Geduldig lassen die Schafe die Prozedur über sich ergehen, wenn sie nicht gerade kitzlig sind, was vorkommt. Foto: Holbein

Die baden-württembergische Schafschurmeisterschaft findet am 16. und 17. August in Heinstetten statt.

Meßstetten-Heinstetten - 27 Scherer werden bei der zweitägigen Veranstaltung rund 400 Schafe scheren: Der Landesschafzuchtverband Baden-Württemberg organisiert am Wochenende, 16. und 17. August, die baden-württembergische Schafschurmeisterschaft.

Es ist eine Premiere: Erstmals findet die Schafschurmeisterschaft als eigenständige Veranstaltung statt und nicht als Teil des landwirtschaftlichen Hauptfestes, bei dem die Wettbewerbe bisher angegliedert waren. "Mit 27 Startern haben wir gleich eine gute Teilnehmerzahl", freut sich Anette Wohlfarth, Geschäftsführerin des Landesschafzuchtverbandes. Die Titelkämpfe sind für den Verband gleichzeitig ein geeigneter Anlass, die Schafhaltung in Baden-Württemberg einer breiten Bevölkerung nahe zu bringen. Schauplatz des Geschehens ist der Betrieb Höfel und Braun in Heinstetten.

Sollte sich die Premiere bewähren, sollen künftig die baden-württembergischen Meisterschaften alle zwei Jahre im Wechsel mit den deutschen Titelkämpfen über die Bühne gehen. Bei den Wettbewerben in Heinstetten geht es in zwei Klassen an den Start: Die vier Junioren, die noch in den Anfängen stecken und fähig sein müssen, bis zu zehn Schafe in der Stunde zu scheren, treten in zwei Vorläufen an, in denen sie jeweils drei Schafe zu scheren haben. Danach wird das Ergebnis zusammengezählt. Die anderen 23 Teilnehmer – ob jetzt Mittelklasse, deren Soll bis zu 20 Schafe in der Stunde ist, oder Profis, die mehr als 20 bis 30 und mehr Schafe scheren – starten zusammen in einer Klasse und haben zwei Mal vier Tiere von der Wolle zu befreien, um ein Gesamtergebnis zu erreichen. Geschoren werden Lämmer, die alle auf dem Truppenübungsplatz weiden.

Bei den Junioren qualifizieren sich die beiden, bei den anderen die vier Besten für das Finale, in dem die Junioren vier und die anderen acht Schafe zu scheren haben. Dabei wird nicht nur die benötigte Zeit vom Anstellen bis zum Ausstellen der Maschine bewertet, sondern auch, wie der Scherer mit dem Schaf umgeht und wie sauber er das Tier schert. "Das Ziel ist, eine möglichst lange Faser zu erhalten und deshalb die Wolle auf einmal abzuscheren", erläutert der frühere baden-württembergische Meister Felix Riedel. Die Richter bewerten die Schur um das gesamte Schaf herum und prüfen, wie viel Wolle stehen geblieben ist. Es geht um eine saubere Endqualität. Für nicht geschorene Wolle und gar Verletzungen gibt es Strafpunkte, ebenso für jeden zweiten Schnitt.

Erst kommt der Bauch mit der schlechteren Wollqualität dran

Die Scherer fangen am Bauch des Tieres an, um zuerst die schlechtere Wollqualität zu scheren. Die bei der Meisterschaft anfallende Wolle nimmt ein Wollhändler mit, denn deutsche Wolle ist kein Abfallprodukt, sondern hat ihren Wert und wird gebraucht, auch wenn sie nur schwer gegen die Weltmarktpreise konkurrieren kann. So sind die Meisterschaften auch ein Forum, auf die Probleme der Schafzüchter aufmerksam zu machen: "Wenn die Schafzucht weiterhin so zurückgeht, wird es schwierig, die Landschaft zu erhalten, das kostet dann Geld", betont Harald Höfel, deshalb sei es das Bestreben, auf die Problematik hinzuweisen, um damit dazu beizutragen, die Betriebe zu erhalten. Das unterstreicht auch Franz Keßler vom Landwirtschaftsamt. Es gehe darum, die heimische Schafhaltung zu unterstützen, indem der Verbraucher Schafprodukte wie Fleisch aus heimischer Produktion kaufe.

