Bei der Übung der Nagolder Feuerwehren im Kernen kommen insgesamt 63 Mann und neun Fahrzeuge zum Einsatz.     Foto: Kunert Foto: Kunert

Großübung kurz vor Abriss des katholischen Gemeindezentrums deutlich realistischer als sonst.

Nagold - Samstag, 14 Uhr – Großalarm für die Feuerwehren der Stadt. Nur eine Übung, aber deutlich realistischer als sonst. Die Annahme: Das katholische Gemeindezentrum St. Michael im Stadtteil Kernen steht im Vollbrand, Menschen sind im dichten Rauch eingeschlossen.

Keine zehn Minuten, und die ersten Feuerwehrmänner sind am Einsatzort. "Eine einzigartige Leistung", wird später der scheidende Nagolder Stadtbrandmeister Paul Amand sagen. Denn Nagold hat ein "wirklich außerordentliches Glück", was seine Feuerwehren angeht: "Vom Gerätehaus zum Einsatz – da geht Blaulicht und Martinshorn. Das geht immer schnell." Aber nach der Alarmierung der freiwilligen Helfer überhaupt erst mal als Zivilist zum Gerätehaus zu kommen, das gehe in Nagold sehr, sehr viel schneller als irgendwo sonst.

Deutsches Rotes Kreuzes unterstützt die Übung mit sieben Personen

Entsprechend zufrieden verfolgt Amand gemeinsam mit seinem designierten Nachfolger als Stadtbrandmeister, Thomas Reiff, und Nagolds ersten Bürgermeister Hagen Breitling, wie das "ganz große Ensemble" der Nagolder Feuerwehren nach und nach am Ort des Geschehens ankommt: Insgesamt 63 Mann werden es am Ende sein mit zusammen neun Fahrzeugen, darunter der große Leiterwagen. Ergänzt werden die Einsatzkräfte der Feuerwehr von einem Fahrzeug des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Ortsverband Nagold-Wildberg, der mit insgesamt sieben Personen die Übung unterstützt.

Das "Nagolder Privileg" bei solchen Einsätzen, wie Paul Amand am Rande der Übung erläutert: "Unser Gerätehaus liegt mitten in der Stadt, von allen Seiten leicht und schnell zu erreichen." Dazu die vielen Arbeitsplätze, ebenfalls vergleichsweise innenstadtnahe. Das führe dazu, dass die Kameraden der Wehr hier nach einer Alarmierung sehr viel schneller als anderswo am Gerätehaus eintreffen, in ihre Ausrüstung kommen und letztlich zum Einsatzort kommen können.

Was Markus Fritsch, Pressesprecher des Kreisfeuerwehrverbands Calw und Mitglied der Nagolder Wehr, bestätigt. Er habe gerade erst bei entsprechenden Schulungen an der Landesfeuerwehrschule lernen dürfen, wie kompliziert es teilweise für andere Wehren im Land sei, ihre Einsatzkräfte zu einem Einsatzort zu schaffen. "Das geht tatsächlich nirgendwo schneller als hier", so auch sein Fazit.

Es ist also eine gut bestellte Nagolder Feuerwehr, die Noch-Stadtbrandmeister Paul Amand hier quasi mit einer ganz großen Abschiedsvorstellung an seinen Nachfolger Thomas Reiff übergeben kann. Aber noch hat er hier das Kommando, wenn auch die Einsatzleitung an diesem Nachmittag bei Nagolds Abteilungskommandant Philipp Katz liegt.

Katz hat auch das Szenario für die Großübung ausgearbeitet: Das Gemeindezentrum St. Michael, so die Annahme, war ganz normal in Betrieb, als das Feuer ausbrach. Viele Menschen konnten sich noch ins Freie retten, aber es werden verschiedene Personen vermisst, darunter der Hausmeister und auch eine gehbehinderte Person im Rollstuhl. Tatsächlich steht ja das katholische Gemeindezentrum derzeit leer, soll es doch ab nächster Woche der Abrissbirne geopfert werden. Um Platz zu machen für das künftige Nagolder Hospiz.

Der Rauch kommt aus der Nebelmaschine und ist weiß

Ideale und wirklich einzigartige Bedingungen also, um in einem solch großen Gebäude dieser Art einmal sehr viel realistischer als sonst bei einer Übung zu Werke zu gehen. Komplett großflächig verraucht sind etwa die Räume von St. Michael. "Keine 30 Zentimeter kann man drinnen sehen", erläutert Amand. Einziger Unterschied zum "echten" Einsatz: Der Rauch heute kommt aus der Nebelmaschine und ist weiß. "Normalerweise wäre er schwarz." Teilweise kriechend mit Atemschutzgerät nehmen insgesamt zehn PA-Trupps ("Pressluftatmer") die Suche nach Vermissten auf, wobei man vom unteren Teil des riesigen Gebäudes und von oben gleichzeitig den Angriff wagt.

Bereits nach wenigen Minuten kann die erste verletzte Person durch ein Fenster gerettet werden. Was sehr realistisch wirkt – so sehr, dass unter den längst trotz des dichten Schneefalls herbeigeströmten vielen Zaungästen des Einsatzes ein kleines Mädchen von seiner Mama beruhigt werden muss, dass der "Verletzten" nichts wirklich geschehen sei. Was heute auch "realistischer" ist also sonst bei einer solchen Übung: Auf den Wasserschläuchen, die in Windeseile ins gesamte Gebäude gebracht werden, ist echter Wasserdruck – was sie wirklichkeitsnah sehr schwer macht. Normal wird "trocken" geübt, um die meist eben noch genutzten Gebäude bei solchen Übungen nicht durch Wasserschäden zu gefährden.

Bilanz am Ende des Einsatz: Sechs der angenommenen Vermissten können aus dem Gebäude gerettet werden, eine Person kann nur noch "tot" geborgen werden. Wobei die Argusaugen von Paul Amand "nur Kleinigkeiten" ausmachen konnten, wo es bei diesem Einsatz nicht optimal lief.