Der zweite Prozess gegen die beiden Angeklagten Omran A. (hinten) und Iyad B. im Landgericht Rottweil hat begonnen. Foto: Lück

Der zweite Riecher-Prozess ist am Dienstagmorgen gestartet. Es ist die mit Spannung erwartete Neuauflage des Prozesses um den Mord an Michael Riecher: Der Immobilienunternehmer wurde am 2. November 2018 in seiner Wohnung erwürgt.

Horb/Rottweil - Iyad B. hat seine Maske in der Zelle vergessen. Und Omran Mohammed A.s Finger zittern, als er sich die Akte vor das Gesicht hält. Beide sind sichtlich nervös im Schwurgerichtssaal 201 des Landgerichts Rottweil. Denn: Nach der Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs droht beiden ein härteres Urteil als das letzte Mal!

Erstes Urteil im Januar 2020

Im Januar 2020 verurteilte das Landgericht den syrischen Flüchtling Omran A. zu sechs Jahren, Iyad B. (staatenloser Palästinenser) zu vier Jahren und sechs Monaten wegen räuberischer Erpressung. Der Mord wurde keinem zur Last gelegt. Weil die Schwurgerichtskammer damals nicht beurteilen konnte,wer von beiden den Horber Michael Riecher erwürgt hatte.

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Jetzt wird neu verhandelt. Weil der Bundesgerichtshof unter anderem sagt: "Die Möglichkeit, dass beide gemeinsam das Opfer ermordet haben, wurde außer acht gelassen!"

Angeklagte sichtlich nervös

Beim Auftakt hält sich diesmal Omran A. eine Akte vors Gesicht, damit er sein Gesicht nicht auf Fotos zu erkennen ist. Doch man erkennt: der syrische Flüchtling ist spürbar nervös. Die Finger zittern, als er im Sitzen die Akte hält.

Auch Iyad B. (staatenloser Palästinenser) ist angespannt, greift mit beiden Händen ans Mikrofon und sagt mit heiserer Stimme "ja", als Richter Thomas Geiger seine Personalien bestätigt haben will.

Richter Geiger hatte zunächst das alte Urteil des Landgericht Rottweils verlesen. Dann das Revisionsurteil des BGH. Sagt danach um 11.06 Uhr: "Dann wird es nicht mehr so lange dauern."

Verteidiger stellen Anträge

Von wegen. Omran A.s Verteidiger Alexander Hamburg stellt den ersten Antrag. Inhalt: Die Aussagen, die der Angeklagte bei den vier Polizeivernehmungen zwischen dem 7. und dem 10. November gemacht hatte, seien jetzt in der neuen Beweisaufnahme nicht verwertbar. Begründung des Strafverteidigers: "Omran A. hatte zu diesem Zeitpunkt schon den Status eines Beschuldigten. Er wurde aber nicht korrekt belehrt. Auch, als sich unser Mandant bereits einen Anwalt genommen hatte, wurden diese Anwälte nicht unaufgefordert von der Polizei vor der nächsten Vernehmung kontaktiert. Das zeigt, dass diese Ermittlungen nicht lege artis erfolgt sind!"

Sein Verteidigerkollege Alexander Kubik stellte dann den Antrag auf die "Nichtverwertung eines weiteren Beweismittels". A. hatte gemeinsam mit seinem Bekannten Abdullah G. (Name geändert) die Leiche von Michael Riecher am Morgen gefunden. Danach telefonierte er mit Abdullah G. und bat ihn unter anderem, nichts der Polizei zu erzählen. Rechtsanwalt Kubik: "Das nicht-öffentliche Gespräch wurde heimlich aufgezeichnet.“ Das als Beweis zu nehmen, könne man als Straftat einschlägig bewerten. Kubik: „Eine gesetzliche Erlaubnis besteht nicht." Auch die Verteidiger von Iyad schlossen sich den Anträgen an.

Schon im ersten Prozess hatten die Verteidiger diese Anträge gestellt. Damals wurden sie abgelehnt. Laut Rechtsanwalt Hamburg seien diesmal neue Belege aus den Zeugenaussagen der ersten Hauptverhandlung angeführt, dass Omran schon von Anfang an als Tatverdächtiger von den Ermittlern eingestuft worden war.

Fortsetzung am 23. November

Die Fortsetzung des Prozess ist am Dienstag, 23. November. Dann sollen die ersten Ermittler der "Soko Pfand" gehört werden. Es sollen insgesamt noch 18 Verhandlungstage bis in den März 2022 folgen.