Über der Schließung des Gasthauses "Wilhelmshöhe" in Sulzbach weht ein Hauch Wehmut mit. Fotos: Borho Foto: Schwarzwälder-Bote

Gasthaus Wilhelmshöhe: Am 23. Dezember letztmals geöffnet / Seit 1898 in vierter Familien-Generation

Mit der Schließung des Gasthauses "Wilhelmshöhe" verliert Sulzbach eine gesellschaftliche Institution.

Lauterbach-Sulzbach. Die Eheleute Werner und Euphemia Roming haben ihren Entschluss zwar seit langem angekündigt, doch so recht glauben wollte man es eigentlich nicht. Jetzt am Freitag, 23. Dezember ist es soweit. Unwiderruflich.

Um das Traditionsgasthaus ranken sich zahlreiche Geschichten und Anekdötchen. So verdankt das Gasthaus "Wilhelmshöhe" seinen Namen Kaiser Wilhelm II. (1859-1941). Das urkundlich 1870 erstmals erwähnte Gasthaus stand zunächst auf dem Sulzbacher Diesenhof und beherbergte drei Familien. 1883 ging der Besitz von Ferdinand Fehrenbacher auf Wilhelm Broghammer, Sohn des damaligen Bürgermeisters Matthäus Broghammer vom Finsterbacherhof, über.

Nur Bier und Schnaps

Der bekannte Sulzbacher Heimatforscher Josef King weiß zu berichten, diese beiden Wirte hätten nur eine Konzession zum Ausschank von Bier und Schnaps gehabt. Dies habe Wilhelm Broghammer dazu veranlasst, beim Oberamt Oberndorf die Erweiterung der Konzession auch zum Ausschank von Wein zu beantragen.

Das Oberamt habe daraufhin den Lauterbacher Gemeinderat um eine Stellungnahme gebeten und vor allem, ob der Antrag Broghammers begründet sei. Der Gemeinderat habe den Antrag mit der Begründung abgelehnt, es bestünden bereits drei Wirtschaften, die auch Wein und Most ausschenkten.

Alle Wege treffen sich

Daraufhin habe sich Broghammer an den örtlichen Pfarrer Laurentius Sieger gewandt, der einen fünfseitigen Brief an die Kreisregierung Reutlingen, als vorgesetzte Behörde des Oberamtes Oberndorf, geschrieben habe. Darin sei angeführt worden, von der Schule bis zur "Wilhelmshöhe" seien es 180 Schritte und des Weiteren würden alle Wege Sulzbachs an der "Wilhelmshöhe" vorbeiführen. Innerhalb von nur drei Tagen habe die Kreisregierung dem Oberamt mitgeteilt, die Konzession könne auch zum Ausschank von Wein ausgeweitet werden.

Beim Brand 1897 zog sich der Eigentümer Wilhelm Broghammer bei den Löscharbeiten eine Lungenentzündung zu, an der er einige Tage später verstarb. Witwe Juliana heiratete 1898 Raimund Roming. Das neu erstellte Gebäude an der Sulzbacher Straße diente auch der Landwirtschaft und um das Jahr 1900 wurde eine Kegelbahn angebaut.

Saal statt Kegelbahn

Der 1897 geborene Franz Roming wurde 1920 neuer Besitzer und nach dessen Tod 1945, ging der Besitz an die Witwe Klara Roming über. Sohn Max Roming und Ehefrau Maria übernahmen die "Wilhelmshöhe" 1950, bauten die Kegelbahn wieder ab und einen kleinen Saal an. 1972 wurde die Landwirtschaft aufgegeben.

Sohn Werner und Ehefrau Euphemia übernahmen die "Wilhelmshöhe" am 1. Januar 1977, also quasi vor exakt vier Jahrzehnten. Beide lernten sich in der Schweiz kennen.

Küchenmeister Werner Roming orientierte sich beruflich im Laufe der Jahre wiederholt neu und arbeitete unter anderem auch in der Schweiz, wie die im Hotel "Krone" in Lech am Arlberg zur Restaurationsfachfrau ausgebildete, spätere Ehefrau Euphemia.

1981 erfolgte ein größerer Umbau mit neuen Toiletten, Zentralheizung und neuem Treppenaufgang. Im Jahr 1990 kam eine Terrasse hinzu. Werner Roming machte sich von 1996 bis 2010 mit gefragten Kutscherfahrten bei Kurgästen einen Namen.

Stammlokal der Vereine

Die "Wilhelmshöhe" empfahl sich zu sämtlichen Familien- und Vereinsfeiern, des Weiteren als beliebtes Ausflugslokal und Versammlungsort zahlreicher Vereine, über Sulzbach hinaus. Die Sulzbacher Vereine Männergesangverein "Sängerlust", Musikverein "Harmonie", Narrengesellschaft "Hooriger Hund" und der Junggesellenverein bezeichnen die "Wilhelmshöhe" als ihr Stammlokal. Ihre traditionellen Schlachtplatten genießen über die heimische Region hinaus einen ausgezeichneten Ruf. Da sich die beiden Kinder beruflich anderweitig orientiert haben, erscheint die Schließung indes alternativlos. Dies allerdings mit einem weinenden und lachenden Auge. Zum einen erinnere man sich an eine wirklich schöne Zeit, andererseits seien die vier Jahrzehnte nicht spurlos an einem vorüber gegangen. Man habe inzwischen das Rentenalter erreicht und gesundheitliche Probleme machten sich vermehrt bemerkbar. Man habe in den vier Jahrzehnten höchstens dreimal ausgiebig Urlaub machen können, bemerken die beiden sympathischen Wirtsleute.

Keine Langeweile

Langeweile komme künftig sicherlich nicht auf, zumal vier Enkel zu versorgen sind und endlich "lauter Sachen gemacht werden können, für die bislang die Zeit fehlte". Die Pflege der Gesundheit hat oberste Priorität.

Ihren Abschied verbinden sie mit den philosophischen Gedanken: "Unsere Lebensreise geht weiter…denn alles hat seine Zeit und nichts ist für die Ewigkeit."

Mit ihrer Schließung fügt die "Wilhelmshöhe" dem "Gasthaus-Sterben" landauf landab ein weiteres Kapitel hinzu. In Sulzbach stimmt dies insofern wehmütig, als mit dem Gasthaus "Hasen", der "Neuen Brücke" bereits zwei beliebte Ausflugslokale dichtmachten und auf Sulzbacher Gemarkung keine Einkehrmöglichkeit mehr besteht. Nach Schließung des Gasthauses "Moosenmättle" auf der angrenzenden Gemarkung Wolfach-Kirnbach, kommt so wohl künftig dem Gasthaus "Heuwiese" auf der naheliegenden Gemarkung Schiltach besondere Bedeutung zu.