Das Mandelring-Quartett trat in Nagold auf. Foto: Kosowska Foto: Schwarzwälder-Bote

Kultur: Das weltberühmte Mandelring-Quartett im Kubus

Nagold. Mit großer Spannung erwartete das Publikum den Besuch des berühmten Mandelring-Quartetts mit Sebastian Schmidt (1. Violine), Nanette Schmidt (2. Violine), Andreas Willwohl (Viola) und Bernhard Schmidt (Violoncello) im Kubus. Die Künstler aus Neustadt an der Weinstraße gehören zu den Weltbesten ihres Genres, gastieren in wichtigsten Kulturmetropolen rund um den Globus und feiern Erfolge mit Konzerten, Meisterkursen, Musikprojekten und unzähligen Aufnahmen.

Ihr Auftritt im Rahmen der Nagolder Konzertreihe verdankte das Publikum dem persönlichen Einsatz von Dorothee Must vom hiesigen Kulturamt. Das Großereignis schlug Wellen der Begeisterung im vollständig besetzten Kammermusiksaal.

Klassische Spieleleganz, ein enorme dynamische Breite, Reichtum der Emotionen, die Fülle des Klangspektrums und die Brillanz des Phrasenaufbaus zeichneten die Interpretation des allerersten Streichquartetts von Ludwig van Beethoven aus dem Jahr 1799 aus. In pastoraler Tonart F-Dur breitete das virtuose Gespann eine perlende Klangpräzision, offenbarte den Zuhörern die Kraft der dynamischen Gegensätze und ihre Ausdrucksintensität. Jedes kleinste Steinchen des Beethovenschen Mosaiks bekam einen brillanten Schliff und edlen Glanz, im Scherzo funkte die kokette Anmut, das finale Allegro tauchte ein in Fluten der Virtuosität.

Als "Flickwerk eines Wahnsinnigen" bezeichneten die Zeitgenossen Beethovens seine drei Rasumowsky-Streichquartette aus dem Jahre 1806; die Kritiker fanden die neuartige Musiksprache extravagant bis "belustigend und abstoßend". Mit breit ausgelegten Crescendi, kurzen aber intensiven Seufzern, mit meisterhaft abgebremsten Artikulations-Akzenten, überwältigend schöner Melodieführung und unterschwelliger Dramatik stellte das Mandelring-Quartett das erste Werk aus diesem Zyklus op. 59 in F-Dur in das eigene Interpretationslicht und verwandelte die geniale Rarität in eine künstlerische Hochleistung.

Ein Abend, der die Gemüter aufwühlt

Der ungarische Komponist Béla Bartók war einer der Avantgardisten der Atonalität. Sein Streichquartett Nr.1 aus den Jahren 1908/1909 dürfte den Befürwortern der traditionellen Harmonien den Wind aus den Segeln genommen haben, da in der Auffassung der Mandelring-Künstler die Bartóksche, folkloristisch gefärbte Musik eher von innerer Hochspannung, musikalischem Instinkt und knackiger Expressivität als von dissonanten "Missklängen" lebte. Im kaum hörbaren Piano zeichneten sich schneeweiße Konturen der Melodik ab, ihre Klangschönheit raubte den Atem. Hie und da sprühte die kindliche, verspielte Freude, die Instrumente neckten sich und schwatzten wie Landfrauen in der Heimat von Bartók, Transsylvanien.

Die interpretatorische Suggestivität des Ensembles eröffnete den Zuhörern die Tür zu einer besonderen Gefühlswelt. Aus Sensibilität und meisterlichen Handwerk zu einem einheitlichen Klangkörper mit gemeinsamen Nervensträngen und Blutbahnen vereint, schenkte das Quartett dem Publikum einen Abend, der die Gemüter aufwühlte, die Pulsfrequenz erhöhte und zu Diskussionen animierte – auch nach minutenlangem Applaus und zwei Zugaben.

Übrigens: Mandelring heißt die Straße in Neustadt an der Weinstraße, wo die Geschwister Nanette, Sebastian und Bernhard Schmidt aufgewachsen und beheimatet sind.