ob sein Plan aufgegangen ist.

Oberndorf. Ein großspuriger Plattenboss, der nur jene zu sich lässt, die ihm Profit bringen? Davon ist Gerd Spinner meilenweit entfernt. Bei seinem Traum ging es nie um’s Geld, sondern darum, an Menschen zu glauben und ihnen eine Chance zu geben. Die soziale Komponente spielt eine große Rolle. Nicht umsonst heißt sein Musiccenter "Gsus". Darin ist viel mehr enthalten als nur die Bedingung, keine Musik mit gotteslästerlichen, herabwürdigenden oder rassistischen Texten aufzunehmen.

Spinner wollte auch Grenzen überschreiten, die auf den ersten Blick unüberwindbar scheinen, beispielsweise, einer sehbehinderten Schülerin Gitarrenunterricht zu geben. "Das war schon eine echte Herausforderung, aber es funktioniert und zeigt, dass es bei der Musik keine Grenzen gibt", sagt Spinner, dessen soziale Einstellung zu einem Großteil von seinem Engagement in der freien evangelischen Gemeinde rührt.

So hat er es sich auch zur Aufgabe gemacht, sozial Schwachen zu helfen. "Es geht mir um die Leute am Rande der Gesellschaft – ob das nun Menschen mit geringem Einkommen oder Flüchtlinge sind", erzählt er.

Besondere Freude macht es ihm, wenn er talentierten Menschen Schützenhilfe geben kann, beispielsweise der Band "Bebo Music", wie er erzählt. "Das sind so talentierte Musiker. Doch als ich die anfänglichen Aufnahmen, die auf Youtube hochgeladen wurden, gesehen habe, bin ich erschrocken", sagt Spinner lachend.

Eine gute Aufnahme sei manchmal schon die halbe Miete. Dabei ist es ihm wichtig, die Preise weiterhin flexibel zu halten, denn das habe sich bewährt. "Ich möchte die Künstler je nach ihren Möglichkeiten unterstützen und ihnen helfen, sich besser zu verkaufen", sagt der ausgebildete Audio-Engineer.

Begonnen hat er mit zwei Homerecordern. Inzwischen ist in seinem Tonstudio in der Neckarstraße, in dem hauptsächlich sein Kollege Johannes Lauffer aus einzelnen Tönen und Gesangsbrocken Lieder formt, praktisch alles möglich.

Offen für alle Genre

Höhepunkt des vergangenen Jahres sei ein 83-jähriger Liedermacher aus dem Raum Schramberg gewesen, der Wander- und Volkslieder professionell eingesungen hätte. "So etwas habe ich noch nie erlebt, aber es war wirklich cool", meint Spinner.

Während er anfangs gedacht hätte, Musikaufnahmen würden sein Hauptgeschäft, so weiß er jetzt: "Die Aufnahmen sind nur ein Teil. Inzwischen machen wir Gesangsseminare, musikalische Sessions und bieten Proberäume an", zählt Spinner auf.

Besonders etabliert hätte sich der Gitarrenunterricht durch eine Kooperation mit Harry Brehm, bekannt vom musikalischen Duo "PJ & Harry". Seit diese bestehe, sei die Nachfrage riesengroß.

Doch auch Veranstaltungen, die nur am Rande mit Musik zu tun haben, finden in seinem Studio statt, beispielsweise Jugendabende oder Kinderspielenachmittage.

Als schönste bisherige Veranstaltung bezeichnet Spinner Heiligabend, als 25 Personen jeglicher Herkunft und Lebenssituation gemeinsam bei ihm im Lounge-Bereich feiern konnten. "Dabei ging es nicht nur um Flüchtlinge, sondern auch um Menschen, die sich einsam fühlen", erklärt er. Momentan hat er außerdem ein eigenes Musikprojekt am Start – die Akustikgruppe "Flying Kangaroos". In der spielt seine Frau Ute den Bass und Spinner selbst die Gitarre. "Wir planen, im Oktober unseren ersten Auftritt zu haben", verrät er. Stilistisch folgt die Gruppe dem Vorbild anderer lokaler Akustikbands.

Künftig will Spinner zudem die Studioaufnahmen forcieren. "Viele Bands machen es per Homerecording mittlerweile selber, aber im Tonstudio hat die Musik eine ganz andere Qualität", weiß er.

Das eine Jahr hat ihn in Sachen Recording und Unterricht bereits viel gelehrt – vor allem aber eins: Dass es manchmal wichtig ist, an seinen Träumen festzuhalten.