Vadim Gluzman beendete die diesjährige Sommermusik im Oberen Nagoldtal. Foto: Martin Bernklau Foto: Schwarzwälder Bote

Konzert: Mit den Auftritten von Vadim Gluzman und seinen Meisterschülern endete die Sommermusik im Oberen Nagoldtal furios

Nagold. Der Meister selbst eröffnete das Konzert seiner Meisterschüler im Kubus. Die Auftritte von Vadim Gluzman und seinen Eleven waren wieder das sensationelle Finale der "Sommermusik im Oberen Nagoldtal". Ein Hochamt der Geigenkunst mit einer durchgängig geradezu unfassbaren Klasse.

Sie spielen alle phänomenal, technisch und musikalisch. Sie spielen ihre Geigen alle ganz anders und alle ganz eigen. Und sie spielen doch alle auch ein bisschen so wie ihr Lehrmeister Vadim Gluzman, der 45-jährige Weltbürger und Virtuose sowjetisch-jüdischer Herkunft, der als amerikanische Dauerleihgabe die kostbare Stradivari "Leopold Auer" spielen darf.

Stücke aus dem großen Erbe der russischen und jüdischen Schule

Gluzman repräsentiert aus dem großen Erbe der russischen und der jüdischen Schule eher die etwas freiere musikantisch-intensive Richtung – sagen wir beispielhaft: Yehudi Menuhin – als die einer atemraubend exakten und präzisen technischen Perfektion – nehmen wir da einen Jascha Heifetz –, bei der etwa der Bogen nie vom lotrechten Winkel zur Saite weicht und zwischen Frosch und Spitze eine exakt dosierte Bewegung den gleichmäßigsten und makellosesten Ton hervorbringt, der denkbar ist. Bei der Intonation, einstens auch von Weltstars (nachhörbar) großzügiger gehandhabt, gibt es heutzutage in der etablierten und der kommenden Spitze keine Kompromisse mehr. Absolut sauber hat es zu sein, ob zirzensische Akrobatik oder heiliger Bach.

Bach gab es nicht, allenfalls Mozart und Beethoven, Tschaikowsky und Schostakowitsch. Dieses Konzert neigte sich insgesamt eher der übermütig verspielten Kunst der komponierenden "Teufelsgeiger" zu, den Virtuosen von Niccolò Paganini und Henri Wieniawski bis Eugene Ysaÿe, Fritz Kreisler oder Nathan Milstein. Vadim Gluzman selbst gab etwas Mittleres vor, selten zu hören: die schillernd spätromantische Sonate von Richard Strauss, der nicht nur für verfeinerte Seelentief etwas übrig hatte, sondern auch für technische Kabinettstückchen. An seiner Seite am Steinway wuchs Evgueny Sinayskiy fast zum kongenialen zweiten Solisten herauf, der seine Brillanz danach als Begleiter der Eleven schon manchmal merklich zügeln musste und nobel hintanzustellen wusste.

Staunende Bewunderung und Verblüffung

Unter den jungen Solisten jemanden herauszuheben, ist immer eine Frage des persönlichen Geschmacks und der Entscheidung, ob das Geigerische oder der hohe musikalische Ernst die Hörer mehr beeindrucken. Beim Zirzensischen sind es sowieso eher die Geigenpilger, die Oktavparallelen oder fliegende Wechsel ins Flageolett als Höchstschwierigkeiten zu würdigen wissen, wo sie doch für den Musikgenuss an sich nicht besonders schön und betörend klingen.

Wenn Anastasiia Farrakhova mit Milsteins Paganini-Steigerung in technischer Perfektion, mit Klang, musikalischer Intensität und Ausstrahlung vielleicht die persönliche Favoritin gewesen sein mag, so müssen alle Anderen und ihre Stücke ohne Abstriche mit gleicher Hochachtung genannt sein: Heon Woo Kim mit Mozart, Solveig Sulamith Wikling (Beethoven), Thomas Cooper mit Wieniawski, Annie Valentina Presthus und Hannah Kandinskiy mit Kreisler-Juwelen, Robert Polle (Mozart), Christa Maria Stangarr ( Ysaÿe), Lalita Svele mit Prokofjew, Katarzyna Seremak (Schostakowitsch) und Laura Katherina Handler mit Tschaikowsky sowie Felicitas Schiffner mit der "Letzten Rose" von Heinrich Wilhelm Ernst.

Der lang anhaltende Beifall für die Musiker war Ausdruck staunender Bewunderung und hingerissener Verblüffung.