Für Wohlfarth ist deshalb die Politik am Zug, sich für die Schafzucht einzusetzen, was in ihren Augen dringend notwendig ist bei einem Rückgang von 30 Prozent bei der Zahl der Tiere und 28 Prozent bei der Zahl der Betriebe sowie einem Stundenlohn, der von 5,10 Euro in den vergangenen fünf Jahren über 4,80 Euro auf jetzt 4,27 Euro geschrumpft ist. Höfel, der den Beruf ergriffen hat, weil er gerne draußen ist und Tiere liebt, würde dennoch wieder als Schäfer anfangen, auch wenn er sich vor 30 Jahren alles etwas romantischer vorgestellt hat und niemals so sehr mit Bürokratie überladen. Sein und des Verbandes Anliegen ist es, dass die Schäferei auch weiter als eigenständiger Berufsstand existiert.

(hol). "Die Schafhaltung ist ein Teil der Landwirtschaft", sagt Franz Keßler. Deshalb ist der Leiter des Balinger Landwirtschaftsamtes mit seiner Behörde zusammen mit dem Umweltamt mit einem Informationsstand bei der Schafschurmeisterschaft vertreten, um die Veranstaltung zu nutzen, die Besucher über die Landwirtschaft zu informieren. "Die Leute sind interessiert", ist er sich sicher.

Die Schafzucht habe im Zollernalbkreis eine "starke Bedeutung": "Wir haben nach Reutlingen die meisten Schafe in Baden-Württemberg" – rund 16 000 Tiere, allerdings mit einer rückläufigen Tendenz. Etwa 70 Schafhalter betreuen jeweils mehr als 20 Schafe. 15 hauptberufliche Schäfer im Zollernalbkreis mit jeweils um die 500 bis 1000 Tieren, darunter elf Wanderschäfer, leben von dem Gewerbe. Von den insgesamt 20 000 Hektar Grünland im Kreis seien zehn Prozent Sommerschafweide. Die Tiere erhielten beispielsweise die Wacholderheiden und seien wichtig für die Artenvielfalt.

Die Standardrasse hierzulande ist das Merino-Landschaf. Auf dem Heuberg offeriert der Truppenübungsplatz eine besondere Schafweide. Gehalten werden die Schafe in erster Linie, um die Landschaft zu pflegen – daraus schöpfen die Schäfer auch ihr Haupteinkommen –, weniger wegen der Produkte. "Deshalb", so die Geschäftsführerin des Landesschafzuchtverbandes, Anette Wohlfarth, "sollte diese Arbeit dringend ordentlich bezahlt werden".

(hol). Bei der baden-württembergischen Schafschurmeisterschaft am 16. und 17. August in Heinstetten gibt es ein buntes Rahmenprogramm mit Woolhandling, Schauhüten, Bauernmarkt, einem Angebot für die Kinder, einem Konzert der Gruppe "Inside Out" am Samstagabend und einem Gottesdienst mit den Singenden Schäfern von der Zollernalb am Sonntag.

Start ist am Samstag um 14 Uhr mit Markt und dem Chor der zehn Singenden Schäfer. Um 15 Uhr beginnt dann die Schafschurmeisterschaft. Ab 19 Uhr spielt die Band "Inside Out" zum Tanz auf mit Musik für Menschen jeglichen Alters. Den Sonntag eröffnet um 10 Uhr eine Gottesdienst. Ab 11 Uhr ist Frühschoppen und Marktgeschehen, ab 11.30 Uhr Mittagessen, Kaffee und Kuchen. Die Titelkämpfe werden um 12.30 Uhr fortgesetzt. Für 16 Uhr ist das Schauhüten geplant und um 17 Uhr geht es zur Siegerehrung. Jetzt hoffen die Veranstalter auf gutes Wetter, da sich alles im Freien abspielt, und rechnen mit zwischen 1000 und 3000 Besuchern.

Im Rahmen der Meisterschaft veranstaltet der Verein deutscher Schafscherer am Sonntag ab 8.30 Uhr seine Mitgliederversammlung.