Gern wäre ich komplett zu Fuß auf den Kandel gekommen: Immerhin die letzten Meter von der Bushaltestelle bis zum Gipfel habe ich in bequemen Straßenschuhen und gut verpflastert zurückgelegt. Foto: Armbruster

Hinter Marco Armbruster liegen anstrengende Wandertage. Den Gipfel des Kandels hat er erreicht – allerdings ganz anders als geplant. Vor allem die zweite Etappe nach Waldkirch hatte es in sich.

Linker Wanderstock, rechter Fuß, rechter Wanderstock, linker Fuß – immer und immer wieder. Die Welt schrumpft auf den Meter vor mir zusammen. Ist der bewältigt, kommt noch einer und dann noch einer.

Bei jedem Schritt schmerzen die offenen Blasen – trotz Gelpflastern. Gleichwohl verlieren sich irgendwann meine Gedanken. Je weniger ich denke, desto erträglicher wird das Stechen in meinen Fersen. Es geht nur darum, einen Schritt vor den anderen zu setzen: linker Stock, rechter Fuß, rechter Stock, linker Fuß.

Wiesen, Wälder und Felder ziehen vorbei. Schritt für Schritt erklimme ich die nächste Anhöhe. Glücksgefühle durchfluten mich, als ich das Panorama genieße: rechts liegt der Kaiserstuhl in der Rheinebene, links erhebt sich bereits der Kandel über dem Elztal – ich schaue nur kurz.

Weil wieder loszulaufen schmerzhafter ist, als gar nicht erst stehenzubleiben, mache ich kaum Pausen. Mit zusammengebissenen Zähnen und zerschundenen Füßen schaffe ich es am Nachmittag des zweiten Wandertags nach Waldkirch. Hinter mir liegen 23 zermürbende Kilometer.

Frustlevel am zweiten Abend ist riesengroß

Bereits am frühen Abend zeichnete sich dann die bittere Erkenntnis ab: Zu Fuß werde ich es nicht auf den Kandel schaffen. Dabei war er so nah, ragte direkt oberhalb des Städtchens an der Elz auf. Vom Marktplatz hatte man einen guten Blick auf den rund 1400 Meter hohen Gipfel. Der Frustpegel war hoch, vor allem weil ich nicht an meiner Fitness zu scheitern drohte. Und das nach monatelanger Vorbereitung!

Der Kandel – hier der Blick vom Waldkircher Marktplatz – war schon Sichtweite, mit wund gelaufenen Fersen war der knackige Aufstieg von rund 1000 Höhenmetern auf acht Kilometer aber nicht zu machen Foto: Armbruster

Drei Mal ging ich in die Apotheke am Platz. Ich verhandelte regelrecht mit einer Mitarbeiterin, wie ich meine blutigen, offenen Fersen irgendwie so verarztet bekomme, dass es an Tag drei meines Trips doch weitergehen könnte – ohne viel Erfolg.

Dabei hatte alles gut angefangen: Die ersten 26 Kilometer und rund 1000 Höhenmeter von Gengenbach bis Höhenhäuser oberhalb Biederbachs hatte ich gut weggesteckt. Das Wetter war ideal, bewölkt aber trocken und nicht zu heiß. Die Wanderung an der Hohengeroldseck vorbei, entlang des Höhenzugs zwischen Kinzig- und Schuttertal lief gut. Die letzten 200 Höhenmeter über den Geisberg hatten es in sich.

Der Verlauf des Kandelhöhenwegs ist mit einem weißen K in einer roten Raute markiert. Foto: Armbruster

Ich war zwar völlig erschöpft im Höhengasthaus zum Kreuz angekommen, am nächsten Morgen ging es mir aber erstaunlich gut. Nur die schmerzhaften offenen Blasen an den Fersen gaben mir zu denken. Dabei hatte ich mir die am ersten Tag vorsorglich schon abgeklebt – zwecklos.

Am zweiten Tag machte ich mich ebenfalls mit Blasenpflastern gepolstert auf den Weg. Das Ergebnis am Abend war fatal. Am Morgen des Dritten Tages kam ich kaum in die Wanderstiefel. Die 18 Kilometer über den Kandel bis St. Peter zu Fuß zurückzulegen war undenkbar. In bequemen Straßenschuhen und den Wanderstiefeln im Rucksack humpelte ich schließlich zum Waldkircher Bahnhof.

Sobald die Fersen verheilt sind, wird die Etappe nachgeholt

Mit Bahn und Bus – anstatt zu Fuß – kam ich schließlich auf den Kandel. Die letzten 400 Meter zum Gipfel biss ich noch einmal die Zähne zusammen, um zumindest nicht gänzlich zu kapitulieren. Die Aussicht rundherum war phänomenal: Von Freiburg, über den Kaiserstuhl bis weit übers Elztal hinaus nach Nordwesten.

Bei dem Panorama konnte die Stimmung natürlich nicht im Keller bleiben – Hochgefühle kamen aber auch nicht gerade auf. Mit dem Bus ging es weiter nach St. Peter, die Übernachtung dort war ja gebucht. Immerhin folgten zwei schöne und vor allem entspannte Tage im Schwarzwald-Idyll.

Unterm Strich war meine Wanderung auf dem Kandelhöhenweg eine tolle Erfahrung. Trotz Schmerzen hat er Spaß gemacht. Und nebenbei habe ich den ein oder anderen Lerneffekt mitgenommen: Die Wanderstiefel werde ich beispielsweise versuchen, noch besser einzulaufen. Und für die nächste Tour werde ich das Gepäckgewicht reduzieren. Und eins steht schon fest: Sobald die Fersen verheilt sind, hole ich die Etappe von Waldkirch nach St. Peter nach.

So geht’s weiter

Nachdem sich drei Redakteure, Jonas Köhler beim Sonnwendlauf, Julia Göpfert beim Zalando-Firmenlauf und ich auf dem Kandelhöhenweg, ihren sportlichen Herausforderungen gestellt haben, steht noch eine Teilnehmerin bei „LZ bewegt sich“ aus: Nadine Goltz wird sich am kommenden Wochenende, 29. und 30. Juli, den 100 Kilometern des Mammutmarschs in München stellen. Sie will die Strecke innerhalb von 24 Stunden zurücklegen.