Katja Tödheide vor ihrem Laden, in dem sie bald keine Dienstleistungen der Post mehr anbietet. Foto: Werthenbach Foto: Schwarzwälder-Bote

Nahversorgung: Neubulacher Postagentur schließt zum Jahresende / Betreiberin übt scharfe Kritik / Ersatz frühestens im Februar

Weil die Postagentur im Finkenweg schließt, müssen Neubulacher ihre nicht zugestellten Pakete wohl vorerst in Calw, Altensteig oder Nagold abholen. Die Betreiberin ist sauer – und berichtet von perfiden Methoden der Deutschen Post AG.

Neubulach. "Ich kann nicht mehr", sagt Katja Tödheide, nachdem sie die Postagentur im Finkenweg nun zehn Jahre als sogenannte "Partnerin" betrieben hat. Voraussichtlich am 29. Dezember wird sie ihren Laden ausräumen. Bis dahin können Neubulacher noch die gewohnten Dienstleistungen beanspruchen. Im neuen Jahr wird es wohl komplizierter.

Zwar hat sich die Deutsche Post dazu verpflichtet, in Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern bestimmte postalische Dienstleistungen an einer Stelle anzubieten, die von Montag bis Samstag täglich mindestens eine Stunde geöffnet hat. Nach aktuellem Stand hakt es aber noch mit einer Nachfolgelösung in Neubulach. Laut Hugo Gimber, Pressesprecher der Deutschen Post AG, kann dort frühestens im Februar eine neue Agentur öffnen. Eine Vertragsunterzeichnung stehe noch aus.

Bei der Suche nach einem neuen Betreiber wünscht Tödheide dem Unternehmen zynisch "viel Glück" – und erinnert daran, dass sie in den vergangenen vier Jahren keinen Urlaub hatte. Auch, weil sie keine Aushilfe gefunden habe.

"Ein Nebeneinander funktioniert nicht"

Indes hat der Paketshop in Neubulachs Stadtmitte gegenüber der Postagentur nur ein eingeschränktes Angebot. Pakete etwa, die in Neubulach nicht zugestellt werden können, nimmt dieser nicht an – stattdessen werden sie wohl zu den Filialen in Calw, Altensteig oder Nagold gebracht, solange es keine Postagentur in Neubulach gibt.

Gleichzeitig sieht Tödheide in dem Paketshop den Grund dafür, dass sie ihre Postagentur schließen muss: Nachdem der Shop vor drei Jahren eröffnet hatte, sei es für ihre Agentur bergab gegangen. "Ein Nebeneinander von Paketshop und Postagentur in einer kleinen Gemeinde funktioniert nicht", sagt sie. Ihr Umsatz habe sich in den vergangenen zwei Jahren halbiert.

Besonders schlimm findet sie das System der Deutschen Post: Sie musste als Betreiberin einer Agentur eine einwöchige Schulung absolvieren, unter anderem um jeden aufgegebenen Brief und jedes Paket auf Maße und Gewicht überprüfen zu können. Ist die Post nicht korrekt frankiert, muss der Kunde sie entweder nachfrankieren oder sie wird nicht verschickt.

"Der Paketshop aber darf alles annehmen", so Tödheide, "das wird nicht überprüft und geht meistens auch ohne passende Frankierung raus". Wer etwas verschicken will, habe also die Chance, mit zu gering frankierter Post Geld zu sparen. "Der Kunde ist ja auch nicht blöd", sagt sie.

Und was sagt die Deutsche Post AG dazu? Pressesprecher Gimber will Tödheides Aussagen auf Nachfrage unserer Zeitung nicht kommentieren.

"Böse Briefe" sind wohl kein Einzelfall

"Die interessieren sich nur noch dafür, Geld in Massen zu scheffeln", so Tödheide. Zwei Jahre lang habe sie versucht, dem Unternehmen zu erklären, dass es sich mit diesem System "ins eigene Bein schießt". Vielmehr sei die Aktiengesellschaft so damit "beschäftigt, Großkunden abzuziehen, dass das alles egal ist". Wenn der "Partnerin" dagegen ein Fehler passiert – Tödheide hat nach eigenen Angaben eine Fehlerquote von unter einem Prozent –, erhalte sie "böse Briefe" von dem Unternehmen. Und sie kenne viele Agentur-Betreiber, denen es genauso gehe.

Zudem kommen Kunden laut Tödheide oft zu ihr, wenn im Paketshop ein Fehler passiert ist: "Ich darf dann den Karren aus dem Dreck ziehen", sagt sie. So brächten Kunden häufig nicht nur ihre Post in den Finkenweg, sondern auch ihren Ärger: "Aber Sie sind doch die Post", heiße es dann ihr gegenüber.

Tatsächlich aber ist Tödheide selbstständige Betreiberin eines Eiscafés, das sich ebenfalls im Finkenweg befindet. "Und ein verlorener Kunde in der Postagentur kommt auch nicht mehr ins Eiscafé", sagt sie. Für ihre Filiale hat sie einen Partnervertrag mit der Post geschlossen, demzufolge sie auf Provisionsbasis bezahlt wird. Zusätzlich verkauft sie in dem Laden Wolle und Geschenkartikel.

Klagedrohung bei Krankheit

Dass sich die Post zur Gewährleistung ihres Angebots auch in Neubulach verpflichtet hat, kann verheerende Auswirkungen auf die Gesundheit von Agentur-Betreibern wie Tödheide haben: Anfang des Jahres stand für sie eine Operation an der Hand an – acht Wochen vorher wollte sie die Post darüber informieren, dass die Agentur an diesem Tag ausnahmsweise geschlossen bleibt: "Durch die Blume haben sie mir dann am Telefon mit einer Klage gedroht, wenn nicht mindestens eine Stunde geöffnet ist." Dieses Erlebnis sei ein "erster Knackpunkt" gewesen; inzwischen fühlt sich Tödheide nicht mehr imstande, die Postagentur weiter zu betreiben.

Das Eiscafé, das sie mit ihrer Mutter betreibt, existiert dagegen auch im neuen Jahr. In dem Laden, in dem sich derzeit noch die Postagentur befindet, will Tödheide weiterhin zumindest Wolle, Geschenkartikel und Briefmarken verkaufen.