Fotos: Kauffmann Foto: Schwarzwälder-Bote

        Ein Flug in 1000 Metern Höhe bringt viele unvergessliche Momente, eine atemberaubende Aussicht –­ und ist ein kleines Abenteuer

Nichts für Ängstliche: 1000 Meter hoch, die kleine Propellermaschine steht senkrecht und die Schnauze sinkt langsam zum Erdboden, der unaufhaltsam näher rückt. Wir fallen schnell. Großartig!

Nagold. "Es ist ein unvergleichliches Gefühl, in der Luft zu sein", "berauschend" und "unbeschreiblich". Wer mir das erzählt, weiß es, denn er fliegt seit 19 Jahren. Horst Ehni heißt er, seines Zeichens auch Fluglehrer, ein Experte. Er erklärt, was den guten Piloten ausmacht: "Er sollte nicht hypernervös sein, sich konzentrieren können, und er braucht das Feeling für das Gerät." Mit ihm hebe ich ab.

Mit 80 Stundenkilometer starten wir vom Flugplatz bei Gündringen, fliegen über Haiterbach hinweg und der B28 entlang nach Nagold. "Was machen Sie eigentlich, wenn Sie jemandem den Hintern richtig auf Grundeis laufen lassen wollen?", frage ich 1000 Meter über Grund. "Wenn ich jemand ärgern will, mache ich immer das": Er stellt das Flugzeug nahezu senkrecht in die Luft, sodass man einen unverstellten Blick gen Himmel hat. Danach sinkt die Schnauze langsam zum Erdboden.

Ich spüre, wie es mich aus dem Sitz zieht. Die Gurte halten: "Wir fallen mit zehn Metern pro Sekunde. Das ist ordentlich", sagt Ehni, während der Boden immer größer wird. Und ich meine: "Mich ärgert das nicht, ich find’s genial." Ehni lacht und bringt die Maschine wieder auf Kurs und Höhe. Mich drückt es dabei wiederum in den Sitz – so fühlen sich also überschaubare zwei bis drei G an.

So hoch über Nagold wirkt die Marktstraße winzig

Wir fliegen übrigens nicht umsonst etwa einen Kilometer hoch: Anders als ein Ultraleichtflugzeug hat unser 750-Kilo-Flieger keinen Fallschirm. Wenn wir fallen, hätten wir genug Zeit, eine Außenlandung vorzubereiten. Ehni möchte es demonstrieren, stellt den Motor auf Leerlauf: "Außenlandungen üben wir regelmäßig", hebt er an, während wir immer mehr Höhe verlieren und spricht weiter: "Wir sinken dann bis auf ein Meter über Grund".

Übrigens erweisen sich die 1000 Meter über Grund auch ideal, um mich am Steuer zu beweisen: Ich versuche mich an einer Rechtskurve, drücke das rechte Pedal und den Hebel nach rechts. Doch wir fliegen bergab, direkt auf Nagold zu. Ehni korrigiert. "Das machen vor allem Anfänger nicht richtig. Sie müssen den Hebel nach rechts drücken, nicht von sich weg", empfiehlt er.

Ehni zeigt mir noch ein Manöver: das Wellenfliegen. Hebel nach vorne drücken, wir sinken, Hebel zu mir ziehen, wir steigen. Das ist wie ein Schiff, das im Sturm über die Wellen fährt – nur in der Luft und tausendfach besser. Ängstlich sollte man lieber nicht sein, zumal man nicht einfach anhalten und mal eben aussteigen kann.

Nicht nur diese kontrollierten Manöver machen das Fliegen zum Erlebnis: Auch die Aussicht macht’s – das Auge fliegt eben doch mit. So hoch über Nagold wirkt die Marktstraße winzig, man sieht, wie sich kleine Häuschen der Waldach entlang schlängeln und die monströsen, tonnenschweren Maschinen im Mötzinger Schotterwerk, die ich noch im Dezember vor Ort fotografiert habe, sehen aus wie Spielzeug-Bagger.

Den Truppenübungsplatz bei Meßstetten umfliegen wir lieber

Wir lassen das Schotterwerk hinter uns und starten zum Rundflug über das Schwabo-Verbreitungsgebiet. Schon nach wenigen Minuten erreichen wir die Burg Hohenzollern. Auf dem Navi kommt das Truppenübungsgelände in Meßstetten in Sicht. Wir umfliegen es: "Da können wir nicht reinfliegen. Da wird scharf geschossen", sagt Ehni.

Während der Zollernalbkreis hinter uns verschwindet, rücken zwischen Villingen-Schwenningen und Rottweil die Alpen immer näher. "Den Säntis würde man am Turm erkennen", erklärt der erfahrene Ehni, doch im Moment ist es zu diesig. Rechts sehen wir aber den Thyssen-Turm in Rottweil vorbeiziehen, auf der linken Seite glänzt in der Ferne das Wasser vom Bodensee.

Über Donaueschingen: "Auf zwölf Uhr ist der Kandel", zeigt Ehni. "Der bedeckte Hügel dort ist der Feldberg." Wir fliegen in Richtung Vogesen, die sich am Horizont erahnen lassen. Über Schiltach und Schramberg geht’s ins Kinzigtal an den äußersten Rand des Verbreitungsgebiets. "Der Brandenkopf ist ein wichtiger Orientierungspunkt im Südschwarzwald", erzählt Ehni. Wir wenden und fliegen über den Kniebis und Freudenstadt nach Norden. Ein Blick aus der Luft verrät erst, wie winterlich, dünn besiedelt und dicht bewaldet dieses Gebiet ist. Immer wieder blitzen schneebedeckte weiße Flächen aus dem Wald hervor. "Da unten ist das Wetter wie in Nagold Anfang Januar", wende ich mich zu Ehni.

Zwischen Gündringen und Nagold kommen wir wieder auf dem Boden an. Wir landen mit Rückenwind – und hätten genauso gut durchstarten können.

 Der Flugsportverein Nagold (FSV) hat rund 60 Mitglieder. In seinem Besitz befinden sich fünf Segelflieger, ein Motorsegler und eine Motormaschine. Der Verein bietet die Pilotenausbildung für Segelflugzeuge und Motorsegler an (SPL- und LAPL-S-Lizenz).

 Die Ausbildung dauert etwa zwei Jahre und ist ab rund 1000 Euro und ab 14 Jahren möglich (Lizenzerwerb ab 16). Interessierte sind immer sonntags (bestenfalls mit Voranmeldung) zu einem Schnupperflug zum Selbstkostenpreis willkommen.

 Weitere Informationen unter www.fsvnagold.de und telefonisch unter 0175/ 2 61 54 84 bei Andreas Essig.