Juliane Kahra (links) und Fabienne Riedlinger bemalen ein 20-er-Schild, mit dem sich die Narrengruppe auf 2022 vertröstet: "Legenden werden wir nächstes Jahr".Foto: Bächle Foto: Schwarzwälder Bote

Brauchtum: Lange Fasnet-Tradition, in der die 20-er Löffingens besondere Aufgaben übernehmen, muss verschoben werden

20-Jährige haben in der Löffinger Fastnacht eine Sonderstellung. So ist es für jeden Löffinger Jugendlichen eine Ehre, ein Zwanziger zu sein und bei den Laternenbrüdern aufgenommen zu werden. Doch dieses Jahr ist alles anders und die 20-er trauern.

Löffingen. Im kommenden Jahr aber, das verspricht Narrenvater Sven Seidel, werden sie bei der 20-er-Zeremonie mit dabei sein. Fabienne Riedlinger und Juliane Kahra sind derzeit dabei, das 20-er Schild zu bemalen, welches Melina Grohmann bereits grundiert und Pit Isele bereits entworfen hat. "Eines ist klar – Legenden werden wir nächstes Jahr", so kann man es bald auf dem Schilde lesen, welches im Städtle aufgehängt wird.

Bereits vor 1914 hatten die Zwanzigjährigen das Vorrecht, den Narrenbaum auf dem Latschariplatz vor dem Café Fuß aufzustellen. Ursprünglich, so Fastnachtsforscher Rudolf Gwinner, war dies den Rekrutenjahrgängen vorbehalten. Diese Heraushebung der Rekruten war nicht fremd, wie Volkskundler herausgefunden haben. Im Baarstädtchen war diese gesellschaftliche Anerkennung mit der so wichtigen Narrenzeremonie verbunden.

Schon vor dem Schmutzige Dunschdig gehen die 20-er zusammen mit dem Förster in den Wald, um den Narrenbaum auszusuchen und mit fachmännischer Unterstützung zu fällen. Der 24 Meter lange Narrenbaum wird geschält, geschmückt um dann am Schmutzige Dunschdig von der Linde durchs Städtle getragen. Begleitet von der Stadtmusik, Hansili, Narrenpolizei und Narrenrat wird der Baum vor den kritischen Augen des Narrenvolks aufgestellt.

Held der Fasnet

Der Held der Fastnacht ist derjenige der in rund zwölf Meter Höhe die Zugseile lösen kann. Zwar ist er mit Gurt gesichert, doch es erfordert schon eine sportliche Höchstleistung, die Seile in luftiger Höhe zu lösen. Dann werden die 20-er unter dem Baum auf die Laterne vereidigt. "Linke Hand aufs rechte Herz! Rechte Hand auf die Laterne!", so beginnt dieser Fastnachts-Eid. Seit 1927 gibt es diesen Löffinger Schwur. Vom Schmutzige Dunschdig bis zum "Alte Fasnetsundig" haben sie diese Sonderstellung. Gut erkennbar sind sie durch den blauen Fuhrmannskittel und das große Holzschild um den Hals.

Der Narrenbaum ist bis Aschermittwoch der Stammbaum aller Narren. Seiner interessanten Bedeutung ging der Löffinger Fastnachtsforscher Rudolf Gwinner auf den Grund. Oft werde der Narrenbaum als ein Symbol des Widerstands gegen alle Gewalt und Vorschriften gesehen.

Nach volkskundlicher Beschreibung gilt der Baum seit jeher als Symbol neuen Lebens, der Kraft und Fruchtbarkeit (so wie auch Maienbaum und Kirchweihbaum). Mancher Fastnachtskundler greift zunächst die Verwendung einer Tanne oder Fichte für den Narrenbaum auf. Begründet wird dies mit dem Hinweis, dass unsere germanischen Vorfahren diesen immergrünen Bäumen eine besondere Lebenskraft zugeschrieben haben.

Das Aufstellen eines solchen Baumes im Winter bedeutete vermutlich die Symbolisierung des Unsterblichen, des Unzerstörbaren und des immer grünenden Lebens. So könnte sich aus diesem Lebensbaum der Narrenbaum entwickelt haben, unter dem sich auch wie früher unter der alten Gerichtslinde das Narrengericht abspielte.

Den Brauch, einen Narrenbaum zu stellen, soll es in Stockach seit 1799 geben. Die neueste Fastnachtsforschung hat festgestellt, dass schon 1449 an der Nürnberger Fastnacht ein Laubbaum mit an den Zweigen befestigten Spiegeln beim Umzug mitgetragen wurde. Dieser Laubbaum gehörte zu einem Fasnachtstanz der Nürnberger Metzger. Im 16. Jahrhundert folgen Darstellungen, auf denen an Narrenbäumen statt Früchten Narren wachsen. Die Stadt Mülheim an der Ruhr berichtet, dass im 15. Jahrhundert während die Metzgergilde einen Narrenbaum als Stammbaum aller Narren errichtete.