Angela Merkel ist der höchste Verdienstorden verliehen worden. Nicht alle Politiker aus der Region befürworten die Auszeichnung. Foto: dpa/Michael Kappeler

Es ist der höchste Orden für persönliche Leistungen, den es in Deutschland gibt: Angela Merkel ist am Montag das Großkreuz des Verdienstordens in besonderer Ausführung verliehen worden. Wie bewerten Politiker aus der Region die Auszeichnung?

Während Merkels Parteifreunde die politischen Verdienste der Altkanzlerin würdigen, wird von Seiten der FDP und AfD Kritik an der Auszeichnung laut.

Der FDP-Landtagsabgeordnete Frank Bonath (Wahlkreis Villingen-Schwenningen) kritisiert vor allem den Zeitpunkt: „In Anbetracht der gewaltigen aktuellen Herausforderungen für die Ampel, die Frau Merkel insbesondere durch teils unterlassene und verfehlte Migrations- und Energiepolitik dem Land eingebrockt hat, mutet es seltsam an, ihr gerade jetzt und nicht mit etwas Abstand und Zeit für eine historische Einordnung derart hohe Ehren zuteilwerden zu lassen.”

Ähnlich äußert sich Bonaths Fraktionskollege Daniel Karrais (Wahlkreis Rottweil). Der 32-Jährige betont zwar, dass die Auszeichnung angebracht sei: „Als Abgeordneter sehe ich, wie intensiv sich schon einfache Mandatsträger mit hohem persönlichen Einsatz für eine gute Politik stark machen.“ Allerdings dürfe dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass es „gravierende Fehler“ während der 16 Jahre andauernden Kanzlerschaft gab, so Karrais. Er rechnet mit Merkels Politik ab: „Viele wichtige Reformen, wie die der Rente oder des Gesundheitssystems, wurden verschlafen. Die Verkehrsinfrastruktur ist verkommen, Digitalisierungsprojekte schlugen immer wieder fehl. Der Atomausstieg wurde völlig überstürzt nach Umfragelage verkündet, ohne Konzept für eine gelingende Energiewende“, meint Karrais. Auch während der Corona-Pandemie sei es - laut Karrais - einzig der Opposition zu verdanken gewesen, dass weitreichende Vollmachten nicht unbefristet, sondern zeitlich beschränkt erteilt worden seien. Karrais selbst gehört der FDP und damit einer der damaligen Oppositionsparteien an. 

Reformen bemängelt

Auch der FDP-Landtagsabgeordnete Timm Kern (Wahlkreis Freudenstadt) bemängelt Reformen in der Ära Merkel: „Unzweifelhaft ist, dass Frau Merkel einen wichtigen Platz in der bundesdeutschen Geschichte einnehmen wird. Gleichzeitig ist an ihrer Regierungszeit aus meiner Sicht auch so Einiges zu kritisieren – viele Reformen sind in den 16 Jahren ihrer Kanzlerschaft liegen geblieben, die nun aufgearbeitet werden müssen.“

Der AfD-Landtagsabgeordnete Uwe Hellstern (Wahlkreis Freudenstadt) zeigt sich „sprachlos“ über die Auszeichnung Merkels mit dem höchsten deutschen Orden. Er kritisiert unter anderem „die kolossale Fehleinschätzung der Partner China und Russland“, „die Aufgabe der sicheren Energieversorgung“ oder auch „die Öffnung der Grenzen mit der Folge einer tiefen Spaltung“, welche die Altkanzlerin verschuldet habe. Während bei den bisher einzigen Trägern des höchsten Verdienstordens, Konrad Adenauer und Helmut Kohl, „unzweifelhaft epochale Leistungen zu Buche standen, tue ich mich schwer, bei Angela Merkel eine solche zu erkennen“, so Hellstern.

„Land durch Krisen geführt“

Die Landes- und Bundespolitiker der CDU aus der Region begrüßen die Auszeichnung hingegen. Merkel habe „unser Land durch viele Krisen sehr erfolgreich geführt“, betont etwa der Landtagsabgeordnete Thomas Blenke (Wahlkreis Calw). „Die Herausforderungen, die sie während ihrer Kanzlerschaft zu meistern hatte, waren äußerst schwierig und vielfältig. Sie hat alles für den Erhalt unserer Freiheit und unserer Demokratie getan, aber auch für unser internationales Ansehen. Dafür bin ich ihr sehr dankbar“, so der 63-Jährige.

Auch Katrin Schindele, Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Freudenstadt, würdigt die Altkanzlerin: „Sie ist die erste Frau, die dieses höchst verantwortungsvolle Amt innehatte – über eine so lange Zeit – unsere deutschen Interessen im In- und Ausland vertreten hat. Meine Hochachtung!“

„Kritiker machen es sich allzu einfach“

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß (Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen) kann die Kritik an der Auszeichnung nicht nachvollziehen: „Sicherlich gab es auch die ein oder andere Entscheidung, die nicht jedermann gefallen hat und mancher im Nachgang auch kritisch bewertet. Meiner Meinung nach schmälert das nicht die enorme Leistung. Viele die heute kritisieren waren damals auch mit dabei und machen es sich heute allzu einfach“, so Bareiß.

Sein Fraktionskollege Klaus Mack (Wahlkreis Calw / Freudenstadt) betont, dass Merkel nach ihrer Kanzlerschaft „ein erfolgreiches Land mit geringer Arbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Stärke“ hinterlassen habe. Diese Einschätzung teilt auch Stefan Teufel, CDU-Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Rottweil: „Sie hat in ihrer 16-jährigen Amtszeit vor allem unser Land erfolgreich durch die Finanzkrise geführt. Ebenso blicken wir zurück auf 16 Jahre ununterbrochenen Wirtschaftswachstum mit geringer Arbeitslosenquote auch im internationalen Vergleich.“