Aufrüttelnde Rede: Abdulrazak Gurnah Foto: dpa/Steve Parsons

Ein Mythos von unerbittlicher Grausamkeit: Der Literaturnobelpreisträger Abdulrazak Gurnah spricht über ein dunkles Kapitel im deutschen Erbe der Vergangenheit – Klassikerverehrung und Barbarei sind kein Widerspruch.

Männergesangsvereine ziehen heute vermutlich nur noch selten auf, wenn es gilt, Friedrich Schiller zu ehren. Dafür treten in Marbach seit 1999 um den Geburtstag des Dichters am 10. November herum Persönlichkeiten der Zeitgeschichte ans Rednerpult des Deutschen Literaturarchivs, um der Klassikerverehrung einen Halt in der Gegenwart ihres jeweiligen Zuständigkeitsgebiets zu verschaffen. Doch auch hier kommt es nicht alle Tage vor, dass ein Nobelpreisträger das Wort ergreift. Zuletzt war das 2012 der türkische Schriftsteller Orhan Pamuk, der in einer poetologischen Erkundungsfahrt die Schiller’schen Gegensatzpaare von naiver und sentimentalischer Dichtung zusammenführte.