Gruppenbild mit Mike Tyson. Foto: Privat

Boxlegende sagt Besuch im Fitness-Studio von Yasin Oerenc in letzter Sekunde ab. Treffen in Stuttgart.

Nagold/Stuttgart - Anfangs hielt man es für einen Scherz: Mike "Iron Mike" Tyson soll nach Nagold kommen! Tag und Uhrzeit stehen fest. Allein – der einst jüngste Schwergewichts-Boxweltmeister aller Zeiten gilt als extrem wankelmütig. Ob er denn auch wirklich kommen würde?

Solche Entscheidungen trifft der mittlerweile 51-jährige Bad-Boy der Boxwelt berüchtigt spontan. Tyson gilt als komplett unberechenbar; was aber nur bedingt stimmt. Tatsächlich ist Mike Tyson, der Mann mit dem Gesichts-Tattoo aus dem Hollywood-Blockbuster "Hangover", aktuell in Deutschland unterwegs. So unglaubwürdig war die Meldung, er könnte tatsächlich nach Nagold kommen, also mit einem Mal gar nicht mehr.

Der reale Hintergrund: der Nagolder Fitness-Unternehmer Yasin Oerenc hatte sich mit Partnern um das Hauptsponsoring für Tyson bei dessen aktueller "Champions-Tour" durch deutsche und europäische Metropolen beworben. Bestandteil des Sponsoring-Pakets: ein halb privater, halb offizieller Besuch des ungebrochenen Weltstars der Boxszene tatsächlich in Nagold auf dem Wolfsberg, wo Oerenc sein "Fitness for You"-Studio hat. "Iron Mike" für eine Schar handverlesener VIPs quasi zum Anfassen. Der ganz große Las Vegas-Glamour – Tyson hatte in Vegas einst einen 100-Millionen-Dollar-Rekordvertrag für nur sechs Kämpfe in der Spieler-Metropole unterzeichnet – für ein paar Stunden hier zu Gast im Nordschwarzwald.

Aber so sollte es (leider) dann doch nicht kommen. Kurz nach der verabredeten Ankunftszeit des Stars der Anruf von Oerenc: "Es klappt leider doch nicht." Warum: vielleicht der Gesundheitszustand der einst so bösen Box-Legende, der 1997 eben in Las Vegas in einem Titelkampf WBA-Weltmeister Evander Holyfield in der dritten Runde eines legendären WM-Kampfs ein Teil vom Ohr abbiss und damit einen Abbruch der Begegnung provozierte. Tyson verlor damals Titel, Box-Lizenz und seinen Mega-Vertrag. Ein Tiefpunkt seiner Karriere, von dem er sich nie mehr wirklich erholen sollte.

Die Box-Legende erzählt den Gästen der "Champions-Tour" aus ihrem bewegten Leben

Tyson ist auch in Deutschland, um sich hier von Spezialisten medizinisch behandeln zu lassen. In der "Champions-Tour" allerdings erzählt er zahlenden Gästen von seinem bewegten Leben: Wie der schmächtige Schuljunge und Taubenzüchter von einst sich aus dem New Yorker Stadtteil Brooklyn in Rekordzeit an die Spitze der damaligen drei Box-Weltverbände geboxt hatte. Die Höhen, die ihn auf eine Schwelle mit Größen wie Muhammad Ali und Joe Louis brachten. Und dann der Absturz, die Gefängnisaufenthalte wegen Vergewaltigung und Tätlichkeit, der tragische Tod seiner vierjährigen Tochter, die beim Spielen vom Kabel eines Laufbandes stranguliert wurde. Obwohl Tyson in seinem Leben bis dahin 300 Millionen Doller an Börsen für seine Kämpfe kassiert hatte, erklärte er 2003 seinen Bankrott.

Aber Iron Mike hat auch in seinen schlechteren Tagen als Boxer immer echte Nehmer-Qualitäten besessen. Kämpft sich immer wieder zurück an die Oberfläche. Sein Ruhm ist ungebrochen, eine der ganz großen, legendären Diven der Sportwelt, wie es heute nur noch ganz, ganz wenige gibt: rau, authentisch, auch gebrochen, aber sich selbst immer treu geblieben. Und in seinen besten Tagen eben ein Boxer für die Ewigkeit, ein Künstler, ein Meister im Boxring, den eigentlich nie ein Gegner wirklich niederrang, sondern stets nur das Leben.

Aber – wenn "der Prophet nicht zum Berg kommt", muss der Berg halt zum Propheten gehen: weshalb sich schließlich Yasin Oerenc gemeinsam mit Ehefrau Barbara auf den Weg machten, den "Champ" eben bei einem seiner Gala-Auftritte zu treffen. Am vergangenem Samstag war es soweit, am Rande der Gesprächs-Reihe mit Mike Tyson unter dem Titel "Die wahre Geschichte" im Stuttgarter SI-Centrum. Wo Tyson als kleine Entschädigung für seinen geplatzten Besuch in Nagold dem Paar ein handsigniertes Portrait von sich überreichte – das nun ganz sicher im "Fitness for You"-Studio auf dem Wolfsberg einen Ehrenplatz bekommen wird.