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Der Abbau von Polizeistellen in Stuttgart war offenbar zu heftig. Es wird erstmals wieder aufgestockt:

Stuttgart - Der Abbau von 200 Polizeistellen in Stuttgart war offenbar zu heftig. Anfang März wird erstmals wieder aufgestockt: In der Landeshauptstadt sollen 20 junge Beamte mehr als bisher Dienst tun. Dennoch klaffen Personallöcher.

Die Klage über eine zu dünn besetzte und zu langsame Polizei zeigt Wirkung. Nach einem seit zehn Jahren stetigen Rückgang von 2419 Stellen auf inzwischen weniger als 2200 muss die Stuttgarter Polizei erstmals nicht mehr bluten. Am 1. März sollen etwa 60 neue Beamte in der Landeshauptstadt ihren Dienst antreten, nur 40 dürfen die Reihen verlassen. Weitere Zugänge von neuen Kommissaren sollen später folgen, kündigte Polizeipräsident Siegfried Stumpf am Freitag an.

Eine Streifenwagenbesatzung mehr als 2007

"Der Blick zurück bringt uns nicht weiter, vorne spielt die Musik", sagte Stumpf, als er eine Bilanz seiner Strukturreform zog. Vor einem Jahr hatte die Stuttgarter Polizei auf Betreiben der Landesregierung 200 Stellen im Vollzug abgeben müssen, die Verwaltung verlor weitere 140 Stellen. Um das aufzufangen, wurden 14 Reviere zu acht Dienststellen fusioniert oder zu einer sogenannten Revierstation abgestuft. Bei der Kriminalpolizei wurden Dienststellen zusammengelegt. Stumpfs Bilanz: "Wir konnten unsere Stärke halten." Die Zahl der Beamten in den Revieren sei mit etwa 900 gleichgeblieben, mit rechnerisch 35 Streifenbesatzungen gebe es sogar eine mehr als 2007.

Die Einsatzzeiten seien über die Jahre mit durchschnittlich acht Minuten unverändert geblieben, so Stumpf weiter. Allerdings gilt seit Oktober 2009 eine neue Zeitrechnung: Die Uhr tickt jetzt mit dem Eingang des Notrufs - und nicht erst, wenn die Streife den Auftrag übernimmt.

Jede sechste Stelle unbesetzt

Wie sehr sich die Einsatzzeit dadurch verlängert, ist noch Geheimsache im Innenministerium. Immerhin wurden drei Samstage im Dezember ausgewertet: "Bei Schlägereien vergehen zwischen Notruf und Eintreffen am Einsatzort durchschnittlich weniger als vier Minuten", sagt Stumpf. Früher waren 2,8 Minuten protokolliert worden.

Allerdings gibt es auffällig extreme Unterschiede. So war an einem Samstagnachmittag bei einer Schlägerei in der U-Haltestelle Schlossplatz eine Streife erst acht Minuten nach dem Notruf am Tatort. In dieser Zeit konnte ein Beteiligter selbst mit seiner unhandlichen Drehorgel verschwinden. Die Polizei musste einräumen, dass zum Zeitpunkt des Notrufs "keine Streife sofort verfügbar war" - auch deshalb verstrichen erst einmal fünf Minuten.

Jede sechste Stelle unbesetzt

Stumpf bestätigte Berichte unserer Zeitung, wonach der Fehlbestand auf den Revieren auch nach der Reform 17 Prozent beträgt. Demnach ist jede sechste Stelle unbesetzt. "Unterm Strich hat sich nichts verändert", sagt er. Allerdings seien auch, besonders bei Fußballspielen an Wochenenden, die Einsatzhundertschaft, die Kriminalwache, Verkehrspolizei und Beamte des Personen- und Objektschutzes "unterwegs".

Die Suche nach neuen Domizilen für die Reviere ist laut Stumpf unterschiedlich weit fortgeschritten. Das Revier Gutenbergstraße soll ins Gebäude des ehemaligen Finanzgerichts umziehen - Start der Bauarbeiten hat indes Verspätung und ist für Mai 2010 vorgesehen. Das ehemalige Bibelhaus an der Balinger Straße soll das Revier Vaihingen/Möhringen beherbergen - Stumpf hofft auf einen Einzug 2011. Drei Jahre soll die Sanierung des Feuerbacher Reviers dauern. Streifenbeamte müssen in Behelfsbauten ausweichen: "Es gibt tollere Container als Dienstgebäude", tröstet Stumpf. In Bad Cannstatt wird ein möglicher neuer Standort in der Martin-Luther- oder im Bereich Eisenbahn-/Schönestraße geprüft.

Die Revierstationen Degerloch, Untertürkheim und Böheimstraße bleiben vorerst weiter nachts besetzt. "Allerdings kommt nachts im Schnitt nur ein Besucher", so Stumpf. Wann die Revierstation zu einem Posten abgestuft wird, ist offen. Die Klingeln mit Rufumleitung sind schon montiert.