Auf dem Mitarbeiterparkplatz sollen Paletten unsachgemäß gelagert worden sein, berichten Anwohner. Foto: Grimm

Auch der Gammertinger Gemeinderat hat sich jetzt mit dem Brand bei Reifen Göggel befasst. Anwohner erhoben darin detaillierte Beschwerden gegen das Unternehmen und die Stadtverwaltung.

Gammertingen - Eigentlich hätte es eine ganz normale letzte Sitzung vor der Sommerpause werden sollen, wie Bürgermeister Holger Jerg sagte. Doch zwischenzeitlich habe sich die Gammertinger Welt durch den Brand bei der Firma Reifen Göggel verändert.

Nicht nur Rauch und Ruß hat dem Schultes den Blick verdüstert: Auch medial und juristisch weht ein scharfer Wind durch Gammertingen.

Deshalb hatte Jerg zu der Sitzung den Umweltdezernenten des Landratsamts Sigmaringen, Adrian Schiefer, eingeladen. Dieser gab sowohl dem Rat als auch Anwohnern Auskunft und Einblick in die Geschehnisse.

Anwohner beklagen "Verantwortungslosigkeit" der genehmigenden Behörde

In der Bürgerfragerunde beklagte ein in der Nähe des Betriebs wohnendes Ehepaar die Verantwortungslosigkeit, ein solches Feuerwerk zu genehmigen, das den Brand ausgelöst hat. Die Ängste die durch das Feuer und zuvor die Flugshow entstanden sind, hätten sie nächtelang nicht schlafen lassen: "Was hätte noch alles hätte passieren können?"

"Wie kann man eine solche Flugshow direkt über Gammertingen erlauben?", wollten sie wissen. "Nicht auszudenken, was bei einem Absturz geschehen wäre!"

Wird bei gut betuchten Einwohnern manchmal ein Auge zugedrückt?

Das Ehepaar hat den Verdacht, dass bei gut betuchten Einwohnern, die vielleicht gerne auch mal spenden, manchmal ein Auge zugedrückt werde. Das wies Bürgermeister Holger Jerg entschieden zurück: "Wir lassen uns nicht kaufen!"

Bei einem anderen Punkt merkte er aber auf: Das Ehepaar berichtete, dass der vor einem Jahr von der Stadt genehmigte, neue Mitarbeiterparkplatz von Göggel zweckentfremdet genutzt werde: "Hier stapeln sich die Paletten mit Reifen." Und das nicht etwa, wie auf der Umverpackung angegeben, je zwei Paletten aufeinander, sondern jeweils vier. Offenbar hatte sich der Anwohner die Verpackungen genau angesehen, denn er versicherte, dass dies vom Hersteller so auf der Folie deklariert worden sei: Im Freien gelagert dürften nur zwei beladene Paletten aufeinander gestapelt werden.

Hätte man von der Zweckentfremdung eines Parkplatzes wissen können?

"Dem werden wir selbstverständlich nachgehen", sagte der Bürgermeister. Die Anwohnerin hielt ihm jedoch vor: "Sie hätten das spätestens bei der Begehung des Areals schon längst sehen müssen." Sie war so aufgebracht, dass sie um ihre Beherrschung kämpfend, den Sitzungssaal verließ.

Eine andere Frau hielt zwar verbal den Ball flacher, aber ihr war anzumerken, dass sie ebenfalls innerlich aufgewühlt war: "Wie kann es sein, dass der Kindergarten auf sein Grillfest wegen Brandgefahr verzichten musste, ein Unternehmer aber alle Genehmigungen für ein gefährliches Unterfangen bekommt?"

Brandgefahr war vor dem Feuer auf Stufe 2 herabgestuft worden

Jerg hielt dem entgegen, dass zum Zeitpunkt des Göggel-Feuerwerks die Waldbrandgefahr im Landkreis Sigmaringen bereits auf die Stufe 2 heruntergestuft worden sei. Es habe mehrfach geregnet, so dass keine akute Gefahr mehr gesehen worden sei.

Eins sei sicher, betonte der Bürgermeister: "Wir haben dreimal mit einem privaten Feuerwerk Probleme bekommen, ein viertes Mal wird das nicht passieren!" "Ich nehme Sie beim Wort", sagte die Dame beim Verlassen des Saals.

Schutzvorkehrungen und Feuerwehr haben Schlimmeres verhindert

Sowohl Adrian Schiefer als auch Holger Jerg bewerteten den Feuerwehreinsatz als positiv: "Ohne die vorhandenen Brandschutzvorkehrungen und das passgenaue Zusammenspiel der Wehren wäre das anders ausgegangen. Wir sind mit einem großen blauen Auge davongekommen!"

Bis auf leichtere Rauchvergiftungen seien keine Menschen zu Schaden gekommen und auch ein Übergreifen des Brandes wurde verhindert. Man könne guten Gewissens gesagt werden, dass die Schadstoffbelastung unter den Grenzwerten liegt, sagte Schiefer.

Auch vom Wasser gehe keine Gefahr aus, da das Löschwasser durch Rückhaltebecken mehrfach verwendet werden konnte und nach dem Brand in verschiedene Kläranlagen transportiert und gereinigt worden ist. Prophylaktisch seinen auch Grundwasserproben genommen worden, so Schiefer – alle seien ohne Befund.

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