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Ausgerechnet mit dem erneuten Kälteeinbruch geht vielen Kommunen in der Region das Streusalz aus - auch, weil die Vorratslager zu klein sind.

Stuttgart - Schneefall, Eisglätte und Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt: Ausgerechnet mit dem erneuten Kälteeinbruch geht vielen Kommunen in der Region das Streusalz aus - auch, weil die Vorratslager zu klein sind.

Wer in den nächsten Tagen mit dem Auto in eine Wohnstraße einbiegen will, sollte vielleicht besser einen Schneeschieber an der Stoßstange montieren - oder den Wagen lieber gleich stehen lassen. Rund um Stuttgart sind klirrende Kälte und bis zu 15 Zentimeter Neuschnee prognostiziert. Wenn die bis Mitte nächster Woche vorhergesagten Schneemassen tatsächlich vom Himmel fallen, wird der Straßenverkehr in der Region zur Glückssache - auf Gefällstrecken erwartet die Autofahrer eine regelrechte Rutschpartie. Und: Niemand kann mehr sicher sein, dass auch Nebenstrecken ordnungsgemäß geräumt und gestreut sind.

Der Grund: Beim Winterdienst droht in vielen Städten und Gemeinden der Region in den nächsten Tagen der Offenbarungseid. Die Salzvorräte der Kommunen gehen unweigerlich zur Neige, neues Streumaterial ist derzeit kaum zu bekommen. Die Stadt Leinfelden-Echterdingen hat bereits angekündigt, dass die Räumeinsätze des Bauhofs ab sofort auf ein Minimum beschränkt werden müssen.

"Durch den Engpass bei der Salzlieferung können wir nur noch auf den Hauptstraßen streuen. Die 300 Tonnen in unserem Salzturm sind inzwischen annähernd verbraucht", erklärt die Rathaussprecherin Gisela Fechner. Das Streuen von Wohnstraßen kann sich die Stadt mangels Material nicht mehr leisten, auch Brummifahrer auf dem Weg ins Gewerbegebiet schauen in den nächsten Tagen in die Röhre.

Ein Tropfen in den kalten Schnee

Seit dem 11. Januar wartet Leinfelden-Echterdingen auf eine Lieferung aus dem Salzwerk in Haigerloch, 55 Tonnen Streugut sind laut Gisela Fechner bestellt. Doch eingetroffen sind die beiden Lastwagen auch nach fast drei Wochen noch nicht. "Wir werden einfach nicht beliefert, weil momentan das Salz bevorzugt an Straßenmeistereien geht. Und so geht es nicht nur uns, auch die Nachbarkommunen ringsum leiden unter dem Engpass", klagt Fechner.

In anderen Städten der Region sieht es nicht besser aus: In Göppingen wird derzeit täglich drei mal so viel Salz verbraucht wie aus dem Bergwerk nachgeliefert wird, die Stadt Steinheim an der Murr wartet ebenfalls sehnsüchtig auf Nachschub. Weil der Vorrat längst aufgebraucht ist, waren die Bauhof-Mitarbeiter bereits zweimal auf Betteltour in Ludwigsburg. Doch auch da ist nicht mehr viel zu holen.

Bei einem Tagesbedarf von je nach Witterung 50 bis 80 Tonnen reichen die Vorräte laut Winterdienst-Chef Uli Sauerzapf inzwischen nur noch fünf bis sechs Tage. "Wir haben das große Glück, dass wir durch die per Schiff erreichbare zweite Lagerhalle am Neckar mehr als 2000 Tonnen Lagerkapazität haben. Kollegen aus anderen Städten müssen teilweise schon Sackware aufs Streufahrzeug hieven, weil ihre 60-Tonnen-Silos längst leer sind", sagt Sauerzapf.

Von Vorwürfen, dass die Salzwerke zu wenig Streumaterial aus dem Berg schaffen, will Harald Müller nichts hören. "Wir arbeiten das ganze Jahr über im Dreischicht-Betrieb und hatten unser Streusalzlager vor dem Winter mit 650.000 Tonnen gefüllt, sagt der Chef der SWS Winterdienst, einer Tochterfirma der Salzwerke in Heilbronn.

Das Problem seien die viel zu kleinen Lagerkapazitäten vieler Kommunen. "Weil in den Rathäusern offenbar niemand mit einem lang anhaltenden Winter rechnet, reicht das vorrätige Salz vor Ort oft nur für drei, vier Tage - dann wird auf gut Glück nachbestellt". Dass Autobahnmeistereien bevorzugt beliefert würden, liege an langfristigen Verträgen. Derzeit verlassen täglich knapp 800 Lastwagen mit Streusalz das Heilbronner Werk - bei der derzeitigen Witterung sind die gut 22.000 Tonnen nicht mehr als ein Tropfen in den kalten Schnee.