Der Adrionshof in Ödenwald bei Loßburg wird im "Tatort" zum Lorenzhof. Foto: Maria Hopp

Neue Folge wird in altem Schwarzwaldhotel gedreht - geheimnisvoll auch für die Schauspieler. Mit Video

Loßburg - "Es sind noch sechs Drehtage, und ich weiß immer noch nicht, wer der Mörder ist." Ulrike Folkerts tappt als Kommissarin Lena Odenthal im Dunkeln – und das ist bei den Dreharbeiten für den neuen "Tatort" nicht gespielt.

Echt – das ist in der neuen "Tatort"-Folge mit dem Arbeitstitel "Waldlust" nicht nur der morbide Charme des alten Adrionshofs in Ödenwald bei Loßburg (Kreis Freudenstadt), an dem unübersehbar der Zahn der Zeit nagt.

Echt ist auch der Wissensstand, mit dem die Schauspieler in den einzelnen Szenen agieren. Improvisation heißt das Zauberwort. "Ich liebe Überraschungen", sagt Regisseur Axel Ranisch. "70 Prozent der Szenen sind am Schluss anders als gedacht." So gibt es wie bei seinem ersten Ludwigshafener "Tatort", der unter dem Titel "Babbeldasch" am 26. Februar ausgestrahlt wird, keine vorgegeben Dialoge – die Schauspieler müssen die Worte spontan finden. Echt ist auch die zeitliche Abfolge im Film: Die Szenen werden chronologisch gedreht. "Wir kennen die Szenen und Abläufe", sagt Folkerts, "nicht aber den Hintergrund der Geschichte und vor allem deren Ausgang". Da ist die Versuchung groß, in den Drehbüchern des Fernsehteams zu spicken. Denn die Mitarbeiter des Südwestrundfunks (SWR) hinter der Kamera wissen alles. Die Schauspieler stoßen in ihrer Drehbuch-Version jedoch auf viele geschwärzte Stellen. Spontaneität ist gefragt, weiß auch Lisa Bitter, im Film Odenthals Ko-Kommissarin Johanna Stern: "Da finden sich dann Anweisungen wie: ›Zwei Personen unterhalten sich über etwas.‹" Peter Espeloer, im "Tatort" der Kriminaltechniker Peter Becker, sagt: "Das Schöne ist: Wir müssen keinen Text lernen. Das Schwierige ist: Wir müssen keinen Text lernen!" Das Improvisieren sei mindestens so anstrengend wie der Auftritt mit vorgegebenem Text. Es bringe aber Authentizität.

Dem Ludwigshafener Team wird in dem neuen "Tatort" ein Fortbildungswochenende in einem einsam gelegenen Schwarzwaldhotel aufgebrummt – im Lorenzhof, wie der Adrionshof im Film heißt. Die Kommissare und ihr Team leben bei der Fortbildung spartanisch – ohne Handy, ohne Alkohol, rein vegetarisch.

Laut Folkerts werden diese Regelnaber fleißig durchbrochen. Als die Ermittler beim Abendessen im Blumenkohl auf menschliche Knochensplitter stoßen, erwacht ihre Neugier. Das Mysterium beginnt. In Einmachgläsern finden die Kommissare Teile einer alten Leiche. Vor 27 Jahren ist ein Mord passiert, der nie richtig aufgeklärt wurde. Zudem saß der Inhaber des Hotels zwölf Jahre lang unschuldig im Gefängnis.

Für Ausgabe eigens eine Sinfonie komponiert

Als Dauergast wohnt die alte Schauspielerin Lilo Viardot im Lorenzhof. Ihr Reich der Erinnerung ist dort das stillgelegte Schwimmbad. Es ist vollgestellt mit alten Möbeln, pompösen Vasen und weiterem schmückendem Beiwerk aus der längst vergangenen Glanzzeit der Schauspielerin. Gespielt wird die alte Diva von Ruth Bickelhaupt. Die 95-Jährige ist die Oma von Axel Ranisch.

Für die neue "Tatort"-Folge schrieb die Komponistin Martina Eisenreich gleich eine Sinfonie. Wären die "Tatort"-Macher bei ihrer langen Suche nach einem geeigneten alten Schwarzwaldhof nicht in Ödenwald fündig geworden, gäbe es diesen "Tatort" wohl nicht: "Der erste Schlüssel war das Haus", sagt Redakteurin Katharina Dufner, "der zweite die Musik." Regisseur Ranisch ist ein bekennender "Klassik-Nerd". Die Sinfonie entsteht parallel zu den Dreharbeiten – die Komponistin liefert nach und nach die Teile der vier Sätze.

Wenn die Dreharbeiten für den neuen "Tatort" Ende Februar abgeschlossen sind, weiß auch die Chefermittlerin, wer der Mörder ist. Die Zuschauer müssen sich noch ein Jahr gedulden. Freuen können sie sich nicht nur auf den Fall, sondern auch auf prächtige Luftaufnahmen. "Der Schwarzwald wird auf mystische Weise in Szene gesetzt", sagt Ranisch.

In Wirklichkeit leben die Schauspieler natürlich in einem richtigen Hotel - nämlich in der Traube in Loßburg. Wir waren dort und haben mit dem Inhaber gesprochen.