Eine russische Trägerrakete mit dem Sojus MS-24-Raumschiff wird während des Ausrollens zur Startrampe 31 auf dem Weltraumbahnhof Baikonur mit dem Zug transportiert (Archivbild vom 12. September 2023). Foto: Bill Ingalls/Nasa/Planet Pix/Zuma Press Wire/dpa

US-Medien berichten, dass Russland weltraumgestützte Atomwaffen entwickelt. Politiker sprechen von einer ernsthaften Bedrohung der nationalen Sicherheit. Was steckt hinter der Meldung, die in Washington für Unruhe sorgt.

Die USA sehen sich hochrangigen Regierungsvertretern zufolge mit einer neuen „ernsthaften Sicherheitsbedrohung“ konfrontiert. Demnach plant Russland Atomwaffen Anti-Satelliten-Atomwaffe im Weltraum zu stationieren. Das berichten der Sender ABC News und die Zeitung „New York Times“ unter Berufung auf US-Regierungsvertreter.

„Ernsthafte Bedrohung der nationalen Sicherheit“

In der Öffentlichkeit beschränkten sich US-Regierungsvertreter auf kryptische Andeutungen bezüglich einer ernsten Angelegenheit. Sie versicherten, es bestehe kein Grund zur Panik, nannten aber keine Details. Die Angelegenheit soll am Donnerstag (15. Februar) Thema einer Zusammenkunft der Kongressspitzen im Weißen Haus sein.

Zunächst hatte der republikanische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im US-Repräsentantenhaus, Michael Turner, eine Erklärung veröffentlicht, in der von einer „ernsthaften Bedrohung der nationalen Sicherheit“ die Rede war. Er rief Präsident Joe Biden auf, alle diesbezüglichen als geheim eingestuften Unterlagen freizugeben, „damit der Kongress, die Regierung und unsere Verbündeten offen über die notwendigen Maßnahmen als Reaktion auf diese Bedrohung diskutieren können“.

„Sehr besorgniserregende“ russische Militärkapazität

Die Sender NBC und CNN berichteten unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen, es handele sich um eine „sehr besorgniserregende“ russische Militärkapazität. Details dazu wurden nicht genannt.

In einem Brief mit seinem demokratischen Kollegen Jim Himes an die Abgeordneten schreibt Turner, der Ausschuss habe „eine dringende Angelegenheit hinsichtlich einer destabilisierenden ausländischen militärischen Fähigkeit identifiziert, die allen Kongresspolitikern bekannt sein sollte“. Der Geheimdienstausschuss hatte demnach dafür gestimmt, Geheimunterlagen zu der Angelegenheit den Abgeordneten am Freitag (16. Februar) in einem sicheren Raum zur Einsicht bereitzustellen.

Derzeit besteht keine akute Gefahr

Himes betonte in einer separaten Erklärung, die Entwicklungen seien „bedeutend“. Es gebe aber „keinen Grund zur Panik“. Auch der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, versicherte vor Journalisten, es gebe keinen Grund für „öffentlichen Alarm“. Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan kritisierte derweil, dass Turner vor dem für Donnerstag geplanten Treffen im Weißen Haus an die Öffentlichkeit gegangen war.

Laut dem Bericht informierte die US-Regierung den Kongress und Verbündete in Europa über die Pläne Russlands. Weil die neuen nuklearen Systeme Russlands noch in der Entwicklung seien, bestehe keine akute Gefahr. Fox News berichtete, mit einem Einsatz nuklearer Systeme gegen Satelliten ließe sich möglicherweise militärische Kommunikation und Aufklärung der USA ausschalten. Es gab zunächst keinerlei offizielle Bestätigung für die Berichte.

Sowjets wollten Atombombe auf dem Mond zünden

Die Idee, Atomwaffen im Weltraum zu stationieren oder zu testen, ist nicht neu. Die Sowjetunion hatte bereits 1958 Geheimpapieren zufolge die Zündung einer Atombombe auf dem Mond in Auftrag gegeben. Am 1. November 1957 hatte die US-Tageszeitung „Pittsburgh Press“ unter der Überschrift „Latest Red Rumor: They’ll Bomb Moon“ („Das letzte rote Gerüchte: Sie wollen den Mond bombardieren“) über entsprechende sowjetische Pläne berichtet.

Wasserstoffbombe auf dem Mond

Das Projekt des engsten Moskauer Machtzirkels um den damaligen Parteichef Nikita Chruschtschow mit den Codenamen „E“ sah demzufolge vor, eine Rakete alternativ mit einer Wasserstoff- oder Atombombe zu bestücken. Die Zündung sollte als Machtdemonstration im Kalten Krieg dienen.

Sowjetische Wissenschaftler warnten jedoch davor gewarnt, dass die Bombe beim Raketenstart explodieren oder die Rakete den Mond verfehlen und auf die Erde zurückstürzen könnte. Uhl zufolge wurde das Vorhaben angesichts der unkalkulierbaren Folgen einige Monate später wieder aufgegeben.

US-Projekt A119

Auch die Amerikaner waren einer atomaren Machtdemonstration auf dem Erdtrabanten nicht abgeneigt. Unter dem Codenamen „A119“ wollten sie eine Mini-Atombombe auf der dunklen Seite des Mondes zünden und so den Sowjets zuvorkommen. Ein auch auf der Erde sichtbarer Atompilz sollte die technische Überlegenheit der US-Nuklearrüstung unter Beweis stellen. Da aber der Mond als potenzielles Ziel für eine Kolonisation nicht radioaktiv verseuchen werden sollte, kamen die Pläne wieder in die Schublade.

Im Februar 1957 hatte der US-Physiker Edward Teller die Detonation mehrerer Nuklearbomben auf und über der Oberfläche des Mondes vorgeschlagen, um die Effekte solcher Explosionen bei geringer Schwerkraft analysieren zu können. Der amerikanische Plan sah vor, Bomben mit der Sprengkraft von 1,7 Kilotonnen zu zünden. Zum Vergleich: Die am 6. August auf die japanische Stadt Hiroshima abgeworfene Bombe „Little Boy“ hatte eine Sprengkraft von 13 bis 18 Kilotonnen.