Das Hotel Sand soll zu neuem Leben erweckt werden. Foto: Wiegert

Traditionshäuser an Schwarzwaldhochstraße könnten bald aus Dornröschenschlaf geweckt werden. Mit Kommentar.

Freudenstadt - Neues Leben in alten Gemäuern: Die Hotelbrachen an der Schwarzwaldhochstraße könnten durch die Nationalparkverwaltung schon bald aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt werden. Beim Informationszentrum bedarf es dagegen eines Neubaus.

"Ich bin optimistisch, dass die Häuser eine Chance bekommen", sagte Nationalpark-Pressesprecherin Simone Stübner im Gespräch mit unserer Zeitung. Konkret geht es um das ehemalige Kurhaus Sand auf Gemarkung Bühl (Kreis Rastatt) im nördlichen Teil der Parkkulisse und um das einst stolze Höhenhotel Alexanderschanze auf Gemarkung Freudenstadt im Süden. Die beiden Traditionshäuser könnten Teile der Nationalparkverwaltung beherbergen.

"Wir haben beide Hotels schon besichtigt", bestätigte Stübner. 23 Millionen Euro hat Naturschutzminister Alexander Bonde (Grüne) als Anschubfinanzierung für die Bauten rund um den Nationalpark einkalkuliert. Dabei geht es um Verwaltungssitze, Portale und um ein zentrales Besucher- und Informationszentrum für den Park.

Rückert will alte Gebäude "revitalisieren"

Der Löwenanteil des Geldes fließt laut Stübner ins Informationszentrum, das wegen der räumlichen Anforderungen "so gut wie sicher" in einem Neubau untergebracht werden muss. Für die beiden Hotels geht um die Frage, ob sie Teil des Verwaltungssitzes mit oder ohne Portalfunktion für den Nationalpark werden.

Antwort darauf wird neben dem Finanz- und Agrarministerium der Nationalparkrat geben. Voraussichtlich im Mai wird dieser über die Bauten entscheiden, kündigte am Donnerstag der Freudenstädter Landrat und Chef des Nationalparkrats, Klaus Michael Rückert (CDU), an.

Derzeit sammle das Gremium noch Ideen. Die persönlichen Präferenzen Rückerts sind aber eindeutig: "Ich bin ein Anhänger der Revitalisierung historischer Bauten."

Seite 2: Neue Hoffnung für alte Gemäuer

Freudenstadt - Es scheint fast so, als gehöre er zum Inventar: Stolz thront Josef Gramlich im Sessel des altehrwürdigen Jagdzimmers im Kurhaus Sand und lächelt in die klickenden Kameras. Zum Pressegespräch hat er einen Zylinder aufgesetzt - der Bedeutung des Termins und seiner Rolle angemessen. Schließlich geht es um die Zukunft des früheren Nobelhotels an der Schwarzwaldhochstraße (B 500), und Gramlich, einst Testamentsvollstrecker, jetzt Geschäftsführer der Kurhaus-Sand-GmbH, ist gemeinsam mit einer Stiftung Eigentümer des ehemaligen Prachtbaus.

Im Kurhaus Sand hält der Verfall Einzug

"Paradiesbau auf Erden" heißt die Stiftung, doch der Name wurde sicher nicht in Anlehnung an das Kurhaus Sand gewählt. Denn paradiesisch ist es dort schon lange nicht mehr: 1994 hat der letzte Gast des Hauses seine Koffer gepackt, bis 2005 wurde es noch ab und zu für geschlossene Gesellschaften geöffnet, danach wurde es still im alten Kurhaus. Einzug hielt nur noch der Verfall: Putz bröckelt von Wänden und Decken, die Fenster sind milchig, die Rohre brüchig. "Segen den Kommenden", steht auf einer staubigen Holztafel an der Wand - nur kommt hier keiner mehr.

Das soll sich ändern, meint die Gruppe, die zum Pressegespräch geladen hat - allen voran Hubert Schnurr (Freie Wähler), Oberbürgermeister von Bühl (Kreis Rastatt), und der Vorsitzende des Vereins Kulturerbe Schwarzwaldhochstraße, Hansjörg Willig. Sie haben sich die Rettung der einstigen Nobelherberge auf die Fahne geschrieben. Ihre Hoffnung: der Nationalpark Schwarzwald.

Rund 23 Millionen Euro hat die Landesregierung für die Anschubfinanzierung der Bauten wie Infozentrum, Portale oder Verwaltungsgebäude rund um den Nationalpark vorgesehen, und von diesem Kuchen wollen die Kurhaus-Retter ein Stück abhaben: "Der Park ist eine große Chance, aber ich sehe die Nationalparkverwaltung jetzt auch in der Pflicht, mit dem Geld nicht nur Neubauten zu finanzieren, sondern auch Kulturgüter wie das Sand wieder aufzuwerten", sagt Hans Falsehr vom Verein Kulturerbe Schwarzwaldhochstraße.

Regionale Produkte an der einstigen Rezeption?

