Eva-Magdalena und Peter Ammer geben in der Nagolder Kirchenmusik den Ton an. Foto: Martin Bernklau

Seit fünf Jahren teilen sich die Eheleute Peter und Eva-Magdalena Ammer die Stelle als evangelischer Bezirkskantor.

Nagold - "Wir sind von sehr schön nach sehr schön gekommen", sagt Peter Ammer. Mit seiner Frau Eva-Magdalena und den drei Kindern wagte er noch einmal den Neubeginn und kam vom tauberfränkischen Weikersheim nach Nagold. Seit 2009 teilt sich das Ehepaar die Stelle des Bezirkskantorats von Nagold.

Es war Eva-Magdalena Ammer, die sehr genau kannte und hoch zu schätzen wusste, wohin man sich da als Musikerpaar auf den freigewordenen Posten bewarb. Denn während ihr Mann sein Praktikumsjahr – knapp zeitversetzt – in Calw absolvierte, hatte sie nach dem gemeinsamen Studium an der damaligen Kirchenmusikhochschule Esslingen ihre ersten Berufserfahrungen beim charismatischen Ingo Bredenbach in Nagold sammeln können.

Beide sind sie in musikalischen Familien aufgewachsen. Die gebürtige Cannstatterin Eva-Magdalena Haug war die Tochter eines Orgelbauers, Kirchenmusikers und Professors. Sie lernte früh Tasteninstrumente und das Cello zu spielen. Ihr späterer Mann kommt aus Reutlingen. Dass er methodistisch getauft und erzogen war, spielte allenfalls insofern eine Rolle, als die musikalischen Möglichkeiten in der evangelischen Landeskirche später noch ein bisschen besser waren. Der Konfessionswechsel war kein Problem, auch wegen der freundschaftlichen und theologischen Nähe der beiden Bekenntnisse.

Peter Ammers Großonkel war der Kirchenmusikprofessor Werner Schrade. Der hatte seinen begabten Großneffen, Privatschüler des Pianisten Friedemann Rieger und versierter Kontrabassist, wegen des fehlenden Abiturs zunächst noch abgelehnt. An dessen – später nach Tübingen abgewanderter – Kirchenmusikhochschule Esslingen trafen sich Ammer und Eva-Magdalena Haug, knapp zeitversetzt, zum Studium. Denn Peter Ammer hatte noch eine Bundeswehrzeit bei der Luftwaffenaufklärung zu absolvieren und dann eine Banklehre bei der Sparkasse begonnen – alles, um üben zu können. Seine Entscheidung für die Musik stand heimlich längst schon fest, kam aber für seine Eltern Knall auf Fall.

Dieses Kirchenmusikstudium in Esslingen, das betonen beide, hatte "eine unglaubliche Breite": vom Instrumentalunterricht über Chorleitung und Literaturkunde, quer durch Epochen und Stile zwischen Gregorianik und später Sakropop-Musik bis hin zum Theologischen. Peter Ammer übrigens hatte nicht nur in guten Chören gesungen und zahlreiche "Muggen (Musik gegen Geld)" als Kontrabassist bestritten, er hatte auch niemand Geringeren als den Jesus gegeben bei einer Reutlinger Aufführung des Musicals "Jesus Christ Superstar".

Die beiden Musiker, heute mit dem Titel von Kirchenmusikdirektoren (KMD) versehen, heirateten nach dem Ende des Studiums – standesamtlich übrigens in Nagold. Die erste, schon gemeinsam deputierte Stelle fand sich in Weikersheim, das trotz der dort im Schloss ansässigen "Jeunesse musicales" mit all ihren Kursen und Angeboten als "kirchenmusikalisch dürrster Acker" der Landeskirche galt, wie Peter Ammer schmunzelnd erzählt. Das Paar bekam Kinder, gründete und leitete Chöre und Orchester oder das "Hohenloher Kantoren-Sextett", leistete getreulich den sonntäglichen Orgeldienst und stellte Konzertreihen wie Musikfreizeiten zusammen, engagierte sich in vielerlei Gremien und Initiativen vom Landesmusikrat bis zu Mitarbeitervertretung, als Ausbildungsreferenten. Und es baute sogar ein Haus. "Die Freundschaften", sagt Eva-Magdalena Ammer, "haben gehalten".

Nicht zuletzt der heranwachsenden drei Kinder wegen aber war dann doch die Perspektive im Nagoldtal höchst reizvoll mit ihren "tollen Möglichkeiten", so die Mutter. Der Vater nennt das Nagolder Angebot sogar "sensationell": allein die fünf Chöre am Otto-Hahn-Gymnasium, den Kammerchor und das Kammerorchester von Musikschulleiter Florian Hummel (mit seiner Frau Margret auch so ein engagiertes Nagolder Musiker-Ehepaar), Matthias Wursters Remigius Kammerchor.

Die Ammers teilen sich die vielfältigen Aufgaben des Bezirkskantorats, die ein alleiniger Stelleninhaber gar nicht bewältigen könnte. Es gibt da eine leichte Tendenz zum mehr Musikalischen (zwei Kinderchöre, Jugendchor, mehr Orgelspiel) bei ihr und zum mehr Organisatorischen, der Gremienarbeit, und zum Ausbau der Weigle-Orgel, aber auch zum Posaunenchor bei ihm. Die großen Aufführungen der Kantorei, etwa das Bach’sche Weihnachtsoratorium mit Gast-Dirigenten in sechs liturgisch korrekten Aufführungen, stemmen sie gemeinsam. "So etwas geht nur, wenn man zu zweit ist", sagt sie. Und er ergänzt lachend: "Wir sind Kommunikationsmusiker mit einer wahnsinnigen Vernetzung."

Von Dekan Ralf Albrecht fühlt sich das Kantorenpaar "von Anfang an großartig unterstützt". Albrecht, eine Führungsfigur der Pietistisch-Konservativen in der Landeskirche, "tut montags auch, was er sonntags predigt", so Peter Ammer, und sei trotzdem liberal, "fromm, aber offen". So mögen sie das, die beiden, im Austausch und gemeinsam. "Musik ist Kommunikation. Eigentlich fängt wirkliche Musik erst zu zweit an." Das formuliert Peter Ammer so. Aber es hätte auch von seiner Frau gesagt werden können.