Heimatgeschichte: Martin Seeger möchte Initiativkreis zum Gedenken an Familien Marx und Schmälzle bilden

Das Thema lässt Martin Seeger nicht los. Er möchte weiter am Gedenken an die Familien Marx und Schmälzle arbeiten.

Neuweiler. Der Heimatforscher denkt dabei an die Gründung eines weiteren Initiativkreises. Das erste Gremium hatte sich gebildet, um Ernest Kolman nach Neuweiler einzuladen. Das war im September vergangenen Jahres geschehen (wir berichteten). Er, der mit einem Kindertransport nach Großbritannien dem NS-Regime entkommen war und heute in London lebt, ist der Neffe des jüdischen Arztes Eugen Marx, der zwischen 1929 und 1934 in Neuweiler und Bad Teinach praktiziert hatte.

Kolmans immer wieder geäußerter Wunsch ist eine Gedenktafel für die Familie seines Onkels. Dessen beiden Töchter wurden in einem Lager im weißrussischen Minsk von den Nazis 1942 im Alter von neun und elf Jahren ermordet, Marx selbst gelang über China die Emigration in die USA. Kolman war zunächst nur zu einem Besuch in Neuweiler bereit, wenn es einen Gedenkstein für die Familie seines Onkels gibt. Seeger sieht das nun als einen zweiten Schritt. Und der inzwischen 90-jährige Kolman möchte dieses Gedenken noch erleben.

Verfolgt, weil Pfarrfrau Jüdin war

Darin möchte Seeger die Pfarrfamilie Schmälzle einbeziehen. Und einen zweiten Initiativkreis bilden. Der erste hatte aus ihm, Ulrich Müller, Pfarrer i.R. (Baiersbronn), dem Calwer Kreisarchivar Martin Frieß, Norbert Weiss, Lehrer i.R. (Calw) und dem Nagolder Lehrer Gabriel Stängle bestanden. Seeger will nun darüber hinaus unter anderem Nachkommen von Zeitzeugen, Bürgermeister, Gemeinderäte, Pfarrer und Unternehmen ansprechen.

"Der zweite Initiativkreis wird sich hauptsächlich um ein andauerndes Gedenken und Erinnern an die damalige Zeit unter den Nazis und das Leiden der Familienmitglieder von Dr. Eugen Marx kümmern. Ebenso soll an die damals verfolgte Neuweiler Pfarrfamilie Schmälzle erinnert werden, die verfolgt wurde, weil die Pfarrfrau eine Jüdin war" schreibt Seeger.

Ziel sei ein zweifacher Gedenkstein an exponierter Stelle in der Gemeinde, der an beide Familien erinnert und aus privaten Spenden finanziert wird. Neben Unternehmen sind Privatpersonen, Kirchen, Vereine und andere Gemeinschaften aufgerufen.

Mit dem Schicksal der Pfarrfamilie Schmälzle hat sich Hans Schabert beschäftigt. Demnach heiratete Reinhold Schmälzle, seit 1927 Seelsorger in Neuweiler, 1929 Martha Serkin. Sie war als Schwester des weltweit bekannten Pianisten Rudolf Serkin im heutigen Tschechien geboren. Sie arbeitete vor ihrer Heirat als Majolikameisterin in Schramberg, trat, um den gemeinsamen Weg mit ihrem Mann gehen zu können, aus der israelitischen Gemeinde aus und ließ sich taufen.

Schon bald, so berichtet Schabert, Vorsitzender des Kreisgeschichtsvereins und früherer Bürgermeister von Neuweiler, kam es zu Konflikten mit Politik, denen die in Neuweiler beliebte Pfarrfamilie ausgesetzt war. Zur ersten ernsthaften Auseinandersetzung kam es, als Schmälzle in einer Predigt die staatliche Macht relativiert und die übermächtige Bindekraft des Blutes zurückgewiesen hatte, wie Schabert in einem Vortrag schilderte. Als selbst der dem Pfarrer wohl gesonnene damalige Landesbischof Theophil Wurm nichts mehr für ihn tun konnte, ging die Familie mit ihren vier Kindern, die nach der NS-Rassenideologie Halbjuden waren, zunächst nach Österreich und dann in die Schweiz. Die Rückkehr nach Neuweiler 1937 war nicht von langer Dauer. Wieder ging die Familie in die Schweiz. Erst Mitte 1957 – seine Frau starb 1954 – kehrte Schmälzle nach Deutschland zurück, arbeitete bis zu seiner Pensionierung 1964 im Großraum Stuttgart und starb 1969. Als das Ehepaar Neuweiler 1953 besuchte, erfuhr es überwältigende Beweise der Zuwendung der ehemaligen Gemeindeglieder, berichtet Schabert.

Weitere Informationen: Kontakt: Martin Seeger, Mobiltelefon 0160/3 10 04 44, E-Mail seeger.martin@t-online.de