Im Profil eines Fundamentgrabens sind die Pfostenlöcher und Feuerstellen als schwarze oder rötliche Schicht deutlich zu erkennen. Diese stammen von einem alemannischen Grubenhaus. Foto: Berbalk Foto: Schwarzwälder Bote

Denkmalschutz: Wilfried Schübel und Jörg Berbalk spüren als Ehrenamtliche alte Siedlungshinweise auf

Thema Denkmalschutz: In Tieringen tritt die Vorgeschichte bei manchen Baumaßnahmen zutage. Deshalb sind ehrenamtliche Mitarbeiter im Einsatz, um die Bedürfnisse der Denkmalpflege zu sichern.

Meßstetten-Tieringen. Da bei Baumaßnahmen und landschaftsbaulichen Projekten oft auf die denkmalschutzrechtlichen Belange nicht ausreichend Rücksicht genommen wird, stützt sich das Landesamt für Denkmalpflege seit langem auf die Arbeit ehrenamtlicher Mitarbeiter vor Ort. Diese bewältigen in enger Abstimmung mit den Denkmalschutzbehörden und im Rahmen des Denkmalschutzgesetzes den Interessenkonflikt zwischen denkmalpflegerischen Auflagen und wirtschaftlichen Interessen der Bauträger, indem sie schnell, und meist ohne die Baumaßnahmen zu beeinträchtigen, Befunde dokumentieren und Funde sichern.

Helfer beobachten die Landschaft

Zudem ist es die laufende Aufgabe dieser Mitarbeiter, bekannte Fundstellen in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren und Veränderungen zu dokumentieren. Weiter beobachten sie Veränderungen der Landschaft, um unbekannte Bodendenkmale zu lokalisieren und informieren von Zeit zu Zeit die Öffentlichkeit über ihre Arbeit.

Wilfried Schübel und Jörg Berbalk sind zwei von vier offiziell ernannten ehrenamtlich Beauftragten in der archäologischen Denkmalpflege im Zollernalbkreis. Wilfried Schübel ist in dieser Funktion seit mehr als 25 Jahren im unteren Bezirk des Zollernalbkreises mit Schlichemtal, Kleinem Heuberg und dem Raum Balingen tätig. Jörg Berbalk seit drei Jahren gemeinsam mit Wilfried Schübel im Bereich der Gesamtstadt Meßstetten mit Obernheim und Nusplingen.

Dass sich genaues Hinsehen lohnt, zeigt der Ort Tieringen. Die beiden Ehrenamtlichen erweiterten innerhalb eines Jahres die archäologischen Altfunde des Ortes, die zumeist aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts stammen, beträchtlich und sicherten dadurch neue Erkenntnisse für die Orts- und Lokalgeschichte. So lokalisierten sie auf den Höhen um Tieringen eine unbekannte Höhensiedlung, die sich unzweifelhaft der mittleren Bronzezeit zuordnen lässt. Zudem maßen sie in der näheren Umgebung der bronzezeitlichen Siedlung mehrere Grabhügel neu ein und sicherten weitere, unbekannte Grabhügel. Die beiden stießen bei ihren Begehungen auch auf den Verlauf eines wohl mittelalterlichen Fahrwegs. Sie sammelten Hinweise für die Existenz von mindestens zwei mittelalterlichen und nicht mehr existierenden und völlig vergessenen Siedlungsplätzen auf der heutigen Ortsmarkung.

Doch nicht nur auf den Höhen und außerhalb des heutigen Ortes sind die beiden fündig geworden. Vor allem innerhalb des Ortes stellten sich interessante Funde ein. Eines von mehreren frühen Zentren des heutigen Dorfes lag unzweifelhaft im Bereich des heutigen Kindergartens.

Keramikscherben deuten auf eine Siedlung hin

Dort wiesen sie aufgrund von großflächigen Erdbewegungen in den vergangenen Monaten eindeutige Siedlungsspuren in Form von Keramikscherben, Eisenschlacken, Feuerstellen und Pfostenlöchern von Gebäuden nach. Sie beweisen eine großflächige Besiedlung seit mindestens der Bronzezeit über die römische und alemannische Epoche hinaus, bis weit in das sich anschließende Mittelalter.

Ein weiterer gesicherter Kristallisationspunkt der heutigen Gemeinde Tieringen lag, den neuesten Funden nach, an der Schlichem im Bereich der Schlichemstraße. Vorgeschichtliche Scherben und solche, die sich dem zwölften Jahrhundert nach Christus zuordnen lassen, sowie Eisenschlacken deuten auch dort unzweifelhaft auf eine alte Siedlungsfläche hin. Diese neuen Scherben sind bestens in einen Kontext zu den Altfunden aus dem dortigen Bereich zu bringen und bestätigen diese. Ein dritter möglicher Siedlungsbereich lag am Ursprung der Bära im Bereich der heutigen Paradiesstraße. Dort stellten die Experten im Erdaushub vorgeschichtliche Scherben sicher.

Neben der Betreuung ihrer Reviere leisten die beiden Ehrenamtlichen noch zusätzliche Sonderaufträge für das Denkmalamt. So kontrollieren sie laufend und flächendeckend die Burgstellen im Zollernalbkreis auf Oberflächenfunde. Die beiden ehrenamtlichen Denkmalpfleger beschränken sich bei ihrer Arbeit nicht nur auf die Auswertung und Dokumentation von Bodendenkmalen. Zusätzlich zu diesen ziehen sie archivalische Quellen heran und bringen diese in einen Kontext, der oft bis in die Gegenwart reicht. Um diese Ergebnisse abzusichern, stehen Schübel und Berbalk nicht nur die technischen Möglichkeiten und die uneingeschränkte Unterstützung der Denkmalbehörden zur Verfügung, sondern auch ein enges Netzwerk aus anerkannten Fachleuten.

Die so gesicherten Erkenntnissen stellen sie im Anschluss verschiedenen Fachgremien zur Verfügung. So werden diese Ergebnisse dann nicht selten zur Grundlage für Dissertationen sowie heimatgeschichtlichen Publikationen und Fachbeiträge. Dabei sind die beiden ehrenamtlichen Archäologen grundsätzlich an der Zusammenarbeit mit den Gemeinden interessiert.