Härte oder Hilfe? – Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien suchen nach einer gemeinsamen Haltung und nach Einigungen mit mehreren Staaten Nordafrikas über Kernfragen der Flüchtlingspolitik, etwa die vielen Menschen, die auf der Mittelmeer-Route nach Europa sterben. Dieses Bild der italienischen Marine vom Dezember 2016 zeigt Flüchtlinge in schwerer Seenot. Foto:  

Die Abstimmung mit EU-Partnern und nordafrikanischen Regierungen wird allenfalls kleine Fortschritte in der Flüchtlingspolitik bringen. Dennoch ist sie notwendig, meint StN-Chefredakteur Christoph Reisinger.

Stuttgart. - Gerade das macht die Flüchtlingspolitik aus: Hier sind die Erwartungen der Bevölkerung besonders hoch, die Spielräume der Bundesregierung aber besonders eng. Daher kann nur enttäuscht werden, wer sich große Fortschritte verspricht von der Abstimmung der Kanzlerin mit ihren französischen, italienischen und spanischen Kollegen und von ihren gemeinsamen Verhandlungen mit Teilen der nordafrikanischen Nachbarschaft. Zu vielschichtig ist das Problem.

Welche Miliz soll Rechtsstandards garantieren?

Auch wenn das manche noch so gerne anders hätten und deshalb selbst den größten Blödsinn glauben. Etwa die Mär, mit irgendwelchen Lagern in Nordafrika lasse sich Massenzuwanderung kanalisieren, stoppen oder gar beenden. Welche von Hunderten lokalen Milizen in Libyen – ein gescheiterter Staat und zugleich Haupttransitland an der Sahara-Mittelmeer-Route nach Europa – soll die Sicherheit oder bestimmte Rechtsstandards in solchen Lagern garantieren?

Die Schwierigkeit besteht doch darin: Schleuser jagen, Zuwanderung bremsen, das liegt in Europas Interesse. Aktuell besonders in dem Italiens, das im ersten Halbjahr eine Rekordzahl ungebetener Zuwanderer verzeichnen musste und vor Neuwahlen steht. Die Staaten Nordafrikas hingegen kämpfen allesamt, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, mit anderen Schwierigkeiten: Instabilität, schwache Wirtschaft und Verwaltung, Bevölkerungsexplosion. Da hält sich die Neigung in Grenzen, auch noch die Probleme der EU zu den eigenen zu machen.

Kein Grund zum Aufgeben

Das ist kein Grund zur Resignation. Aber einer, Flüchtlingspolitik in kleinen Schritten mit realistischen Erwartungen zu betreiben und auf europäischer Seite mit einer Stimme zu sprechen. Und wenn es erst mal nur die von vier Staaten ist.

christoph.reisinger@stuttgarter-nachrichten.de