Oberbürgermeister Jürgen Großmann erhielt seine Fahrerlaubnis im Jahr 1980. Foto: Schwarzwälder-Bote

Rückblick: Nagolder erzählen von ihrer Fahrprüfung, dem ersten Auto und ihren Erfahrungen als Fahranfänger

Spätestens 2033 gehören die grauen und rosa "Lappen" der Vergangenheit an. Bekannte Nagolder Persönlichkeiten haben uns ihren Führerschein gezeigt und erzählt, welche Erinnerungen sie damit verbinden.

Nagold. Die alten Führerscheine: Sie sind grau oder rosa, haben Eselsohren und Kaffeeflecken, sind mal geschützt von einer Plastikhülle, stecken mal ungeschützt im Portemonnaie. Die Bilder ihrer Besitzer bringen uns zum Schmunzeln. Zeigen Modetrends und Fashionsünden – von der Dauerwelle über Föhnfrisuren und Koteletten bis hin zu Oberlippenbärtchen. Doch der Besitzer selbst verbindet oftmals vor allem eines damit: Erinnerungen.

Großmanns erstes Auto ist ein roter VW Käfer

Oberbürgermeister Jürgen Großmann erinnert sich beispielsweise noch ganz genau daran, wie er bereits beim Abholen des Führerscheins straffällig geworden war. Den hatte Großmann nämlich trotz bestandener Prüfung nicht direkt ausgehändigt bekommen. Da seine Sehschwäche zu spät festgestellt wurde, fehlte der entsprechende Vermerk. Als es endlich daran ging, den Führerschein beim Landratsamt abzuholen, lieh sich der angehende Jurist kurzerhand den blauen VW Käfer seines Freundes aus und machte eine Spritztour nach Calw. "Im Nachhinein betrachtet war das wohl Fahren ohne Fahrerlaubnis", erklärt Großmann und grinst schelmisch. "Juristisch nachgeprüft habe ich das aber nie."

Sein allererstes Auto – einen roten VW Käfer – bekam er von seiner Schwester und seinem Schwager geschenkt. "Das Ding war uralt", erzählt er. "Wenn man damit gefahren ist, hat es irgendwann geruckelt, dann wusste man: Jetzt brauch’ ich den Reservetank." In der Nähe des Gaspedals musste dann ein Hebel umgelegt werden.

Auch Thomas Baitingers erstes Auto war rot. "Das war ein Ford Escort aus den 60er-Jahren", schwärmt der Gemeinderat. "Bergab, mit Rückenwind und angelegten Ohren hat der 120 Kilometer pro Stunde geschafft. Da war man schon stolz." Die Freude über das erste Auto erhielt allerdings des Öfteren einen Dämpfer. "An dem Ding ging wirklich alles kaputt", erinnert er sich. "Wasserpumpe, Lichtmaschine, wirklich alles." Nach knapp zwei Jahren hatte das Fahrzeug deshalb bereits ausgedient. "Aber seither weiß ich, warum es heißt: ›Man fährt mit dem Ford fort und kommt mit dem Zug heim‹", sagt Baitinger und lacht.

Angela Anding, Leiterin der Volkshochschule Oberes Nagoldtal, hatte im Hinblick auf ihren Führerschein mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Anding wuchs in der DDR auf, Autos waren dort Mangelware. "Man musste nach der Anmeldung bis zu zehn Jahre warten, bis man den Führerschein machen durfte", berichtet sie. Die zusätzliche Wartezeit für ein eigenes Fahrzeug lag bei zehn bis 15 Jahren.

Andings Bruder schenkt ihr sein altes Moped

In weiser Voraussicht schloss sich die heute 44-Jährige der Gesellschaft für Sport und Technik an. "So war es damals leichter, an einen Führerschein zu kommen." Schon mit 15 legte sie außerdem die Prüfung für den Motorrad-Führerschein ab. Ihr Bruder überließ ihr daraufhin sein altes Moped, eine grüne Simson S51. "Das war eine von den besseren mit Viergang und der Stolz dementsprechend groß", sagt Anding.

Müller spielt Chauffeur für Ministerpräsidenten

Dann kam die Wende. Und mit ihr eine Flut an Fahrschulen. "Ich konnte es schier nicht fassen, dass ich – gerade der DDR entwachsen – in einem West-Auto den Führerschein machen kann", beschreibt sie ihre ersten Fahrstunden in einem Audi 80. Nach bestandener Prüfung kaufte sie einem Bekannten für eine symbolische Mark seinen Trabant Kombi – cremefarben mit orangenen Streifen – ab. "Bis nach England sind wir damit gefahren", erzählt sie.

International ging es einst auch bei Dorothee Müller, Leiterin der Jugendkunstschule, zu. Müller war damals Leiterin des Kultur- Schul- und Sportamtes in Remseck am Neckar. Als 1993 in Stuttgart die Leichtathletik-Weltmeisterschaften ausgetragen wurden, sollte sie den extra für diese Veranstaltung eingeflogenen Ministerpräsidenten aus Mosambik betreuen.

Die heute 52-Jährige hatte erst knapp ein Jahr zuvor den Führerschein bestanden. Zuvor hatte sie stets in Städten gelebt, in denen man sich schneller mit dem Fahrrad fortbewegen konnte. "Ich war nicht gerade eine sehr sichere Autofahrerin", verrät Müller. "Aber irgendjemand musste ihn ja von A nach B bringen."

Egal ob es 20 oder 40 Jahre her ist – wenn es um das erste eigene Auto, die Führerscheinprüfung oder Fahrstunden geht, erinnern sich die Befragten, als sei es gestern gewesen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass sie so lange wie möglich an ihren alten Führerscheinen festhalten.

Wenn also am 19. Januar 2033 die letzten "Lappen" für ungültig erklärt werden, verschwinden diese zwar samt nostalgischer Passbilder aus den Portemonnaies. Was bleibt, sind die Geschichten, die sie erzählen.

Seit 2013 regelt eine EU-Richtlinie die Vereinheitlichung europäischer Führerscheintypen. Um Fälschungen vorzubeugen, laufen seither ausgestellte Dokumente nach 15 Jahren ab. Auch die vor 2013 ausgestellten Führerscheine, die bislang lebenslang gültig waren, sollen bis 2033 ausrangiert werden. Ein Vorschlag des Bundesrats sieht vor, den Umtausch etappenweise zu organisieren. Bei den bis 1998 ausgestellten rund 15 Millionen Papierführerscheinen, soll dabei das Geburtsjahr des Fahrers berücksichtigt werden, da das Ausstellungsdatum oftmals nicht mehr zu erkennen ist. Stichtage sind jeweils der 19. Januar 2021 (1953-1958), 2022 (1959-1964), 2023 (1965-1970) und 2024 (1971 oder später). Wer vor 1953 geboren ist, muss den Führerschein erst 2033 umtauschen. Ab 2025 laufen dann Jahr für Jahr die rund 30 Millionen Kartenführerscheine ab, die seit 1999 ausgestellt wurden. Der Stichtag richtet sich dabei nach dem Ausstellungsjahr. Die Aufteilung beruht auf Schätzungen zur Altersverteilung.