Die 21-jährige Tabitha Krondorfer absolviert ein Praktikum in der Lea in Meßstetten. Foto: Zahner

Studentin Tabitha Krondorfer aus den USA arbeitet in Lea und war in Flüchtlingssiedlung in Uganda tätig.

Meßstetten - Von den USA über Uganda nach Meßstetten: Tabitha Krondorfer hat in den vergangenen Monaten viel erlebt und gesehen. Derzeit absolviert die 21-Jährige ein Praktikum in der Lea in Meßstetten. Ihre familiären Wurzeln liegen im Zollernalbkreis.

Zum Studieren gehören nicht nur Hörsäle, das heimische Arbeitszimmer, Klausuren und Partys. Praxis schlägt oftmals Theorie – vor allem, wenn man wie Tabitha Krondorfer Internationale Angelegenheiten und Menschenkunde studiert.

"Viele Leute reden über Dinge, obwohl sie nicht vor Ort waren", sagt Tabitha Krondorfer. Zu denen gehört die junge Frau nicht. Sie ging im Zuge ihres Studiums ins ostafrikanische Uganda, erst zwei Monate an eine Universität der Hauptstadt Kampala, dann sechs Wochen in eine rund 43 000 Einwohner große Flüchtlingssiedlung im Westen des Landes. Eine mutige Entscheidung – denn Gewalt an Frauen ist in diesen Lagern alltäglich.

Indes ist das liberale Land, das von Krisenherden umgeben ist, die letzte Hoffnung für zahlreiche Flüchtlinge – genau wie Deutschland. Tabitha sieht noch mehr Parallelen: "Beide Länder versuchen den Geflüchteten ihre Lebensweise näher zu bringen und sie so zu integrieren", sagt die Studentin. In der Flüchtlingssiedlung Kyangwali, nahe der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo, sieht Integration so aus: Die Ankömmlinge, hauptsächlich aus der Demokratischen Republik, dem Südsudan, Eritrea und Kenia bekommen ein Stück Land zugewiesen und alles notwendige, um eine Unterkunft zu bauen. "Das, was die Einheimischen auch haben", sagt Tabitha. Außerdem gibt es Reis und Bohnen. Je länger man im Land ist, desto kleiner werden die zugeteilten Säcke. Nach zwei Jahren müssen sich die Flüchtlinge selbst versorgen.

In der Lea in Meßstetten gelten andere Gesetze. Als "vorbildlich" bezeichnet die 21-Jährige die Aufnahme der Menschen. "Man versucht und unternimmt viel. Die Flüchtlinge bekommen Hilfe, wenn sie welche brauchen", sagt sie und verweist auf die gute ärztliche Betreuung. Der Kontakt nach Meßstetten kam über ihre Oma zustande, die in Balingen lebt. Tabithas Eltern gingen einst für ein Auslandsjahr in den USA. In Pennsylvania gefiel es ihnen so gut, dass sie entschieden, dort zu bleiben. Deutschland ist für die Studentin kein unbekanntes Pflaster. Alle zwei Jahre besuchte sie im Kindesalter ihre Großeltern. Zweimal in ihrem Leben – im Kindergarten und in der Schule – verbrachte sie jeweils ein Jahr in Berlin. Deshalb spricht sie hervorragend deutsch; nicht gerade ein Nachteil während ihres Praktikums in Meßstetten – zum Beispiel bei den Sprachkursen im Kindergarten oder im täglichen Diskurs mit den Mitarbeitern.

In den fünf Lea-Wochen hat Tabitha erlebt, was die Arbeiter vor Ort leisten und sie unterstützt. Angefangen hat sie bei der Sozial- und Verfahrensberatung. Diese ist unter anderem für Flüchtlinge zuständig, die ihre Familien suchen, Fragen zum Asylverfahren oder sonstige Probleme haben. In der zweiten Woche schaute sie sich die Ausländerbehörde an, die für die Ersterfassung zuständig ist und Aufenthaltstitel vergibt. Außerdem bekam sie einen Einblick in die Betreiberfirma, die sich um die Wäsche und sonstige Haushaltstätigkeiten kümmert.

Ebenso half sie in der Begegnungsstätte mit: Dort spielen Flüchtlinge und Deutsche zusammen Tischfußball und Minigolf, sitzen zusammen, trinken Kaffee und unterhalten sich. Abschließend schaut sich Tabitha nächste Woche Gemeinschaftsunterkünfte in Balingen, Isingen und Albstadt an.

Kontrastprogramm zu ihrem Aufenthalt in der ugandischen Flüchtlingssiedlung – ohne Dusche oder Strom. In den sechs Wochen hat die Studentin dort mit Mädchen und Frauen gesprochen. Sie hat untersucht, was die internationalen Organisationen unternehmen, um dem Problem – Gewalt gegenüber Frauen – zu begegnen.

Nächste Woche zurück in die Heimat

Ihr Ergebnis vieler Befragungen: "Die Frauen wissen gar nicht, wie es in anderen Ländern ist." "Als ich einer Frau erzählt habe, dass es in Amerika üblich sei, dass sich der Mann um die Frau kümmert, wenn sie krank ist, war das für sie unverständlich." Die Frauen müssten aber – davon ist Tabitha überzeugt – selbst aktiv werden, um etwas zu bewegen. Nachts traute sich die blonde Frau nicht aus ihrer Unterkunft. Tagsüber erhielt sie etliche Heiratsanträge und "Ich-liebe-dich"-Zurufe.

In einer Woche fliegt Tabitha zurück nach Saratoga Springs im Bundesstaat New York. Dort studiert sie am Skidmore College. Mit im Gepäck die Erkenntnisse, dass sie weiter auf Reisen gehen möchte, weiter forschen: Daten, Fakten, Geschichten sammeln, um diese dann den Politikern in den entsprechenden Ländern zu präsentieren und etwas zu ändern. Aber damit das funktioniert: "Muss man vor Ort sein!"