Nabelschau einer Schönheits-Verweigerin: Lizzy Aumeier bei ihrem Gastspiel in der Alten Seminarturnhalle. Foto: Bernklau Foto: Schwarzwälder-Bote

Kabarettistin Lizzy Aumeier schert sich nicht um Schönheits-Ideale

Von Martin Bernklau

Nagold. "40 Jahre ham wir Angst vorm Russen gehabt", sagt Lizzy Aumeier, "jetzt sitzt er da." Der Russe, der da am Klavier sitzt und wunderbar spielen kann, heißt Svetlana Klimova und ist eigentlich eine klassische Geigerin von Rang. Lizzy Aumeier hat Kontrabass studiert. Aber sie macht Kabarett. Und war in der ausverkauften Nagolder Alten Seminarturnhalle zu Gast.

Dass diese Lizzy Aumeier irgendwie dem bajuwarischen Dunstkreis von Ottis Schlachthof zuzuordnen ist, das passt ganz gut. Wie der überbeleibte Ottfried Fischer – so eine Art Pate des hintergründig hochgefährlichen Münchener oder Passauer Humors – trägt auch sie ihre Körperfülle fast provozierend vor sich her, ruckelt da rum mit Mieder und hautengem Satinkleid und schleppt gegen Ende ihres irritierenden Programms auch noch ihren strammen und knackigen Männe Andreas mit auf die Bühne – "da schaut’s her, da seht’s!"

Diese Nabelschau einer Schönheits-Verweigerin hat dann auch wieder was vom Wissen um die Tatsache, dass so viele Männer sich um Schönheitsideale nicht scheren und unbeirrbar von allen Moden und Magazinen auf dicke Frauen stehen. Und eigentlich wird schon damit dieses Kabarett hochpolitisch und gesellschaftskritisch, auch wenn sich die eigentliche Politik auf einen einzigen winzigen Seehofer-Scherz beschränkt. "Zieh dich aus, leg dich hin, wir müssen sprechen", verkündet sie.

Lizzy Aumeier zeigt auch ihre Narben an den Beinen, und die können eigentlich ja nur echt sein. "Pech gehabt", hat der behandelnde Arzt kommentiert. Selbstverständlich ist diese Frau in schmerzhaften Graden politisch unkorrekt und vermengt da die Sachen ineinander. Lässt den Türken nach dem Tempo fragen, das ihr elektrischer Rollstuhl so drauf hat: "Kannste gleich laufen", kommentiert er die sechs Stundenkilometer. Auch vor bitterbösen Kalauern schreckt diese Frau nicht zurück: Mit der Aufschrift "Is lam" bekommt ihr Behindertengefährt freie Bahn.

Vielleicht ist es ein bisschen merkwürdig. Aber während Lizzy Aumeier so vor sich hin plaudert und ein Menge Musik einstreut, kommt nie eine Atmosphäre von galliger Giftigkeit auf. Eher beiläufig zelebriert sie ihre Sarkasmen. Und ganz entsprechend geht auch das Nagolder Publikum mit ihr um. Man mag sie wie die nette Plaudertasche von nebenan, die vielleicht etwas unförmig ist, aber dabei fröhlich und gemütlich, statt böse und verbittert.