Das Hopfenfeld bei Hochdorf gehört natürlich zu den Etappenzielen des "Bierkulturradwegs". Foto: Trommer

Wolfgang Carl hat den "Schwäbischen Bierkulturradweg" erradelt und konzipiert.

Nagold-Hochdorf/Tübingen - Von Nagold über Rottenburg bis Tübingen führt der "Schwäbische Bierkulturradweg", den der in Nagold geborene Tübinger Wolfgang Carl erradelt und entwickelt hat. Viel ist hier zu sehen und zu schmecken: Hopfenhopser, Schluchtenstecker und Simri gibt es zu entdecken.

Radfahren und Bier trinken? Aufs Erste passt das nicht zusammen, allerdings gilt es gleich zu bemerken, dass es dabei nicht um bierseliges, beschwipstes Radeln geht. Vielmehr begibt sich Carl mit den Gruppen auf eine Tour, die auf unterhaltsame Art und Weise die Geschichte der vielen Brauereien betrachtet.

Der "Schwäbische Bierkulturradweg" bietet fünf Entdeckertouren – eine beginnt in Hochdorf. Dort können die Radfahrer mit dem Zug anreisen und auf den ersten Metern den Ausblick über die Hochebene des Hecken- und Schlehengäus, den Schwarzwald und die Schwäbische Alb genießen.

Der erste Kronenwirt ist bereits 1654 verzeichnet

Die Hochdorfer Kronenbrauerei ist die älteste und heute größte am Bierkulturradweg: Der erste Kronenwirt ist bereits 1654 verzeichnet. Zu dieser Zeit hatten die meisten Dorfwirtschaften eine eigene Hausbrauerei, dazu gehörte die Mälzerei, die Schnapsbrennerei, der Hopfenanbau und der landwirtschaftliche Betrieb. Mit Eberhard Haizmann in der elften Generation bleibt die Kontinuität innerhalb des Familienbetriebes erhalten, mittlerweile ist auch seine Tochter Katharina als Juniorchefin integriert. Seit 2012 ist "Hochdorfer", wie es in der Region meist genannt wird, mit dem Gütesiegel des "Slow Brewing" zertifiziert. Die Tour führt an den Gebäuden des "Kronenbräu" sowie der Brauereigaststätte "Krone" vorbei.

"Mit und für die Region leben" ist das Nachhaltigkeitskonzept für die kommenden Jahre, dazu gehört auch dass rund die Hälfte des Hopfens in Hochdorf angebaut wird, außerdem werden nur naturbelassene Rohstoffe ohne Gentechnik angewendet. Der erste Stopp der Fahrradtour ist dann auch an dem Hopfenfeld Richtung Gündringen – eine eindrucksvolle Pflanze, die bis zu 30 Zentimeter am Tag wächst.

Die Tour führt weiter über Vollmaringen nach Baisingen. Vorbei an der Synagoge und dem Schloss erreichen die Radler die Baisinger Braumanufaktur. Dort ist der Teufel los, und das seit über 240 Jahren – so lange wird hier schon Bier auf hohem Niveau gebraut, das "Teufels Weisse Kristallweizen" hat auch schon Weltmeister- und Europameisterpreise gewonnen, so auf der Fachmesse "BrauBeviale" in Nürnberg. Eine Landmarke bei dem Rottenburger Ortsteil ist der "Bühl", wo ein keltischer Grabhügel verborgen ist. In geöffneten Grabkammern von Kelten wie in Hochdorf an der Enz oder der Heunaburg wurde entdeckt, dass den Verstorbenen 15 Liter eines alkoholischen Getränks mit ins Grab gegeben wurden. Es ist bekannt, dass die keltischen Bierbrauer viel Erfahrungen mit dem Mälzen hatten. Kulturstoryteller Wolfgang Carl vermutet, dass dies auch in der Grabstätte bei Baisingen der Fall sein könnte.

Über die ehemalige kleine "Biermetropole" Ergenzingen, die heute zwei Brauereien beherbergt, führt der Weg nach Wolfenhausen und schließlich Remmingsheim. Dort kann ein Museum besichtigt werden, wo viel über Hopfen berichtet wird. Remmingsheim war früher eines der größten Hopfendörfer der Region. Der ehrenamtliche Leiter des Museum weiß von den "Schluchtensteckern" und der Währung "Simri" zu erzählen – all dies kann man auf der Tour mit Fahrradguide Carl erfahren.

Die Brauerei "Schimpf" heißt eigentlich auch "Kronenbrauerei", im Lauf der Zeit ging man jedoch zur Unterscheidung zu dem Familiennamen über. Besichtigt werden kann die Produktionsstätte regelmäßig nach Voranmeldung.

Was weniger bekannt ist: Rottenburg hatte im Jahr 1890 die stolze Zahl von 24 Brauereien. Auch die Anbaufläche für Hopfen war beachtlich, auf 30 Hektar wurde der Rohstoff für Bier angebaut.

Rottenburger Marktplatz war Zentrum des Hopfenhandels

Zur Ernte kamen viele Menschen als Saisonarbeiter in die Stadt am Neckar, da waren oft zwischen 3000 und 4000 Menschen mehr in der Stadt, die damals ungefähr 6000 Einwohner hatte. Zu dem Gesinde kam aber auch "Gesindel", Langfinger und Landstreicher, da wurden oft über 100 Verhaftungen vorgenommen.

Der Rottenburger Marktplatz war damals ein Zentrum des Hopfenhandels. Wie wichtig die Hopfenernte war, zeigt sich daran, dass 1859 Rottenburg einen von 48 Telegrafen im Königreich Württemberg erhielt.

Auf dem Weg weiter nach Tübingen passiert man noch einige andere Bier- und Hopfensationen. Am Schluss der Tour in Tübingen kann dann durchaus ein Bier von den 103 verschiedenen Bieren der am Radweg liegenden Brauereien probiert werden. Auch eine Bierprobe kann Wolfgang Carl gern vermitteln. Ursprünglich sollte die Tour von Nagold nach Tübingen führen – immerhin gab es hier ja auch einige Brauereien wie Anker, Gambrinus und Schwanen, über die viel erzählt werden kann. Allerdings sind kaum mehr bauliche Spuren vorhanden. Deshalb starten die fünf verschiedenen (Rund-)Touren jetzt in Hochdorf, Rottenburg und Tübingen.

Weitere Informationen: www.bier-hopfentour.de