So sah’s mal aus (von links): Roland Bühlmaier, Wilhelm Harr und Gerhard Reule präsentieren das Modell vom Altensteigerle-Haltepunkt "Nagold-Stadt". Foto: Cools Foto: Schwarzwälder-Bote

Modellbau: Stadtbahnhöfle Nagold als Miniaturdenkmal an Verein für Heimatgeschichte Nagold übergeben

Von Jasmin Cools

Für viele Bewohner des Oberen Nagoldtals war es das "Tor zur Welt", für Gerhard Reule und Wilhelm Harr ein Stück Kindheit – das "Altensteigerle". Harr hat nun den Haltepunkt Nagold-Stadt am Kronenbuckel im Maßstab 1:87 nachgebaut, um das Andenken zu bewahren.

Nagold. Quer zum Kronenbuckel verliefen die Gleise der Schmalspurbahn. Ein gelbes Haus mit rotem vorstehenden Dach bot den wartenden Reisegästen Schutz, die auf das Läuten und Pfeifen des "Altensteigerles" horchten. Wem es zu kalt war, der wärmte sich im beheizten Warteraum des Gebäudes am Ofen oder in der Gaststube der "Krone". Während manche Gäste ungeduldig auf die Ankunft des Zuges warteten, benutzten andere noch schnell das Toilettenhäuschen – eine typische Szene wie sie sich zur Zeit des Nagolder Stadtbahnhöfles zutrug.

Dass man sich auch heute noch in die Situation hineinversetzen kann, ist dem ehemaligen Nagolder Wilhelm Harr zu verdanken. Er hat die Haltestation originalgetreu im Maßstab 1:87, Nenngröße H0, nachgebaut, ursprünglich für seine eigene Modelleisenbahn. Der Sohn des Schwarzwälder Dampfseifenfabrikanten aus der Calwer Straße hat in seiner Kindheit direkt unter dem Güterbahnhof gewohnt. "Wir hatten unser Wohnhaus direkt unter dem Bahndamm. Da habe ich viel mitgekriegt", schwelgt er in Erinnerungen. Seit 1973 wohnt er in Albstadt-Ebingen, doch das Bahnhöfle hat er nie vergessen und es deshalb neu entstehen lassen.

Direkt hinter dem charakteristischen gelben Bahnhofsgebäude, der Oberen Eisenbahnstraße, wohnte einst Gerhard Reule bei seinen Großeltern. Er hat als Kind an den meist unbewachten und unbeobachteten Bahngleisen gespielt oder vom Fenster aus beobachtet, wie die Züge einfuhren. "Ich wollte als kleiner Bua immer einen Zug. Man sagte mir: ›Wenn der böse Krieg vorbei ist, dann kriegst du einen‹", erinnert er sich. Als echter Fan weiß er vieles über die Schmalspurbahn. "Genau hier gingen die Schienen entlang", deutet er auf die Stelle des Gartengrundstücks in der Kronenstraße, wo er einst gewohnt hat.

Für die Altensteiger das "Tor zur Welt" und für andere ein "Tor zum Schwarzwald"

1891 gebaut, sei die Bahn für die Altensteiger das "Tor zur Welt" und für andere ein "Tor zum Schwarzwald" gewesen. So hätte das "Altensteigerle" in diesem Jahr 125-jähriges Jubiläum gefeiert. Die reinen Baukosten hätten 400 000 Goldmark betragen. Bis zu 26 Achsen pro Zug, voll mit Personen besetzt, seien sonntags nach Nagold gekommen, denn Autos habe es damals nur wenige gegeben. Von Altensteig legte die Bahn eine 15 Kilometer lange Strecke entlang der Straße über Berneck, Ebhausen, Rohrdorf und Nagold-Stadt bis zum Hauptbahnhof Nagold zurück. "Die meisten Leute sind hier an der Nagold-Stadt-Station ausgestiegen, weil es bis oben zum Bahnhof noch zwölf Pfennig mehr gekostet hat", erinnert sich Reule.

Man habe sich vor 125 Jahren bei 30 Kilometern pro Stunde geradezu im "Geschwindigkeitsrausch" befunden. "Das war die Concorde der Straße", sagt er. Zur Zeit des Krieges noch enorm wichtig, habe man 1962 dann zunächst den Personenverkehr eingestellt, ehe die Strecke 1967 ganz still gelegt und abgebaut wurde.

Zwei Jahre lang hat Harr an dem Modell vom Haltepunktgebäude Nagold-Stadt gebaut, sich sogar in Grüntal die richtige Farbe für das Modell abgeschaut. "Es war schwierig, weil es verschiedene Baupläne und unterschiedliche Infos gab", sagt er. Die richtigen habe er schließlich von Reule und Roland Bühlmaier von der Interessengemeinschaft "Altensteigerle" erhalten. Gefertigt hat Harr alles aus Balsaholz.

"Es ist das authentischste aller bisherigen Modelle", lobt Bühlmaier den Erbauer. An den Verein für Heimatgeschichte Nagold übergeben, kommt es nun ins Eisenbahndenkmal im Freilichtmuseum an der Lindachstraße Nagold.