Der Angeklagte Omran A. war an Corona erkrankt. Foto: Lück

Paukenschlag nach der Unterbrechung des Revisionsprozesses um den Mord am Nordstetter Immobilienunternehmer Michael Riecher: Der Angeklagte Omran A. hatte Corona. Es besteht der Verdacht, dass er einen der Prozessbeteiligten angesteckt hat.

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Rottweil/Horb - Das war das beherrschende Thema in den ersten Terminen der Revision im Prozess: Welche Rolle spielt Corona? Schon am zweiten Prozesstag mahnte Alexander Kubik, Verteidiger von Omran A.: "Mein Mandant hätte gerne einen Impftermin."

Jetzt kommt raus: Omran muss sich nach diesem Verhandlungstermin mit Corona angesteckt haben. Mehrere Verfahrensbeteiligte bestätigen dem Schwarzwälder Boten: "Omran gilt als genesen. Das Gericht hat bestätigt, dass der Angeklagte an Corona erkrankt war und ein Verfahrensbeteiligter in Quarantäne musste."

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Gegenüber dem Schwarzwälder Boten bestätigt dieser Prozessbeteiligte: "Ich hatte keine Symptome!" Wie schwer Corona den Angeklagten Omran A. erwischt hatte, konnte er nicht sagen.

Zumindest kein Impfproblem mehr

Das heißt: Damit hat Omran A. zumindest erst einmal kein Impfproblem mehr. Der Vertraute des Mordopfers Michael Riecher hatte laut Angaben des Justizministeriums mehrere Impfangebote im Sommer vor dem Prozess abgelehnt. Als er dann wohl wollte, lehnte der Arzt vor Ort ab, so sein Verteidiger Alexander Kubik. Grund: Für den Arzt sei es zu aufwendig, wegen der Sicherheitskontrollen wegen eines Patienten in die JVA zu kommen (wir berichteten).

Hat ihn die Krankheit gezeichnet? Fakt ist: Schon am ersten Prozesstag zitterten dem syrischen Flüchtling, der in Horb damals als "Musterbeispiel für gelungene Integration" galt, die Finger. Kein Wunder: Nach der Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs droht ihm eine höhere Strafe.

Angeklagter "in sich versunken"

Jetzt, am letzten Prozesstag im alten Jahr, ist großes Thema unter den Prozessbeteiligten: Hat Omran A. sein im ersten Prozess gezeigtes Selbstbewusstsein verloren? Einer sagt: "Wenn ich mir die Körpersprache so anschaue – er sieht ziemlich in sich versunken aus." Ein anderer: "Das kann sein. Allerdings trägt er jetzt einen dicken braunen Parka. Dazu hat er die FFP2-Maske auf. Das kann vielleicht auch daran liegen, dass man seine Mimik nicht erkennen kann."

Im ersten Prozess hatte der syrische Flüchtling teilweise gelächelt, sich immer wieder auch intensiv mit seinen Verteidigern ausgetauscht. Gestern reichte er Rechtsanwalt Alexander Hamburg nur ein paar Briefe im braunen DIN A 4-Umschlag rüber. Der überflog sie kurz, gab sie ihm mit wenigen Worten zurück.

Zwei Polizisten im Zeugenstand

Immerhin: Das, was im Gerichtssaal passiert ist, dürfte dem Angeklagten Omran A. keinen Grund zur Beunruhigung gegeben haben. Es wurden zwei Polizisten vernommen. Beim ersten Ermittler ging es um die Frage, ob Omran ihm nach dem Mord um 19.53 Uhr im Mühlgässle anrief, um ihm die geliehenen 50 Euro zurückzuzahlen. Der zweite Polizist war der Hauptsachbearbeiter, der den Ermittlungsbericht verfasst hatte. Auch hier konnte Omran oder besser sein Verteidiger Alexander Hamburg punkten.

Denn: Um 18.58 Uhr – als Omrans Komplize Iyad laut seiner Aussage schon Riecher in seiner Wohnung überfallen hatte – hat es einen Whatsapp-Anruf von Iyad an Omran gegeben. 43 Sekunden lang. Unklar, ob hier beide miteinander gesprochen haben, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Vielleicht sogar den Mord zu planen.

Ominöses Telefongespräch

Der Ermittlungsbericht wurde im Februar 2019 verfasst. Omrans Verteidiger Hamburg: "Konnte bis dahin oder in den Nachermittlungen geklärt werden, ob es ein Gespräch in den 43 Sekunden gegeben hat?" Der Hauptsachbearbeiter der ehemaligen "Soko Pfand": "Ich verweise auf den Aktenvermerk des Ermittlungsleiters. Ich weiß nicht, ob da gesprochen wurde."

Hamburg gab dann zum Schluss eine rechtliche Erklärung ab: "Nach dem Kenntnisstand des Hauptsachbearbeiters gibt es keine Erkenntnis, dass während dieser 43 Sekunden auch ein Gespräch stattgefunden hat!"

Bangen vor den nächsten Prozessterminen muss ein Horber Zeuge: Abdullah A. (Name geändert), der am Morgen nach der Tat gemeinsam mit Omran A. die Leiche gefunden hatte. Der Familienvater war aus Syrien geflüchtet, leidet laut der behandelnden Ärztin aus dem Krankenhaus Freudenstadt an posttraumatischen Belastungsstörungen. Deshalb wurde der Antrag gestellt, dass Omran aus dem Saal geführt wird, während er aussagt. Omrans Verteidiger Hamburg stellte den Gegenantrag: "Es werden keine Tatsachen genannt, die den schweren gesundheitlichen Nachteil des Zeugen belegen, wenn mein Mandant im Saal bleibt."

Die nächste Verhandlung ist am 11. Januar 2022 angesetzt.