Mit den düsteren Sagen und Geschichten um die Steinkreuze und Bildstöcke des Schwarzwalds hat sich die Oberwolfacher Autorin Astrid Lehmann in ihrem neuen Buch beschäftigt. Foto: Springmann

Steinkreuze und Bildstöcke begegnen dem aufmerksamen Auge an vielen Stellen im Schwarzwald – doch welche teils schaurigen Geschichten sich hinter ihnen verbergen, gerät langsam ins Vergessen. Astrid Lehmann aus Oberwolfach hat sie aufgeschrieben.

Sie sind ein steinernes Gedächtnis, die dem Betrachter meist nur wortkarg berichten, welche Geschichte sich hinter ihnen verbirgt. Oft erzählen sie von tragischen Unfällen oder Schicksalsschlägen. Ihrer Geschichte hat sich nun die Oberwolfacher Autorin Astrid Lehmann angenommen – sie erzählt in ihrem Buch „Finsterer Schwarzwald – Schaurige Geschichten aus alter Zeit“ 700 Jahre Schwarzwaldgeschichte einmal anders.

„Ich war immer fasziniert und habe mich gefragt, welche Geschichten hinter den Steinen stecken“, erklärt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. So sei die Idee zum Buch entstanden, in dem sie vor allem auch die Geschichten der einfachen Leute erzählt: Näherinnen, Flößer, Taglöhnern oder Bauern.

Ganze Bandbreite der menschlichen Abgründe

„Die Geschichten offenbaren die ganze Bandbreite menschlicher Abgründe“, erklärt sie. Denn die Steinkreuze und Bildstöcke erinnern an Zeiten, in denen die Gewalt zunahm, von Seuchen oder Hungersnöten. Es gehe um tragische Unfälle, Heimtücke Morde, Habgier, Rachsucht und Neid. Oder auch um große Hungersnöte: Etwa in der Geschichte von zwei Männern, die sich in im Loßburger Ortsteil 24-Höfe im Streit um eine Maus gegenseitig erstochen haben. Sie erzählen zum Beispiel aber auch von der Hexenverfolgung in Kappelrodeck oder den beiden Kindern, die sich beim Heidelbeersammeln bei Todtmoos verirrten und tot gefunden wurden.

Die Geschichten waren für Lehmann eine besondere Herausforderung, denn: „Nur die wenigsten Denkmale sind gut dokumentiert, die meisten basieren auf Sagen“, erklärt sie. Anhand der Überlieferungen und den geschichtlichen Kontext habe sie eine fiktive Geschichte drumherum aufgebaut. „Wir wissen natürlich nicht wirklich, was passiert ist“, sagt sie nachdenklich. „Aber vielleicht sind meine Geschichten gar nicht so weit weg von der Wahrheit.“

Die Denkmale, die quer durch den Schwarzwald verteilt sind, hat sie dabei in drei Kategorien aufgeteilt: die Steinkreuze, die auf einen gewaltsamen Tod eines Menschen hindeuten, oft im Kontext von krieg, Pest- oder Hungerzeiten. Hinzu kommen die Sühnekreuze, die im Spätmittelalter aufgestellt wurden und Teil einer Erfüllungsschuld nach einer Gewalttat waren.

Tragische Unfälle, Morde und Schicksalsschläge

Manche von ihnen sind auch als Grenzsteine aufgeführt. Sie dienten der Bevölkerung als Orientierung, aber der eigentliche Grund ihres Aufstellens liegt im Verborgenen. Die dritte Kategorie sind die Bildstöcke, die auf tragische Unfälle oder Schicksalsschläge hinweisen, die nicht vergessen werden sollen.

Viele seien der Steindenkmale sehr schlicht gehalten, andere seien wunderschön gearbeitet. Etwa der Toter-Mann-Stein. Der Grenzstein in der Nähe von Schöllbronn zeigt ein Skelett mit einer Sanduhr und verweist auf eine Zeit, in der in der Gegend die Pest zahlreiche Opfer forderte. Warum genau der Stein aber aufgestellt wurde, ist unbekannt.

Für die Recherchen hat sich Astrid Lehmann durch die Archive des Regierungspräsidiums gewühlt, das ihr sehr freundlich die Türen geöffnet habe. Tatkräftig unterstützt wurde sie dabei auch von den örtlichen Heimatpflegern und Schwarzwaldvereinen.

Besonders berührt habe sie die Geschichte der Näherin auf dem Schnaitberg auf der Kornebene. Denn einerseits zeige die Überlieferung das schwere Leben der Menschen im 17. Jahrhundert. Aber auch der gewaltsame Tod der jungen Frau sei ihr nahegegangen, erzählt Astrid Lehmann.

Alle Denkmale aufgesucht, um sich einzufühlen

Besonders wichtig war der gebürtigen Französin auch, dass es jeweils eine Wegbeschreibung zu den Denkmalen gibt. Manche Steine seien einfach zu finden gewesen, auch durch die gute Dokumentation. Bei anderen sei es eine richtige Detektivarbeit gewesen, die Denkmale aufzusuchen, um sie für das Buch zu fotografieren. „Ich wollte ihnen eine Stimme geben, denn sie sind Teil unserer Geschichte“, erklärt sie. Es sei ihr wichtig gewesen, an die Orte des Geschehens zu gehen, um dort in die Atmosphäre einzutauchen. „Ich habe oft ganz große Ehrfurcht und Mitleid gefühlt mit den Menschen damals“, erzählt sie nachdenklich. „Aber auch Dankbarkeit, dass ich heute leben darf.“

Das Buch

Das Buch  „Finsterer Schwarzwald – Schaurige Geschichten aus alter Zeit“ von Astrid Lehmann ist im Verlag Silberbug erschienen.  Das 128 Seiten umfassende Buch hat die ISBN 9 78 38 42 52 40 19. Geeignet ist es laut der Autorin für alle Schwarzwald-Interessierten, Fans von „True Crime“-Geschichten oder auch Wanderer