Foto: Fritsch

Klimawandel, Kartellverfahren, Wildschweine, sinkende Holzpreise, höhere Kosten - Nagolder Forst hat Probleme.

Nagold - Durchgängig keine guten Nachrichten aus dem Nagolder Wald gab es für die Mitglieder des Verwaltungsausschuss des Gemeinderats, die den aktuellen Forstbericht in ihrer jüngsten Sitzung diskutierten. Und die Situation werde sich die nächste Zeit noch weiter zuspitzen.

Problem Nummer eins: Der Klimawandel. Johannes Fünfgeld, Bezirksleiter für den Nagolder Forst im Calwer Landratsamt, listete deutliche Veränderungen durch das immer wärmere Wetter in hiesigen Breiten auf. Anstieg von Fraßschäden, erhöhte Fruktifikation (Samenbildung) oder ein vermehrtes Eschen-Triebsterben seien wie auch die zunehmende Zahl von Trockenperioden Ausdruck der Klimaveränderungen. Insgesamt sei dadurch das Schadensniveau auch im Nagolder Forst derzeit sogar höher als zum Beispiel in der 1980er-Jahren – als das Wort vom Waldsterben die Runde machte.

Die Forstverwaltung reagiere auf die veränderte Klima-Situation im Waldbau mit dem Anpflanzen von mischbaumreichen und klimastabilen Beständen. Derzeit würde etwa im Nagolder Forst fast ausschließlich die eigentlich nicht heimische Douglasie gesetzt, die ursprünglich aus Nordamerika stammt, die aber besser mit den neuen Wetterbedingungen zurechtkomme.

Womit Johannes Fünfgeld beim zweiten Problem im Nagolder Forst angekommen war: Dem Verbiss durch Wildtiere, exemplarisch aufgearbeitet am Tannen-Verbiss. Von 20 Jagdrevieren im Nagolder Stadtwald seien nur fünf diesbezüglich in einem guten Zustand. Alle anderen seien mittel oder stark belastet, was bedeutet, das hier von den Jagdpächtern höhere Abschussquoten erfüllt werden müssten. Was man künftig im Rahmen des seit Anfang des Jahres geltenden neuen Jagdgesetzes mit sogenannten Zielvereinbarungen mit jedem einzelnen Jagdpächter realisieren will, indem nicht mehr konkrete Abschlusszahlen festgelegt werden, sondern der Jagderfolg nun an der ermittelten Verbiss-Situation im jeweiligen Revier gemessen werde.

"Paradigmenwechsel" in der Forstverwaltung

Drittes und künftig wohl größtes Problem – allerdings nicht nur im Nagolder Forst: Das Kartellverfahren gegen das Land Baden-Württemberg zum gemeinsamen Holzverkauf. Anfang Mai habe es vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf die mündliche Verhandlung gegeben, bei der deutlich geworden sei, dass das Gericht wohl in seinem für Herbst abgekündigten Urteil der Ansicht des Bundeskartellamtes folgen werde. Demnach sei dem Land und den Landkreisen zu untersagen, künftig die Holzwirtschaft zentralisiert für die Waldbesitzer zu übernehmen – weil der Forst zuerst ein Wirtschaftsbetrieb sei und damit dem Wettbewerbsrecht unterliege. Das Land hatte dagegen argumentiert, dass der Wald wesentlich mehr sei als ein Wirtschaftsbetrieb – zum Beispiel Erholungsraum und Landschaftsgestaltung – und damit eine hoheitliche Aufgabe darstelle. Das Land habe sich mit dieser Sichtweise aber nicht durchsetzen können. Entsprechend nannte Nagolds Oberbürgermeister Jürgen Großmann die aus dem bevorstehenden Urteil erwachsenden Folgen einen "Paradigmenwechsel" in der Forstverwaltung, der eine über 150-jährige Tradition im baden-württembergischen Wald beenden werde. Zwar sei Nagold mit seiner Forstorganisation nicht unmittelbar von dem erwarteten Urteil betroffen, da es noch eine eigene Forstverwaltung unterhalte, aber da auch hier bestimmte Planungs- und Verwaltungsleistungen vom Landkreis erbracht würden, sei mit künftigen zusätzlichen Kostenbelastungen für die Stadt Nagold zu rechnen.

Womit man in der Diskussion beim Geld angekommen war – Punkt vier der schlechten Nachrichten. Zwar konnte für das Jahr 2015 noch ein Erlös aus dem Holz leicht über Plan verzeichnet werden – 95 000 statt der geplanten 90 000 Euro. Aber im laufenden und kommenden Jahr werde es "zu einem Absturz um insgesamt 50 000 Euro" bei den Erlösen kommen, so Klaus Kälber von der Nagolder Forstverwaltung. Grund seien ein Rückgang bei den Preisen für Holz – allein bei der Tanne habe man einen Preisverfall von über zehn Prozent zu verkraften. Dem steht ein massiv gestiegener Kostenanteil gegenüber, etwa durch Tariferhöhungen, aber auch durch erhöhte Sicherheitsaufwendungen für Waldarbeiter.

Massiv steigende Zahl an Wildschweinen

Weiterer Kostentreiber – und damit das fünfte große Problem im Nagolder Forst: Die massiv steigende Zahl an Wildschweinen in den Nagolder Revieren, gerade in diesem Frühjahr. Hubert Halter von der Nagolder Forstverwaltung, hatte dafür drastische Zahlen und Bilder für die Mitglieder des Verwaltungsausschusses mitgebracht. Etwa das Video einer über 30 Tiere umfassenden Wildschwein-Rotte, die beim Überqueren einer Straße bei Hochdorf zufällig gefilmt wurde – und bei denen es sich allesamt "um ziemliche Brummer" gehandelt habe. Nachvollziehbar, dass solche Tiermengen ganze Felder zerstören können – was auch im Nagolder Revier zunehmend passiere. Und das, obwohl in diesem Jahr bereits mehr Wildschweine in Nagold geschossen worden seien – nämlich 79 – als in den vergangenen beiden Jahren zusammen.