Schon seit Monaten ist das ehemalige Multikulti am Nagolder Busbahnhof geschlossen. Foto: Fritsch

Verwaltung lehnt geplanten Standort Inselstraße ab. Hilft Stadt bei Suche nach Alternative?

Nagold - Die Inselstraße als neue Bleibe fürs "Multikulti" lehnt die Stadt zwar ab. Doch der OB äußert sich ausdrücklich löblich über das Szene-Lokal. Was bedeutet das konkret?

Seit Wochen tobt der Streit um den Umzug des Jugend-Treffs vom Busbahnhof Nagold in die Inselstraße. Massive Proteste von Anwohnern sowie eine leidenschaftliche Petition "pro Multikulti" gaben den Ton an. Jetzt hat die Stadt zwar entschieden, dass aus dem Umzug in die Inselstraße nichts wird. Als Grund werden befürchtete Lärmbelästigungen genannt. Doch ausdrücklich heißt es im Rathaus, der Musik-Club sei ein "wichtiger Bestandteil der Nagolder Gastrokultur".

"Ein beliebter Treffpunkt der jüngeren Generation"

Mehr noch. Oberbürgermeister Jürgen Großmann meint: "Dieses gastronomische Angebot sollte weiterhin ermöglicht werden, da es ein beliebter Treffpunkt gerade der jüngeren Generation ist." Und Pressesprecherin Tina Block meint weiter: "Aus diesem Grund begleitet die Stadtverwaltung den Betreiber auf seiner Suche nach einem geeigneten Standort in der Kernstadt."

Hilft die Stadt dem "Multikulti" nun bei der Suche nach einem neuen Zuhause?

Zur Begründung der Ablehnung der Inselstraße meint die Stadt, zwar handele es sich hierbei nicht um ein reines Wohngebiet, sondern um ein so genanntes "Mischgebiet". In einem Bebauungsplan, den die Stadt bereits vor Jahren aufgestellt habe, seien aber "Vergnügungsstätten ausdrücklich ausgeschlossen". Zuvor hatten zahlreiche Anwohner protestiert, den Jugend-Treff als "den lautesten Laden", das "lärmintensivste Lokal" der Stadt bezeichnet. Und so etwas in der Nähe neuer, schicker Wohnungen – das gehe gar nicht.

Doch es gibt auch andere Stimmen – ganz andere Stimmen. Sascha Federau, 34 Jahre alt, IT-Berater bei Porsche und nach eigenen Worten seit fünf Jahren Einwohner von Nagold, reichte eine Petition im Rathaus ein – eine Petition mit immerhin über 700 Unterschriften. "Für ein offenes und lebendiges Nagold", heißt es da. Ausdrücklich wird die Stadt gelobt, da sie aktiv und lebendig sei. Die aber "jetzt zu vergessen scheint, dass zu solch einer Stadt auch ein innerstädtisches Nachtleben gehört". Ein Lokal, "in dem man sich mit Freunden trifft, Spaß hat und – ja – auch mal feiert". Ohne ein solches Lokal sei Nagold für junge Leute nicht mehr attraktiv, drohe die Stadt den Anschluss zu verlieren.

Attraktivität der Stadt – das ist auch ein Schlüsselwort für den OB. "In einer pulsierenden Stadt, mit attraktiven Angeboten in Einzelhandel und Kultur, ist auch das Nachtleben ein wichtiger Faktor für eine hohe Erlebnisqualität", meint der OB denn in einem Schreiben an Federau als Antwort auf die Petition. Die Inselstraße als neue Club-Adresse komme aber wegen drohenden Lärms trotzdem nicht in Frage.

Dabei hatte Christos ("Chris") Chatziioannou, Geschäftsführer des "Multikulti", noch vor ein paar Wochen geradezu beschworen, es werde an einem neuen Standort Inselstraße keine Lärmbelästigung geben. "Es wird nicht laut werden, das garantiere ich Euch. Ich gebe mein Wort", appellierte er an die Adresse aufgebrachter Anwohner. Das neue "Multikulti" solle ganz anders werden als das alte, zwar auch mit zeitweiser Livemusik, aber ansonsten mehr Clubatmosphäre, mehr Bar- und Hintergrundmusik, mehr Lounge-Charakter. Nach 22 Uhr werde auch niemand mehr vor dem Lokal stehen. "Ich will hier nichts eröffnen und jeden Tag Ärger haben."

Federau verweist auf vorliegendes Gutachten

Für Federau haben daher die lobenden Worte des OB über das Nachtleben einen "sehr, sehr faden Beigeschmack". Überdies verweist er auf ein ihm vorliegendes Gutachten, wonach die Lärmbelästigung eines "Multikulti" in der Inselstraße durchaus erträglich und zulässig scheint – wenn entsprechende Vorkehrungen wie etwa schalldichte Fenster geschaffen würden.

17 lange Jahre war "Multikulti" am Busbahnhof zu Hause. Die Frage ist: Wo soll es jetzt hin, nachdem der Standort Inselstraße geplatzt ist? Federau ("Bin früher öfters ins Multikulti gegangen") schlägt die Bahnhofstraße vor. Da gebe es jetzt schon einige Lokale, etwa das "Almstadl", das "Apollo" und den "Zwickel". "Da würde das ›Multikulti‹ gut reinpassen", meint Federau. Die Bahnhofstraße könnte zur "Barstraße" Nagolds werden.