Ein friedliches Bild: Schafe weiden rund um den Hof der Schäferei Fehrenbacher. Fotos: Günther Foto: Schwarzwälder Bote

Beruf: Für Schäfer in Loßburg und in Lombach ist trotz viel Arbeit kein anderer Lebensentwurf vorstellbar

Nur noch 110 Betriebe existieren in ganz Baden-Württemberg, vier davon gibt es im Kreis Freudenstadt und gleich zwei sind in der Gemeinde Loßburg zu finden: Es geht um Schäfereien, die im Vollerwerb betrieben werden.

Loßburg. In Loßburg ist dies die Schäferei Fehrenbacher und in Lombach die Schäferei Holzapfel. Was ihre Art der Schafhaltung anbelangt, arbeiten beide Betriebe jedoch völlig unterschiedlich, beide Schäfereien haben jedoch auch viele grundlegende Gemeinsamkeiten. So erklärten Mitglieder der beiden (Groß-)Familien übereinstimmend, dass für sie kein anderer Lebensentwurf als der des Schäfers vorstellbar ist.

Arbeitstag in der freien Natur

Beschrieben wird da der tägliche Umgang mit den friedlichen Tieren, das enge Verhältnis zu den selbst ausgebildeten Hunden und die Befriedigung, die schöne Umgebung mit der eigenen Schafherde umweltschonend pflegen zu können, aber auch die Möglichkeit, den Arbeitstag in der freien Natur verbringen zu können.

"Schäferleben, von Gott gegeben", zitiert Karl Holzapfel eine alte Schäferweisheit. Wobei sich im Gespräch mit den beiden Familien auch zeigt, dass diese positive Betrachtung nur eine Seite der Medaille ist. Denn da gibt es auch die andere Seite: enorme Arbeitsbelastungen, zu denen eine Sieben-Tage-Woche an 365 Tagen des Jahres gehört und lange Schlechtwetterperioden mit Regen und Kälte, in denen der Schäfer trotz unwirtlicher Bedingungen bei seiner Herde bleibt. Zur anderen Seite der Medaille gehören auch die stetig sinkenden Erträge beim Verkauf der Lämmer, der Wolle und der Felle und das Auf und Ab der Zuschüsse für die Landschaftspflege und den geringen Verdienst geduldig hinzunehmen. Dazu kommen immer schwierigere Hütebedingungen, sei es durch die zunehmende Zersiedelung der Landschaft, sei es durch die Zunahme des Verkehrs, durch vermehrte Bürokratie, aber auch durch den Wolf. Zwar hat der bisher in Loßburg noch keinen Schaden angerichtet, aber die Bedrohung ist da.

Eine weitere Gemeinsamkeit der beiden Loßburger Schäferdynastien: Urlaubsreisen gibt es keine; ein Umstand, den sie allerdings nicht bedauern. Ein großes Reiseziel hat allerdings Schäfer Karl Holzapfel: "Ich möchte einmal im Leben das Meer sehen." Das hat Schäfer Leo Fehrenbacher bereits gesehen, denn er ist einmal nach England gereist. Allerdings nicht der Sehenswürdigkeiten wegen, sondern um dort die Schafherde eines Verwandten zu hüten. "Danach war ich allerdings völlig erledigt, das hat mir gereicht", fasst Fehrenbacher seine Reiseerfahrung zusammen. Was Fehrenbacher aber gerne macht, ist lesen, auch wenn er dazu nicht viel Zeit hat. Aber wenn seine Schafe friedlich fressen, zieht er schon mal eine mitgebrachte Lektüre aus seiner Schäferkutte.

"Kleine Fluchten" aus dem Alltag gönnen sich auch alle Loßburger Schäfer-Ehepaare wenn immer möglich: Dazu gehören gemeinsame Fahrten zu den Bockauktionen nach Herrenberg oder ins bayrische Ansbach, oder der gemeinsame Ausflug zum Gerber nach Schiltach. Spontane Auszeiten ergeben sich auch, wenn beim Schafhüten Einheimische mit einer Tasse Kaffee vorbeikommen, um ein wenig zu plaudern und um den Schäfer zu begrüßen, der mit seiner Schafherde auf Wanderschaft ist und wie jedes Jahr die Gemeindeflächen beweidet.

Schäfer Leo Fehrenbacher beweidet den ganzen Sommer und Herbst über mit seiner Herde in standortgebundener Hütehaltung die Flächen rund um Loßburg, an der Freudenstädter Bacherkreuzung, in Dornstetten, Aach und Grüntal, Bruder Otto Fehrernbacher hütet derweil auf dem Münsinger Truppenübungsplatz die anderen Schafe. Als Sommerquartier hat Otto Fehrenbacher dort einen auf einem Bauernhof abgestellten Wohnwagen bezogen. Denn längst übernachten Schäfer nicht mehr in einem Schäferwagen, wie Ehefrau Doris verrät: "Ein bisschen Zivilisation möchte man doch haben." Doris Fehrenbacher, die laut eigenen Angaben "eigentlich ein reines Stadtkind war", arbeitet zusammen mit ihrer Schwägerin Gudrun das ganze Jahr über mit auf dem Hof und im Stall.

Kinder und Enkel helfen gerne mit

Der dritte Mann im Familienbetrieb ist Thomas Fehrenbacher, er ist zuständig für die Technik, die Maschinen und die Futtergewinnung. Aber auch alle Kinder und Enkel helfen in ihrer Freizeit ständig, gerne und selbstverständlich mit. Wenn der Sommer zu Ende geht wandern Schäfer und Schafherde ins wärmere Rheintal hinunter bis zum Europapark. Auch dabei ist die Hilfe der Ehefrau unverzichtbar: Dazu gehört, die Wegstrecke parallel mit Auto samt Anhänger zu begleiten oder beim Überqueren stark befahrener Straßen zu helfen. Über diese oft gefährlichen Situationen und über vermehrt uneinsichtige Hundebesitzer sagt Doris Fehrenbacher: "Das ist manchmal nicht lustig."

Ein anderes Betriebskonzept verfolgen dagegen Karl und Christel Holzapfel in ihrer Schäferei, die überwiegend Koppelschafhaltung betreiben. Dazu zäunt Karl Holzapfel mit Netzen große Flächen ein. In diesen Koppeln rund um Lombach, Dietersweiler, Glatten und Neuneck weiden seine Herden je nach Futtervorkommen etwa zwei bis drei Tage. "Da bleibe ich fit, andere fahren Fahrrad, das brauche ich nicht", beschreibt Karl Holzapfel die schweißtreibende Arbeit des Koppelns.

Unterstützt wird der Schäfer bei Bedarf von Sohn Karl-Heinz und Enkeltochter Vanessa, die beide auch eigene landwirtschaftliche Ideen mit in den Betrieb einbringen: So züchtet Karl-Heinz Holzapfel Waliser Schwarzschafe, eine vom Aussterben bedrohte alte Schafrasse und hält Schwäbisch Hällische Schweine. Vanessa baut sich gerade ihre eigene kleine Rinderherde auf.

Wenn es um Gemeinsamkeiten der beiden Loßburger Schäferdynastien geht, dürfen zwei Dinge nicht unerwähnt bleiben: Lammfleisch wird sehr gerne gegessen, jeweils zubereitet nach alten Familienrezepten. Und allen gemeinsam ist der Erhalt der Umwelt sehr wichtig, daher wirtschaften beide Schäfereien naturnah und nachhaltig.