Umringt von grünen Wäldern liegt Gündringen im Tal. Fotos: Fritsch Foto: Schwarzwälder Bote

Willkommen in Gündringen: Gregor Carl zeigt "den Wilden Süden Nagolds" / Dorfplatz wird benötigt

"Ich bin stolz darauf, Gündringer zu sein. Und ich schätze, 95 Prozent im Ort ebenso", sagt Gündringens Ortsvorsteher Gregor Carl über seine Heimat. Gündringen ist der "wilde Süden" wie Carl das Dorf nennt. Die Einwohner sind eigen, lassen sich nicht alles gefallen. Und halten zusammen.

Nagold-Gündringen. "Der Zusammenhalt hier ist der Wahnsinn", findet Gregor Carl. Vor allem die Vereine tragen zu einer tollen Dorfgemeinschaft bei. Der Weihnachtsmarkt auf dem Kronenplatz sei dafür das beste Beispiel: "Da hilft jeder mit – vom Vierjährigen bis zum 80-Jährigen." Dieser Zusammenhalt wird in zwei Jahren in besonderem Maß gefragt sein. Dann feiert Gündringen sein 1200-jähriges Bestehen. "Da müssen wir jetzt schon Gas geben, damit wir dafür was tolles auf die Beine stellen. Da wird sich wieder die ganze Bevölkerung einbringen."

"In jede Lücke wurde hineingebaut"

Knapp 900 Menschen leben derzeit in dem Nagolder Teilort im Tal. Jedoch könnten es mehr sein, ist sich der Ortsvorsteher sicher. Denn die Nachfrage nach Wohnraum sei enorm. Nur derzeit gebe es im Ort keinen einzigen Bauplatz und die leer stehenden Häuser könne man an einer Hand abzählen. "Alle alten Häuser in Gündringen sind in den vergangenen Jahren verkauft und saniert worden", erzählt Carl. "In jede Lücke wurde hineingebaut." Damit ist nun das Maximum erreicht. "Eigentlich ist Gündringen am Wachsen", so Carl. Viele junge Familien wollten hier wohnen – an sich das Ziel jeder Ortschaft. "Aber da keine Bauplätze vorhanden sind, wandern viele in die Nachbarorte ab", bedauert Carl. "Gündringen braucht Wohnraum, Wohnraum, Wohnraum."

Die Tallage verleiht Gündringen seinen Charakter. Von der Höhe hat man eine tolle Aussicht auf das Dorf. Wälder, Wiesen und die Steinach sorgen für einen hohen Freizeitwert. Gleichzeitig aber beschränken die umliegenden Natur- und Wasserschutzgebiete eine Erweiterung der Ortschaft. "Wir sind ein reicher Ort. Reich an Quellen, reich an Natur", so der Ortsvorsteher. "Aber wenn ich könnte, dann würde ich die Berge links und rechts 100 Meter auseinanderdrücken. Dann hätten wir mehr Platz", meint Carl. Zwar könne man theoretisch auf der Höhe erweitern, doch nicht auf Kosten des Waldes, wodurch Gündringen seinen Charme verlieren würde. Zudem sei eine Erweiterung auf der Höhe mit immensen Kosten verbunden. Nichtsdestotrotz hat Carl seinem Heimatdorf ein ambitioniertes Ziel gesteckt: In zehn Jahren soll Gündringen die 1200-Einwohner-Marke knacken. "Vorausgesetzt wir bekommen mehr Platz, beziehungsweise ein Baugebiet." Eine Bebauung der "Mühlwiesen" können sich Carl und der Ortschaftsrat gut vorstellen, doch stehe dem noch einiges im Weg. Zukunftsmusik. Doch Carl ist ein optimistischer Mensch mit vielen Ideen und Visionen.

So lässt der Ortschaftsrat auch nicht locker in der Diskussion um einen Dorfplatz. Immer wieder sei der Ort von der Stadt Nagold vertröstet worden. Zumal das Vorhaben bereits 2010 konkrete Züge angenommen hatte. Doch wurde die Fläche in der Ortsmitte schließlich mit Wohnraum bebaut. Ein kleiner Platz, der Heribert-Carl-Platz, entstand dennoch. Hübsch – jedoch viel zu klein, um dort Feste zu feiern.

