Das jüngste Sommerkonzert des Nagolder Kammerorchesters im Burghof der Hohennagold brach möglicherweise alle Rekorde der Popularität.   Fotos: Fritsch Foto: Schwarzwälder Bote

Freiluft-Erlebnis: Das Nagolder Kammerorchester spielt ein sommerlich-schönes Burgkonzert

Die Sommerkonzerte des Nagolder Kammerorchesters sind ein Phänomen: Zum einem bieten sie dem Publikum einen Top-Musikgenuss, zum anderen tragen sie zur Konsolidierung der Nagolder Gesellschaft bei, da die jährliche Veranstaltung die ganze Stadt aufwühlt und in eine Art Ausnahmezustand versetzt.

Nagold. Besonders beliebt sind die Abendkonzerte auf dem Schlossberg, und wenn sich das Wetter so gnädig wie am Sonntag zeigt, ziehen Menschenscharen zu Fuß oder mit Pendelbussen hoch zur Freilichtbühne in der Ruine Hohennagold.

Das jüngste Konzert brach möglicherweise alle bisherigen Rekorde der Popularität. Schon eine halbe Stunde vor Konzertbeginn besetzten die Besucher, darunter die Stadtoberen, OHG-Leitung und Kirchenvertreter sämtliche Sitzreihen, die Nachzügler okkupierten Mauerkronen und Treppenstufen.

Fast zweistündiger Musikgenuss

Seine Abendserenade eröffnete das Kammerorchester mit dem "Huldigungsmarsch" von Edvard Grieg und erzeugte ein feines, durchsichtiges Klangbild. Die schwierige Freilicht-Akustik verringerte zwar die Intensität der Dynamik, verstärkte aber die magische Atmosphäre der geschichtsträchtigen Umgebung und bescherte den Besuchern einen fast zweistündigen Musikgenuss.

Es wundert nicht, dass Oberbürgermeister Jürgen Großmann die jährlichen Konzerte als "musikalische Höhepunkte" des Kulturlebens bezeichnete, die Kooperation zwischen der Städtischen Musikschule und dem OHG lobte und das finanzielle Engagement der Nagolder Unternehmer hervorhob.

Zuschauer blicken verträumt hin und her

Im weiteren Konzertverlauf begeisterten die Orchestermusiker mit Ausschnitten aus der symphonischen Dichtung "Moldau" von Bedrich Smetana und einer Symphonie von Joseph Haydn sowie mit einigen populären Unterhaltungsstücken, die unter Führung von Florian Hummel suggestive Ausdruckskraft und Stimmungsvielfalt verströmten.

Als Christoph Kieser und Agnes Märker ihrer reifen Tonkunst in der Romanze aus dem Konzert für Flöte und Harfe freien Lauf ließen, herrschte absolute Stille in den Publikumsreihen, und die verträumten Zuschauerblicke pendelten zwischen der Bühne und dem blauen Himmel. Auch die junge Sopranistin Emilie Caupin, die bald ihr Gesangsstudium in Estland fortsetzen wird, sorgte für Aufsehen und einen donnernden Applaus. Ihre ausdruckstarke Stimme wies in der Carmen-Arie "Habanera" (George Bizet) erneut individuelle und viel versprechende Züge auf.

Zu den Glanzlichtern des Programms gehörte zweifelsfrei die Uraufführung der neuesten, dem Kammerorchester gewidmeten Komposition von Rafael Hummel "We´re Making Music" mit dem in Nagold allbekannten Gesangstrio Aileen und Mira Hofmann und Alissia Przybysz in der Hauptrolle. Sowohl die preisgekrönte vokale Kunst der jungen Damen als auch den sanft bis poppigen Songcharakter quittierte das Publikum mit frenetischem Beifall und Begeisterungsrufen.

Anlässlich der Verabschiedung der diesjährigen Abgänger bedankten sich der Stadtmusikdirektor Hummel und der OHG-Direktor Walter Kinkelin bei Oberbürgermeister Großmann für seinen Einsatz auf dem Kulturgebiet, dann setzte das Kammerorchester sein Programm fort.

Das "Allegro" von Leroy Anderson mit dem Schreibmaschine-Solo sorgte für allgemeine Heiterkeit, da Johannes Breitling seinen Auftritt mit komischen Akzenten versah und damit den Grund für das freudige Abba-Medley "Mamma mia" bereitete. Im finalen "The Lord of the Dance" von Ronan Hardiman brodelte es im Orchester von ausufernder Spielfreude, die in einem stehenden Fiedler-Quartett ihren Höhepunkt fand.

Die Applauswelle am Konzertschluss war riesig und die Bewunderung für die Superleistung von Florian Hummel und seiner Mehrgenerationen-Mannschaft grenzenlos. Im Stehen verlangten die Zuhörer nach Zugaben, sie bekamen den Radetzky-Marsch zu hören und ein Extrabonus obendrauf: Mit der Wiederholung von "We´re Making Music" besiegelte das Mädchenterzett Ambitussen den ofenfrischen Erfolg von Hummel Junior.