Diskussionskultur: An einem Baum im BUND-Wald in Neuweiler tauschen die Gruppen ihre Standpunkte aus

Neuweiler. Ein unscheinbares Waldstück inmitten von Neuweiler. Doch die Diskussion um eine mögliche Ansiedlung des Schwarzstorchs trägt skurrile Züge: An einem Baum entflammt ein Briefwechsel zwischen BUND und "Freunden des Waldes".

Mitten im Wald von Neuweiler spielt sich fernab der Zivilisation eine Diskussion zwischen BUND und so genannten "Freunden des Waldes" ab. Plakativ ausgetragen an einem Baum. Der ist bereits jetzt dem Tod geweiht.

Der Kern des Konflitks: Der BUND erstand vor einigen Jahren ein Waldstück nahe Neuweiler-Hofstett. Und lässt das jetzt aus Sicht von Laien schlicht verkommen: Überall liegt Totholz, die Bäume sind teils auf Kopfhöhe abgesägt. Doch Thomas Stadtlander vom BUND beteuert per Mail, dass das alles gewollt sei: "Wir haben in Neuweiler vor einiger Zeit angefangen, unseren Wald für die Zukunft vorzubereiten." In Anbetracht der Tatsache, dass die Fichte im Schwarzwald nicht nur von Borkenkäfer und Hitze malträtiert wird, habe man eben mit diesem Baum angefangen und den Bestand aufgelockert. Dadurch will man "in der Naturverjüngung anderen Baumarten eine Chance" geben, teilt Stadtlander vom BUND-Kreisverband Calw mit. Auch Kiefern, die laut BUND bereits beschädigt sind, hat man geringelt, also die Rinde am Fuß des Baumes entfernt, um ein Absterben zu ermöglichen. Das wiederum hat den Sinn, dass andere Bäume mehr Platz und Licht bekommen sollen und zudem den Spechten zugute kommen, die die Höhlen in den toten Bäumen nutzen könnten.

Und genau dieses Vorgehen des Ringelns erregt die Gemüter bei den "Freunden des Waldes", die in ihrem Brief unter die Erklärung des BUND schreiben: "Euch zieht man ja auch nicht die Haut von den Füßen ab." Weiter raten sie sarkastisch dazu, noch größere Nägel in die geringelte Forche einzuschlagen, damit dies "noch schneller verrecken" kann. Man sei zudem davon ausgegangen, dass sich der BUND um alle Lebewesen sorge, also auch um Bäume, und die nicht mutwillig zum Absterben bringt.

Der BUND Kreisverband kontert hingegen damit, dass man stattdessen starke Waldkiefern aufbaut, Weißtannen und Traubeneichen pflanzt. "Die haben es deutlich besser", sagt Stadtlander. Und überhaupt würden zu dichte Baumbestände "bei allen Beteiligten zu Wassermangel und damit Trockenstress führen." So will man auch einem massenhaften Käferbefall zuvorkommen.

Das Ziel in Bezug auf den Schwarzstorch ist es, die Waldkiefern so zu stärken, dass sie eines Tages als Horstbäume für den Schwarzstorch oder auch den Wespenbussard taugen, wie der BUND ausführt. Dass sich solche Vögel eines Tages im Neuweiler Wald ansiedelt, daran glauben die "Freunde des Waldes" indes nicht. "Die Bäume sind da zu klein und ein Förster bei der Landesgartenschau hat bestätigt, dass die sich hauptsächlich Laubbäume suchen", erklärt Herbert Noe, der sich als "Freund des Waldes" beim Schwarzwälder Boten meldete. Gleichwohl stellt er klar, dass er nicht gegen den Schwarzstorch per se sei: "Ich würde mich auch freuen, wenn der kommt." So recht dran glauben kann man bei den "Freunden des Waldes" aber nicht. Trotzdem hat man aus reinem Spaß das abgebildete Storchennest in das BUND-Waldstück gepackt. Wohlwissend, dass es sich hierbei nicht um einen plüschigen Schwarzstorch, sondern um einen anderen seiner Art handelt.

"Ein Weißstorch ist das", wie Neuweilers Förster Stefan Rückert kundtut. Der Herr der Neuweiler Wälder beschäftigt sich aber abseits der zoologischen Einordnung wenig mit dem Thema und findet klare Worte: "Ich halte das für ein Kasperletheater. Schade ist zudem, dass man hier mit Gewalt Totholz ansammeln muss."

Doch Rückert will sich da nicht einmischen und sagt: "Ich habe genug anderen Wald, um den ich mich kümmern muss." Auch Bürgermeister Martin Buchwald hält nicht viel von der Außeinandersetzung und gibt zu Protokoll: "Das halte ich für völligen Unfug. Man kann so was ja machen, dann aber mit Maß und Ziel."

Und auch die beiden Parteien wollen einvernehmlich kein Öl in die Flammen gießen. Noe betont, trotz aller unterschiedlicher Auffassungen: "Die können in ihrem Wald natürlich machen, was sie wollen, das ist die Entscheidung des BUND. Deshalb wollen wir da jetzt kein Fass aufmachen", beteuert der Waldreund.

Auch auf der anderen Seite schlägt man versöhnliche Töne an: "Wir haben uns erst einmal darauf geeinigt, die Anschläge am Baum und auch den Horst so zu belassen. Eben um auch anderen ›Waldfreunden‹ die Gelegenheit zu geben, sich mit den Örtlichkeiten vertraut zu machen und sich an das zukünftige Waldbild zu gewöhnen."