Historiker Jörg Waßmer steht vor dem Haus in der Vorstadtstraße 9. Hier wuchs Kilian Götz auf. 1943 wurde er ermordet. Um an ihn zu erinnern, wird hier am Dienstag, 2. Juli, auf Waßmers Initiative hin der erste Löffinger Stolperstein verlegt. Foto: Bächle Foto: Schwarzwälder Bote

Geschichte: Künstler Demnig verlegt Stein für Kilian Götz / Historiker Jörg Waßmer erinnert an Naziopfer

Löffingen bekommt den ersten Stolperstein, ein Erinnerungsstein an den Kleinkriminellen Kilian Götz, der für seine Vergehen 1943 mit dem Tod bestraft wurde.

Löffingen. Der Historiker Jörg Waßmer hatte anlässlich des 75. Todestags von Kilian Götz nicht nur die Lebensgeschichte des Löffingers aufgearbeitet und in der Stadt vorgestellt, sondern auch einen Stolperstein angeregt. Der Stolperstein soll am 2. Juli im Rahmen einer Gedenkfeier in Löffingen an der Vorstadtstraße verlegt werden.

Kein Vorbild, aber Opfer

Die Vorgeschichte: Im vergangenen Jahr jährte sich zum 75. Mal der Todestag von Kilian Götz, der 1897 in Löffingen geboren wurde. Ein für viele Löffinger unbekanntes Schicksal, welches der Historiker Jörg Waßmer im Baarstädtchen vorstellte. Der 41-jährige Waßmer, der in Löffingen aufwuchs, regte damals an, am Geburtshaus von Kilian Götz an der Vorstadtstraße einen Stolperstein zu verlegen. Die Zuhörer unterstützten das Vorhaben mit Geldspenden, und auch Bürgermeister Tobias Link begrüßte das Projekt. Zwar sei Kilian Götz kein Vorbild, aber zweifelsohne ein NS-Opfer, hatte Link damals angemerkt. Nach einer nichtöffentlichen Diskussion im Gemeinderat kam im Juli 2018 vom Gemeinderat und dem Hausbesitzer die Zustimmung, einen solchen Stolperstein an der Vorstadtstraße anzubringen.

Der Kölner Künstler Gunter Demnig wird nach Löffingen kommen, um den Stolperstein zu verlegen. Seit 1992 hat es der Künstler sich zur Aufgabe gemacht, an die Opfer der NS-Zeit mit einer im Gehweg eingelassenen Messingtafel zu erinnern. Über 70 000 Steine hat Gunter Demnig schon verlegt, in Deutschland rund 53 000 Steine. Demnig wird am gleichen Tag wie in Löffingen auch Stolpersteine in Korntal-Münchingen verlegen und dann nach Singen und Aalen fahren. "Die quadratische Messingtafel ist nur wenige Zentimeter groß. Und doch ist der Stein ein sichtbares Zeichen, dass die Erinnerung an Kilian Götz nach Löffingen zurückkehrt", sagt Waßmer.

Stigma als uneheliches Kind

Vor 122 Jahren kam Kilian Götz als Sohn der ledigen Dienstmagd Sophie Götz zur Welt. "Ein Tag nach der Geburt wurde das illegitime Kind in der katholischen Pfarrkirche getauft und wuchs dann bei den Großeltern an der Vorstadtstraße auf", schildert Jörg Waßmer. Als uneheliches Kind hatte es Kilian Götz nicht leicht, das Stigma haftete lebenslang an ihm. Zu seiner Mutter und den Halbgeschwistern, die in Seppenhofen wohnten, hatte er Kontakt und so war Löffingen seine Heimat, obwohl der in Freiburg, später im Allgäu lebte. Bereits mit 22 Jahren begann seine Kleinkriminellenlaufbahn mit Diebstählen und Betrügereien. Seine Strafen verbüßte er in Gefängnissen, Zuchthäusern und Arbeitshäusern. Die Nationalsozialisten stempelten ihn als Gewohnheitsverbrecher ab.

Dies änderte sich 1942, als er letztmalig vor Gericht stand. Der Richter verurteilte ihn zu einer dreijährigen Zuchthausstrafe und anschließender Sicherungsverwahrung. Während er in Haft saß, vereinbarten laut Waßmer der Reichsführer-SS Himmler und Reichsjustizminister Thierack, die Gefangenen in Konzentrationslager zu verschleppen zur Vernichtung durch Arbeit. Der 45-jährige Kilian Götz kam am 6. Januar 1943 in das KZ Neuengamme als Häftling Nummer 133 69. Neun Tage später war er tot.

Am Dienstag, 2. Juli, soll um 16 Uhr in einer kleinen Gedenkfeier der Stolperstein an der Vorstadtstraße zum Gedenken an Kilian Götz verlegt werden. Der Bauhof übernimmt die Vorarbeiten, Bürgermeister Tobias Link wird die Feier eröffnen, zu der alle Einwohner eingeladen sind. Auch Jörg Waßmer ist vor Ort und wird aus dem letzten Brief von Kilian Götz an seine Schwester in Seppenhofen vorlesen. Götz schrieb ihn einen Monat vor seinem Tod, der Brief wurde allerdings zensiert und nie abgeschickt.