Foto: Fritsch

Stadt plant mit Mehreinnahmen von 18.000 Euro. Rege Diskussion im Ausschuss. Mit Kommentar

Nagold - Doch etwas länger als vom Oberbürgermeister wohl erwartet dauerte die Diskussion im Kultur-, Umwelt- und Sozialausschuss (Kusa) des Nagolder Gemeinderats zur Anhebung der Gebühren für die städtische Musikschule. Aber der Beschluss war dann doch wieder deutlich in seinem Sinne. Den Reigen der Widerrede eröffnete Bernd Gorenflo (Grüne), der sich intensiv die Haushalts-Zahlen der Nagolder Musikschule angesehen hatte. Seine Feststellung: Die Ertragssituation der städtischen Bildungseinrichtung habe in letzter Zeit "spürbar nachgelassen", wofür Gorenflo rückläufige Schülerzahlen als Ursache ausmachte.

Mit Kampagne mehr Musikschüler anwerben

Sein Schluss daraus: Man sollte lieber eine (Werbe-)Kampagne fahren, um wieder mehr Musikschüler zu generieren und die einzelnen angebotenen Fächer besser auszulasten. Auf diese Weise würde sich von alleine die Ertragskraft der Musikschule verbessern und man könnte auf eine Erhöhung der Gebühren, die nach Berechnungen der Verwaltung gerade einmal jährliche Mehreinnahmen von etwa 18 000 Euro bringen würde, verzichten. Auf diese Summe zu verzichten sei, so Gorenflo, für den Haushalt der Stadt Nagold aktuell gut zu verkraften. Zudem sei diese Summe, deren vermutlich negative Wirkung und das Signal nicht wert, die eine solche Gebührenerhöhung nach außen senden würde.

Höhere Gebühren könnten die Eltern abschrecken

Dieser Sichtweise von Ratskollege Gorenflo schloss sich Monika Wehrstein (CDU) an, die ebenfalls einen Verzicht auf die 18 000 Euro Mehreinnahmen angesichts der prallgefüllten Stadtkasse für vertretbar hielt. Ihre Sorge: Höhere Gebühren und damit Kosten könnten mehr Eltern davon abhalten, ihre Kinder zur Ausbildung in die Musikschule zu schicken. Und die Schülerzahlen würden damit noch weiter zurückgehen. Was schließlich Oberbürgermeister Jürgen Großmann veranlasste, in die Diskussion einzugreifen, "bevor sie richtig aus dem Ruder läuft".

Sein Hinweis: "Dies ist keine klassische Gebührenanpassung", sondern eher eine "Kostenanpassung". Zuvor hatte bereits Stadtmusikdirektor Florian Hummel als Leiter der Musikschule in einem außerturnusmäßigen Zwischenbericht seiner Arbeit erläutert, dass man nur beabsichtige, die Gebühren für den nicht kostendeckend zu betreibenden Unterricht in den Hauptfächern anzuheben, die einen hohen Personaleinsatz erforderten. Beim Elementarunterricht bräuchte man keine Gebührenanpassung, da man hier bereits kostendeckend arbeite. Mit der jetzt angestrebten Gebührenerhöhung für die Hauptfächer "um moderate fünf bis sechs Prozent" könne man den Anteil, den die Eltern an den Personalkosten für den Unterricht aufbrächten, auf 38 Prozent steigern – was andererseits verdeutliche, dass der Zuschussbedarf trotzdem noch groß sein würde.

Außerdem, so OB Großmann ergänzend, würde ein Verzicht auf die Gebührenerhöhung jetzt bedeuten, dass die nächste dafür "ganz gruselig" ausfallen würde. Was Gemeinderat Gorenflo als Aussage so nicht akzeptieren mochte. "Da gibt es keinen Automatismus, dass eine nächste Gebührenanpassung um so höher ausfallen muss", nur weil man jetzt auf eine Erhöhung verzichten würde. "Es hängt immer vom Entscheid des Gemeinderats ab, was er für den Betrieb der Musikschule an Geld zuschießen" wolle. Insofern sei es eine rein "politische Entscheidung", ob man Gebühren überhaupt erhöhe oder nicht.

Kostendeckung und Zuschüsse liegen weit auseinander

Dem musste der OB zustimmen, allerdings nicht ohne den Hinweis, dass "die Schere zwischen Kostendeckung und Zuschüssen" immer weiter auseinandergehe und es "nach Adam Riese" eine "politisch eben sehr unkluge Entscheidung" sei, Gebühren eben nicht "in kleinen Dosen" zu erhöhen, was den Eltern zumutbar und angemessen sei. Zudem solle man nicht riskieren, dass man aus Kostengründen später möglicherweise bei den Familien-Vergünstigen, die man kinderreichen Familien als Rabatte gewähre, streichen müsse. Wobei Stadtmusikdirektor Hummel dem OB beipflichtete, dass bei der letzten Gebührenanpassung der Musikschule im Jahr 2011, als die Haushaltslage der Stadt insgesamt noch sehr viel angespannter gewesen sei und man eben diese Familien-Rabatte um damals fünf Prozent kürzen musste, dies "den Familien sehr wehgetan" habe. Außerdem, so Hummel, sei die Qualität der Musikschule diese jetzt geplante Gebührenanpassung "auf jeden Fall wert".

Als sich aber immer noch Widerrede im Kusa regen wollte, rief OB Großmann kurzerhand zur Abstimmung auf – die dann doch im Sinne der Verwaltung lief: sechs Ja-Stimmen, eine Gegenstimme und eine Enthaltung gab es letztlich für die Empfehlung des Kusa an den Gemeinderat, die Gebührenerhöhung der Musikschule in Form einer notwendigen Satzungsänderung zu verabschieden.

Der Gemeinderat wird nun auf seiner nächsten Sitzung am 21. November diesen Tagesordnungspunkt final entscheiden – wozu OB Großmann angesichts der Diskussionen im Kusa vorsichtshalber auch noch mal spontan Stadtmusikdirektor Hummel einlud, wohl um für erwarteten weiteren Disput gut gerüstet zu sein.

Kommentar

Von Axel H. Kunert

18 000 Euro Mehreinnahmen pro Jahr für die Musikschule? Nach sechs Jahren eine "moderate Erhöhung" der Elternbeiträge in Höhe von fünf bis sechs Prozent? Klingt vertretbar und politisch angemessen. Ist es aber nicht. Die Stadt Nagold sitzt – bei aktuell immer neuen Rekord-Steuereinnahmen – auf einem Polster liquider Haushaltsmittel von rund 15 Millionen Euro. Das meint: Barvermögen! Finanz-Bürgermeister Hagen Breitling sprach im September in einem Hintergrundgespräch von einem "üppigen Speckgürtel", den sich die Stadt die letzten Jahre angefuttert habe. In einer solchen Haushaltlage prophylaktisch Gebühren zu erhöhen – und zwar ausgerechnet für eine Bildungseinrichtung, womit es Eltern und Familien trifft – ist weder angemessen, noch sozial. Zu einer Stadt, die sich Kinderfreundlichkeit auf die Fahnen schreibt, passt das jedenfalls nicht.