Eine alternative Fläche für einen Dorfplatz ist bereits in Aussicht. Carl zeigt das lange, schmale Stück, das derzeit noch ein Weg zur Halle ist. Hier könnte bald die neue Dorfmitte sein. Aktuell befinde man sich in Verhandlungen. Die Lage scheint ideal für solch ein Vorhaben zu sein: In direkter Nachbarschaft befindet sich die Gemeindehalle eingebettet in ein idyllisches Fleckchen Natur. Die Steinach schlängelt sich an der Halle vorbei, bei gutem Wetter spielen gerne Kinder in und am Wasser. Ein Kneippbecken voller eiskaltem Quellwasser, einem Überbleibsel der Gartenschau 2012, fügt sich in die Freizeitanlage am Bach ein. Unweit davon entstand ein neuer moderner Kinderspielplatz aus Ortschaftsratsmitteln. Die Halle ist gut ausgebucht mit vielfältigen Veranstaltungen wie der Faschingsfeier des Sportvereins, dem Theater des Heimat- und Kulturvereins (der auch das Backhaus bewirtschaftet) und dem Jahreskonzert des Musikvereins.

Schulräume werden frei gehalten

An Nachwachwuchs mangelt es in Gündringen nicht. Derzeit besuchen 31 Kinder den örtlichen Kindergarten mit Ganztagesbetreuung. Damit stoße die Betreuungseinrichtung an ihre Grenzen. Deswegen hält es Carl auch für möglich, dass irgendwann in der Grundschule wieder Kinder unterrichtet werden. 2014 wurde die Schule, die auch Kinder aus Schietingen besuchten, stillgelegt. Im unteren Stockwerk des Gebäudes sind nun Vereinsräume, im Obergeschoss werden die Zimmer freigehalten. "Falls wir sie wieder brauchen", erklärt der Ortsvorsteher. Dies könnte der Fall sein, wenn die Klassenzimmer als Ausweichort bei Sanierungsarbeiten gebraucht werden. Aber Carl hält es auch für möglich, dass bei steigender Kinderzahl der reguläre Schulbetrieb wieder aufgenommen werde. Die Grundschüler aus Gündringen und Schietingen sind nun der Schule in Iselshausen zugeteilt.

Carl verbrachte sein ganzes Leben in Gündringen. Der Ort sei seither freilich gewachsen, viele Straßen wurden saniert und neu gemacht. Dennoch gab es in den vergangenen Jahren viele Schließungen: Für die Gaststätte Krone lasse sich einfach kein neuer Pächter finden, auch die Metzgerei daneben ist mittlerweile geschlossen. Eine Bäckerei gibt es noch, bei der man die wichtigsten Lebensmittel kaufen kann. Im "Mohren", der Bahnhofswirtschaft und in der Sportheimgaststätte könne man noch einkehren. Im früheren Waldhotel, etwas außerhalb des Orts, sind heute Flüchtlinge untergebracht. Die Schließung der Volksbank-Filiale war Glück im Unglück. Mit der Immobilie erhielt die Gündringer Feuerwehr ein neues Magazin.

Auch der Bahnhof ist schon lange, etwa 40 Jahre, wie Carl schätzt, stillgelegt. Doch fährt die Kulturbahn zwischen Tübingen, Horb und Pforzheim jede halbe Stunde direkt am Ort vorbei. Derzeit bemühen sich der Gündringer Ortschaftsrat gemeinsam mit den Schietingern um die Reaktivierung der Bahnhaltestelle. Schließlich seien der Bahnsteg und Parkplätze vorhanden. An sich müsse die Bahn nur halten. Carl ist optimistisch: "Die Chancen, dass die Bahnhaltestelle reaktiviert wird, stehen gut bis sehr gut." Schließlich hänge an der Haltestelle neben Schietingen und Gündringen auch die umliegenden Orte wie Haiterbach.

Mit Schietingen pflegt Gündringen mittlerweile eine Art Freundschaft – trennen die beiden Ortschilder nur wenige Meter. Vieles, wie die Halle oder einst die Schule oder künftig vielleicht die Bahnhaltestelle, wird geteilt. Das sei nicht immer so gewesen, erinnert sich Carl.

Sobald man in Gündringen ein wenig auf die Höhe geht, eröffnet sich ein toller Blick über das Dorf im Tal. Von der Remigiuskirche beispielsweise. Den besten Ausblick hätte man allerdings von der Ölbergkapelle, erzählt Carl. Aufgrund der Steigung verzichten wir auf einen Anstieg zu Gündringens Wahrzeichen.