Foto: Buckenmaier Foto: Schwarzwälder-Bote

Seit mehr als zehn Jahren arbeitet man an der Renaturierung der Waldach – mit Erfolg

Für Oberbürgermeister Jürgen Großmann ist es eine "ökologische Erfolgsmeldung": In die Waldach, sagt der OB, sei das "pralle Leben" zurückgekehrt. Die Renaturierung des Flusses zeigt Wirkung.

Nagold. Einst war der Fluss für das gewerbliche Leben in der Stadt prägend. Mühlen reihten sich entlang der Waldach, Gerber wuschen hier ihre Felle. Tuchmacher, Metzger, Brauer und Schmiede ließen sich entlang des Flusslaufes nieder. Die Waldach war aber nicht nur Wasser- und Energielieferant, sondern auch billiger Abwasserkanal.

Den Überschwemmungskatastrophen – vor allem dem Jahrhunderthochwasser von 1851 – war es schließlich geschuldet, dass Nagolds Altvordere der Waldach wie auch der Nagold engere Bahnen verordneten: Das Gewässerbett wurde breiter und tiefer gelegt, die Ufer mit hohen Mauern versehen. Mit all den ökologischen Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt.

Anfang des neuen Jahrtausends kam das Umdenken: Peter Haselmaier, in der Stadtverwaltung verantwortlich für alles, was fließt, hat den ganzen Prozess seither begleitet.

Nicht immer obsiegt die Natur

Von der Bestandsaufnahme im Jahr 2000, als ein erster Gewässerentwicklungsplan erarbeitet wurde, bis heute. Peu à peu wurde unter seiner fachlichen Leitung die Waldach dort, wo’s möglich war, wieder in ihren natürlichen Zustand zurückversetzt.

Und seit dieser Renaturierung tummeln sich in dem Fluss wieder acht Fischarten von der Bachforelle bis zum Aal. Auch die Zunahme von wirbellosen Kleinstlebewesen sind deutliche Indikatoren für den verbesserten ökologischen Zustand. Die Gutachter haben zudem eine Zunahme der Brutvogelvorkommen wie auch vermehrt hier rastende Zugvögel festgestellt.

Aber auch der Mensch und mit ihm das urbane Leben ist wieder an die Waldach zurückgekehrt – dank Millioneninvestitionen. Mehr als drei Millionen Euro flossen seit dem Jahr 2004 in die Waldach-Renaturierung. Und das nächste Projekt steht schon an: Entlang des neuen Baugebiets Hasenbrunnen soll der Fluss wieder auf einer Länge von 600 Metern in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden. Kostenpunkt: eine Million Euro.

Aber nicht immer obsiegt die Natur: Nagolds OB Großmann macht keinen Hehl daraus, dass er sich bei der Abwägung zwischen Ökologie und der Stadtentwicklung mitunter auch sehr schwer getan habe. Wie bei der Neubebauung des Anker-Areals. Eine Fortsetzung des Longwyplatzes als Erlebnisfläche bis zum Busbahnhof, sagt er heute, hätte "der Innenstadt eigentlich auch gut getan." Letzten Endes habe man sich aber doch für eine Wiederbebauung entschlossen. Städtebaulich sei dies eine der "schwierigsten Entscheidungen" in seiner Amtszeit gewesen.

Mit der naturnahen Gestaltung der Waldach verfolgt die Stadt gleich mehrere Ziele: Neben dem Beitrag zur Ökologie und Nachhaltigkeit wird zudem der Hochwasserschutz für die umliegenden Siedlungsflächen verbessert. OB Jürgen Großmann sieht hier Handlungsbedarf: Durch den Klimawandel müsse man mit noch höheren Hochwassern als in der Vergangenheit rechnen: "Da muss man einen Klimafaktor draufschlagen." Dank der Erzgrube könnten bei einer Naturkatastrophe die Wassermassen der Nagold zwar gesteuert werden, die der Waldach aber nicht. Deswegen denkt man im Rathaus darüber nach, die Scholderwiese, die im Besitz der Stadt ist, als Überflutungsfläche zu nutzen. Großmann weiß auch um ein innerstädtisches Problem, das es zu beseitigen gilt: Die Ankerbrücke sei ein "gefährliches Nadelöhr", weil die Durchflussbreite zu knapp bemessen sei. Deswegen sollen die beiden Brückenanker zurückversetzt und eventuell ein Bypass gelegt werden, um so einer Überschwemmung vorzubeugen.