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150.000 Hunde hinterlassen täglich 50 Tonnen Kot - Bezirke erteilen Vierbeinern Platzverbot.

Berlin - Der eine wollte sie Schnee schippen, die andere sie hinter Hunden herlaufen lassen, um deren stinkende Hinterlassenschaften einzusammeln, bevor diese die Berliner Gehwege verunreinigen: Hartz-IV-Empfänger in der Hauptstadt können sich nur wundern, auf welche Schnapsideen erst FDP-Chef Guido Westerwelle und nun die Berliner Landes-Grüne Claudia Hämmerling kommen, um Langzeitarbeitslose irgendwie zu beschäftigen.

Während es Westerwelle tatsächlich genauso meinte, wie er sagte, verfügt Hämmerling inzwischen über gestählte Oberarme vom Zurückrudern: Sie sei falsch zitiert worden, sagt sie. Im Leben nicht habe sie ernsthaft vorgeschlagen, Bedürftige als Hundekotsammler zu beschäftigten. Vielmehr habe sie anregen wollen, dass die Hartz-IV-Empfänger die Hundebesitzer dazu anhalten, den Dreck ihrer Vierbeiner bitteschön selbst einzusammeln. Denn Berlin - so der gängige Eindruck auf den Bürgersteigen, wo die Neurosen blühen - erstickt eines Tages noch an seinem Hundemist.

Wer aber soll den Dreck denn nun beseitigen? Die Hauptstadt ist in heller Aufruhr: Der Berliner Senat beeilt sich klarzustellen, dass das Problem tatsächlich schwer wiegt, und die annähernd 150.000 Hunde täglich 50 Tonnen Kot hinterließen - einen Haufen Arbeit also für wen auch immer. Allerdings versagt sich die Verwaltung zweierlei: Erstens den Hinweis darauf, dass es kaum so viele Langzeitarbeitslose gäbe wie Hundehalter. Und zweitens die Theorie, dass Hartz-IV-Bezieher oftmals selbst Hunde hätten, so dass sie sich quasi selbst kontrollieren und zur Ordnung anhalten müssten.

Dabei gibt es feste Regeln für jeden Hundehalter, wie überall andernorts auch. Doch längst nicht jeder hält sich an seinen Hund, wenn es um die Promenaden-Wischung geht, er also deren Kot in Beuteln einsammeln muss. Die Berliner Ordnungsämter beklagen eine weitgehende Ignoranz der Zweibeiner gegenüber dem Ordnungsrecht. Mit 35 Euro werden diejenigen zur Kasse gebeten, die beim Nichtwischen erwischt werden und nicht unerkannt entwischen. Nach dem Berliner Straßenreinigungsgesetz können Verstöße mit Geldstrafen in Höhe von fünf Euro bis zu 10.000 Euro geahndet werden.

Viele Hundehalter indes setzen gassigehend voraus, die von ihnen entrichtete Hundesteuer decke die Kosten für die städtische Reinigung der Gehwege ab. Doch die knapp elf Millionen Euro, die Berlin an Hundesteuer einnimmt, "würden nie ausreichen, um die jährlich 146 Millionen Hundehaufen zu beseitigen", sagt eine Senatssprecherin.

Prämie für petzende Mitbürger

 Das fränkische Städtchen Rehau setzt auf eine Art Re-Investition und zahlt 20 Euro an jeden Bürger, der einen Hundehalter anzeigt, der den Kot seines Leinen-Zöglings einfach liegen lässt. Das erklärte Ziel freilich ist es, Hundebesitzer mit einem Bußgeld in Höhe von 150 Euro zur Reinlichkeit zu nötigen. Genug Personal jedoch hat die Kommune natürlich nicht - darum also das Kopfgeld für petzende Mitbürger, die auch die sich anschließende Dauerfehde mit störrischen Hundehaltern ertragen. Robbin Juhnke ist innenpolitischer Sprecher der Berliner CDU und elektrisiert von der Idee, "auf diesem Weg Hundehalter zur Räson zu bringen". Die Diskussion läuft.

Den Berlinern indes stinkt das Malheur gewaltig. In Bürgerinitiativen machen sich ganze Cliquen sauberer Finger auf den Weg, mit Spraydosen bewaffnet, um Hundehalter zu disziplinieren: Sie besprühen dampfende wie ältere Hundehaufen mit Farbe und ermahnen Frauchen und Herrchen, den Beutel zu zücken, wenn ihr Hund den Rücken krümmt. Immer häufiger werden Beutelspender aufgestellt, mit mehr oder weniger originellen Plakaten: "Pfui Herrchen, Pfui Frauchen" oder "Rein mit dem Unreinen".

Ganz allmählich also fühlen sich die Hundeliebhaber unter den Hauptstädtern von der Sozialkontrolle erfasst. Den meisten ist es recht, sie haben durchaus ein eigenes Interesse an sauberen Gehwegen und einer schönen Umwelt. Einige wenige freilich beklagen, stigmatisiert zu werden und scheren sich überhaupt nicht um Aufforderungen, ihren Vierbeinern hinterherzuwischen.

Einige Berliner Bezirke erließen im Januar nun Hundeverbote für die meistbesuchten Plätze in ihren Kiezen. Kontrolliert wurde das bisher nicht. Nun, da es wärmer wird, häufen sich vor allem die Gelegenheiten, zu denen Hundehalter und Hundegegner aufeinandertreffen.

Schon bald wird ein Gericht entscheiden, ob es rechtmäßig ist, bestimmte Personengruppen (Hundehalter) aus dem öffentlichen Raum auszugrenzen - oder ob es nicht Aufgabe der Bezirke ist, ein friedliches Zusammenleben zu organisieren.