Weil er sich für eine Sammelunterkunft für Flüchtlinge stark gemacht hatte, ist ein Reutlinger Lokalpolitiker anonym bedroht worden. (Symbolfoto) Foto: dpa-Zentralbild

Wegen anonymen Drohungen gegen seine Person und seine Familie ist der Reutlinger Bezirksbürgermeister Ralph Schönenborn zurückgetreten. Schöneborn hatte sich für eine Sammelunterkunft für Flüchtlinge eingesetzt.

Reutlingen - Er setzte sich für eine Sammelunterkunft für Flüchtlinge ein und wurde deshalb bedroht: Nun ist ein Reutlinger Bezirksbürgermeister von seinem Amt zurückgetreten. „Persönliche Anfeindungen und anonyme Drohungen gegen meine Person und gegen meine Frau haben den Ausschlag gegeben, dass ich auch aus Rücksicht auf meine Familie diesen Schritt gehe“, teilte der Oferdinger Bezirksbürgermeister Ralph Schönenborn am Dienstag mit.

Im Reutlinger Stadtteil Oferdingen mit etwa 2400 Einwohnern wird um die Unterbringung von 70 Flüchtlingen seit Monaten heftig gestritten. Der ehrenamtliche Kommunalpolitiker Schönenborn setzte sich für die Anschlussunterbringung in Containern auf einem großen Grundstück ein. Der Reutlinger Gemeinderat hatte die Unterbringung nach Angaben der Stadt bereits beschlossen, im Oferdinger Bezirksgemeinderat regte sich aber deutlicher Widerstand gegen die Container-Unterkunft.

Oberbürgermeisterin Barbara Bosch (parteilos) zeigte vollstes Verständnis für den Rücktritt, sagte aber: „Ich bin erschütter.“ Kontroverse Diskussionen seien selbstverständlich erlaubt und angesichts einer Krise, wie sie der überwältigende Flüchtlingszustrom darstelle, durchaus auch verständlich. Drohungen und Anfeindungen seien hingegen nicht hinnehmbar, nicht akzeptabel.

Immer wieder werden Politiker in der Flüchtlingsdebatte bedroht und beschimpft. Der ehrenamtliche Bürgermeister von Tröglitz in Sachsen-Anhalt, Markus Nierth, war im März zurückgetreten, weil er sich und seine Familie durch Rechtsextreme bedroht sah.