Erholungsinsel inmitten der Großstadt: das Mineralbad Berg Foto: N. B. Forstbauer

Am 25. September schließt das Mineralbad Berg in Stuttgart für eine auf zwei Jahre angelegte Generalsanierung. 30 Millionen Euro sind veranschlagt. Was aber begründet eigentlich den Status des Bades als weithin einmaliges Gesamtkunstwerk? Ein Rundgang gibt Hinweise.

Stuttgart - Die Stuttgarter Objekt- und Bühnenkünstlerin Rosalie hat es eilig. Wie so oft. In Hamburg und Dresden warten große Musiktheaterprojekte. Doch der Stopp im Mineralbad Berg in Stuttgart muss sein. „Taucht man in dieses Wasser ein, bekommt man Leben geschenkt“, sagt Rosalie. Als „Berger Urquell“ firmiert der Schatz aus der Tiefe – und das Wort „Urquell“ trifft für Rosalie „genau das, was man in diesem Wasser spürt“.

Das Berg ist auch eine Künstlerbühne

Die Künstler und das Mineralbad Berg: Das ist bis heute, da Ulrich Bernhardt Stammgast ist und auch die international agierende Kuratorin Ute Meta Bauer Stuttgart-Besuche zur Berg-Sache macht, eine ganz besondere Beziehung. Spielt nicht der 2002 gestorbene Maler Georg Karl Pfahler, der in den 1960er Jahren in die Phalanx der US-amerikanischen Farbfeldmalerei eindringen konnte, in der Erinnerung noch immer mit, wenn auf dem Feld oberhalb des Außenbeckens zum Faustball gerufen wird? Wirbt nicht auch der 2009 gestorbene Galerist Hans-Jürgen Müller hier noch immer für sein Zukunftsprojekt Mariposa auf Teneriffa? Und natürlich sieht jeder, der ihn erlebt hat, unweit von den Faustballern Paul Uwe Dreyer, den 2008 gestorbenen früheren Rektor der Stuttgarter Kunstakademie, mit Zigarre beim Skat sitzen, unüberhörbar dort auf der „Gartenterrasse“ des „Café-Restaurants“, wie der legendäre Bad-Berg-Betreiber Paul Blankenhorn Stuttgarts schönste Freiluftgastronomie bezeichnete.

Paul Blankenhorns Verdienste

Paul Blankenhorn, das war der Mann im dunkelblauen Anzug, darunter das hellblaue Hemd mit stets geschlossenem oberstem Knopf und ein dünner Pullover mit V-Ausschnitt. Ein Herr auf Bad-Wache, leicht vornübergebeugt schreitend, die Hände hinter dem Körper. Blankenhorn aber war es auch, der Max Ackermann – neben dem 1955 gestorbenen Willi Baumeister führender Vertreter einer musikalisch geprägten Abstraktion – mit dem 1959 im Foyer eingebauten (und aktuell konservatorisch gesicherten) Glasfenster für sein Bad beauftragte. Blankenhorn hatte weit mehr Freude an den von ihm mit angelegten Rosenbeeten denn an der Rasenfläche, die durch die Verkleinerung des einst fast seegroßen Außenbeckens gewonnen werden konnte.

1856 gegründet – und bis 2006 in Privatbesitz

Der Hofgärtner Friedrich Neuner gründete das Mineralbad einst. 1856 war das, und vor der Übernahme durch die Stadt Stuttgart im Jahr 2006 war das Bad über fünf Generationen in privater Hand. Paul Blankenhorn vor allem ist das vom „Neuner“ zum „Berg“ mutierte Mineralbad in seiner heutigen Struktur zu verdanken. 1932 hat er von seinem Onkel die Verantwortung für das Bad übernommen. 1997 ist er gestorben, und doch reicht schon die Erinnerung an ihn, um im Erleben des Mineralbads Berg vor falschen Sepiafarben und beifallheischender Melancholie zu warnen.