Wie diese Aufwertung aussehen könnte, darüber haben sich die Vereinsmitglieder und der Bühler Oberbürgermeister schon Gedanken gemacht: Das Kurhaus soll Portal und Informationszentrum für den Nationalpark werden, das Konzept dazu liegt bereits auf dem Tisch. Das alte Jagdzimmer und die einstige Schwarzwaldstube sollen wieder bewirtet werden, im früheren Rezeptionsbereich könnte der Naturpark regionale Produkte vermarkten, 15 bis 20 Doppelzimmer sollen für Nationalparkbesucher und Wanderer renoviert werden. Der 200 Quadratmeter große Kurhaussaal böte Platz für Informationsveranstaltungen, Räume für ein Ski-Museum könnten entstehen und ständige Ausstellungen zur Geschichte des Nordschwarzwalds gezeigt werden.

Bliebe noch genügend Platz, um Teile der Nationalparkverwaltung im alten Kurhaus unterzubringen. "Wir hoffen, das Land mietet sich in das Gebäude ein", sagt Hubert Schnurr, die Signale seien jedenfalls positiv, sowohl von Seiten des Landes als auch vom Vermieter: Josef Gramlich und sein Stiftungspartner Hans Woile würden das Kurhaus für 99 Jahre vermieten, ein Verkauf kommt für sie allerdings nicht infrage.

Mit dem Land als Langzeitmieter ließe sich auch leichter ein Investor für die altehrwürdigen Mauern finden. Auf rund zwei Millionen Euro schätzt Hansjörg Willig die Kosten für eine erste Teilsanierung des Gebäudes, hofft allerdings, dass das Projekt ins EU-Förderprogramm LEADER aufgenommen und bezuschusst wird.

Hotel Alexanderschanze ebenfalls im Gespräch

Während im Norden schon Einigkeit herrscht, werden im Süden der Parkkulisse noch Gespräche geführt. Dort geht es um das einstige Höhenhotel Alexanderschanze an der Schwarzwaldhochstraße, das im Privatbesitz ist und seine Glanzzeiten ebenfalls hinter sich hat. "Für mich ist es ein zentrales Thema, dass man Zugriff auf das Gebäude bekommt, um es für den Nationalpark und das geplante Wildtierreservat nutzen zu können", sagt der Freudenstädter Oberbürgermeister Julian Osswald (CDU).

Das Reservat will die Stadt Freudenstadt gemeinsam mit Bad Rippoldsau-Schapbach (Kreis Freudenstadt) und Bad Peterstal-Griesbach (Ortenaukreis) im Bereich zwischen Alexanderschanze und Glaswaldsee auf die Beine stellen und es als zusätzliche Attraktion an den Nationalpark andocken. Denn das Reservatsgelände liegt gerade mal 200 Meter Luftlinie von der Parkkulisse entfernt. Das Gebäude des früheren Hotels Alexanderschanze könnte somit gleich zwei Funktionen in sich vereinen: Es könnte Portal für das Wildtierreservat und für den Nationalpark werden.

Wo die Bauten für den Nationalpark entstehen sollen, darüber entscheidet der Nationalparkrat. "Wir sammeln gerade Standortvorschläge", sagte gestern der Freudenstädter Landrat und Nationalparkratsvorsitzende Klaus Michael Rückert (CDU). Bei einer Klausurtagung im März werde das Gremium dann ein Konzept für Infozentrum und Portale des Parks erarbeiten. Das soll die Belange der Region und des Landes berücksichtigen, sprich regionale Wünsche und deren Finanzierung unter einen Hut bringen. In der Mai-Sitzung des Rats, so Rückert, werden dann voraussichtlich die Standortfragen entschieden.

Der Bühler Oberbürgermeister Hubert Schnurr will die Vorschlagssammlung jedenfalls zeitnah bereichern: Im Februar wird er das Sand-Konzept im Nationalparkrat präsentieren, und er will es auch dem Ministerpräsidenten schmackhaft machen. Am 6. Februar besucht Winfried Kretschmann (Grüne) den Kreis Rastatt; dann wollen der Oberbürgermeister und die Vereinsmitglieder für das Kurhaus Sand als Portal und Infozentrum werben.

Zwei Trümpfe wird Schnurr dabei sicher spielen: Den verkehrstechnisch günstigen Standort des Hauses an der Nord-Südachse Baden-Baden-Freudenstadt und am Scheitelpunkt von Rheintal und Murgtal sowie den Beitrag Bühls zum Nationalpark. Denn das alte Kurhaus Sand liegt exakt in dem Areal, das die Stadt in die Nationalpark-Fläche eingebracht hat.

Kommentar: Neuer Glanz

Von Sylvia Wiegert

Der Nationalpark als letzte Rettung für die Hotelbrachen der Schwarzwaldhochstraße? Die Marschrichtung stimmt, denn das umstrittene grün-rote Naturschutzprojekt hat nicht nur einen Bedarf an Unterkünften, sondern benötigt auch Akzeptanz im Südwesten. Schnelle Erfolge müssen also her, die den viel zitierten Mehrwert des Projekts für die heimische Bevölkerung sichtbar machen. Mit neuen Investitionen in die Altlasten vergangener Glanzzeiten könnte das Land jetzt ein Zeichen setzen und einen geschickten Schachzug zur Binnenvermarktung des Parks machen. Denn weniger Hotelruinen an Deutschlands berühmtester Panoramastraße werten die Region und den Nationalpark auf. Für prachtvolle Neubauten hingegen würde angesichts der Leerstände das Verständnis in der Bevölkerung fehlen. Jetzt kann die Landesregierung zeigen, dass es ihr beim Nationalpark doch nicht allein um das Prestige geht.