Das Umweltministerium hat eine „Förderkulisse Wolfprävention“ im Nordschwarzwald ausgewiesen. Foto: Friedl

Land erstattet Nutztierhaltern im Nordschwarzwald 90 Prozent der Kosten zum Schutz vor Wolfs-Übergriffen. Mit Video

Nordschwarzwald - Nach dem Tod von mehr als 40 Schafen durch eine Wolfsattacke in Bad Wildbad hat Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) die Region offiziell zum Wolfsgebiet erklärt. Experten gehen davon aus, dass ein Wolf im Schwarzwald heimisch geworden ist, da seine Spuren innerhalb von sechs Monaten zweimal nachgewiesen wurden.

„Mit dem bedauerlichen Vorfall Ende April, bei dem nach der Attacke eines Wolfes insgesamt 44 Schafe getötet wurden, ist nun nachgewiesen, dass sich der Wolf seit einem halben Jahr im Nordschwarzwald aufhält. Wir unterstützen daher die Nutztierhalter finanziell dabei, weitere Übergriffe des Wolfes mög-lichst zu verhindern“, sagte Umweltminister Franz Untersteller.

In der sogenannten Förderkulisse Wolfprävention mit rund 60 Kilometern Durchmesser erstattet das Land Nutztierhaltern 90 Prozent der Kosten für Schutzzäune mit Elektrospannung. Auch Herdenschutzhunde können mit jährlich 1950 Euro bezuschusst werden, wenn die Herde mindestens 60 Muttertiere umfasst, wie das Ministerium am Freitag mitteilte. Das ausgewiesene Gebiet ist rund 3700 Quadratkilometer groß - es umfasst alle Gemeinden, die in einem Radius von 30 Kilometern um jene Orte liegen, an denen der Wolf nachgewiesen wurde.

Die Halter von Schafen, Ziegen und Gehegewild haben nun ein Jahr lang Zeit, die Schutzmaßnahmen umzusetzen. Danach haben sie keinen Anspruch mehr auf Entschädigung für gerissene Tiere, wenn sie ihre Herden nicht ausreichend geschützt haben.

Dass ein Wolf offenbar in der Region heimisch geworden ist, hatte im Land für Diskussionen gesorgt. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz steht der Wolf unter besonderem Schutz. Landnutzerverbände und die FDP-Landtagsfraktion sprechen sich jedoch für den Abschuss des Wolfes aus, um die Weidetierhaltung nicht zu gefährden.

Untersteller bekräftigte hingegen: «Unser Ziel ist es, wie in anderen Bundesländern mit sesshaften Wölfen auch, ein Nebeneinander der für die Natur- und Landschaftspflege unverzichtbaren Weidetierhaltung und des europaweit streng geschützten Wolfes zu ermöglichen.»

„Wichtig ist nun, dass die Weidetiere möglichst bald umfassend und ausrei-chend geschützt werden, damit der Wolf nicht lernt, dass unzureichend ge-schützte Nutztiere eine leichte Beute sind,“ sagte Minister Untersteller. „Um diesen Schutz zu ermöglichen, haben wir das Förderprogramm aufgelegt.“

Unabhängig davon hat das Ministerium den Nutztierhaltern eine Übergangs-frist von einem Jahr eingeräumt. Danach ist ein Ersatz für vom Wolf verursach-te Schäden in der Förderkulisse nur noch möglich, wenn die Nutztiere zum Zeitpunkt eines Übergriffs ordnungsgemäß mit einer lückenlosen Umzäunung geschützt waren.

Schutzmaßnahmen für Rinder und Pferde sind bis auf Weiteres nicht förderfä-hig, da Übergriffe auf Rinder und Pferde selten sind und der Aufwand, sie zu umzäunen, in keinem Verhältnis zum Risiko steht. Sollte ein Wolf doch Rinder und Pferde attackieren, werden etwaige Schäden auch innerhalb der Förder-kulisse wie bisher unabhängig von der Durchführung von speziellen Schutz-maßnahmen erstattet.

Seite 2: erste Reaktionen

Stellungnahme von Klaus Mack, Bürgermeister von Bad Wildbad:

"Ich begrüße es natürlich, dass betroffene Weidetierhalter in einer Förderkulisse Wolfsprävention schnell entschädigt werden sollen. Was ein Wolfsgebiet, zu dem wir ja jetzt offensichtlich gehören, am Ende aber alles bedeutet,  ist immer noch offen. Ich habe mich daher an den Landes-Umweltminister gewandt und um Information der Bürger gebeten. Wenn es schon keine Politik des Gehörtwerdens in dieser Sache gibt, sollte zumindest eine Politik des Informiertwerdens möglich sein. Staatssekretär Baumann fand ja sehr kritische Worte,  was die Präsenz des Wolfes betrifft. Ich denke, da gibt es jetzt gute Ansatzpunkte, lösungsorientiert an einem Miteinander von Mensch und Wolf zu arbeiten. Dazu müssen aber klare Spielregeln aufgestellt werden, wie die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht und im Zweifel der Abschuss von 'Problemwölfen'." 

Stellungnahme von Landwirt Gernot Fröschle

Landwirt Gernot Fröschle, der bei der Wolfsattacke am 30. April mehr als 40 Schafe verloren hatte, zeigte sich einigermaßen zufrieden, dass er jetzt auf die Fördermittel zugreifen kann, „auch wenn die Mittel nicht ausreichen“. Überrascht war er, dass die Ausbildung und der Unterhalt von Herdenschutzhunden gefördert wird. „Das könnte eine Option sein“, sagte er, auch wenn er bislang keinerlei Erfahrungen mit Schutzhunden habe und mindestens fünf bis sechs Hunde brauche. „Wir überlegen uns das“, so Fröschle weiter. Nicht überzeugt ist er hingegen von den dauerhaft installierten Erdungsstäben, die ebenfalls gefördert werden. „Wir haben 200 Weiden“, da müsste er ja unglaublich viele dieser Stäbe setzen. Dennoch ist er „froh, dass das Gebiet ausgewiesen wird, wenn der Wolf eh schon da ist“. Lieber wäre es ihm aber allemal, wenn der Wolf nicht in der Region unterwegs wäre.

Stellungnahme des NABU Baden-Württemberg

Der NABU Baden-Württemberg bewertet die Förderrichtlinie als wichtigen Baustein zum Aufbau eines effektiven Herdenschutzes in der Region, sieht aber auch die damit verbundenen Herausforderungen für Tierhalterinnen und -halter: „Uns ist bewusst, dass die Maßnahmen für die Betriebe eine Zusatzbelastung darstellen. Insbesondere in Steillagen und auf stark verbuschten Flächen ist der Aufbau von Zäunen schwierig und mit deutlicher Mehrarbeit verbunden. Dabei müssen viele Betriebe schon heute hart arbeiten, um mit ihren Tieren über die Runden zu kommen“, so Enssle. „Auch der Einsatz von Herdenschutzhunden ist nicht in jedem Betrieb einfach umzusetzen.“

Aus diesem Grund hält es der NABU für erforderlich, die Weidetierhalterinnen und -halter nicht nur finanziell, sondern auch fachlich und praktisch zu unterstützen. „Wir brauchen den Aufbau einer professionellen Herdenschutzberatung in der Region. Denn gerade für die Integration von Herdenschutzhunden in die Betriebe braucht es Erfahrung und Know-how.“ Dabei könne an die Erfahrungen aus dem vom Umweltministerium geförderten Projekt „Herdenschutz in der Praxis“ von Landesschafzuchtverband und NABU angeknüpft werden, das in Kürze in die zweite Runde geht.