Heidrun Stocker verlässt die evangelische Kirchengemeinde in Lauterbach nur ungern, ist sie hier doch fest verwurzelt. Foto: Dold Foto: Schwarzwälder Bote

Kirche: Heidrun Stocker verlässt Lauterbach nach 16 Jahren / Wiederbesetzung der Stelle noch offen

Langsam, aber sicher beschleicht Heidrun Stocker Wehmut: Sie sitzt auf gepackten Koffern, um ihre Zelte in Lauterbach und Schramberg abzubrechen. Doch zuvor steht am Samstag, 18. August, die Verabschiedung an.

Lauterbach/Schramberg. Beginn ist an diesem Tag mit einem Gottesdienst um 18 Uhr in der evangelischen Kirche. Es folgen Grußworte, bevor das Ganze in ein Garten- und Abschiedsfest mündet. Eingeladen ist die gesamte Kirchengemeinde, Vereine oder die Teams, die Heidrun Stocker betreut hat. Veranstalter ist die evangelische Kirchengemeinde.

"Ich bin hier heimisch geworden", sagt die Pfarrerin, die aus Scharnhausen/Ostfildern stammt und 16 Jahre hier lebte. Wurzeln geschlagen hat nicht nur sie, sondern auch ein Baum im Pfarrgarten, den sie zur Investitur geschenkt bekam und der mittlerweile eine stattliche Größe hat. "Es wird auch weh tun, wenn ich gehe", ist sie sich sicher.

Kirchensanierung und der "Grüne Gockel"

Sie sei einst in Lauterbach sehr offen und freundlich empfangen worden. Viele bemerkenswerte Stationen habe es gegeben. Sie zählt die Kirchensanierung im Jahr 2007 auf oder die Verleihung des "Grünen Gockels" 2008. Das Thema Umwelt lag ihr immer am Herzen und das möchte sie auch in Mengen so beibehalten. Bei einer Ausstellung in der Bank im Jahr 2004 wurden sämtliche verfügbaren Konfirmationsbilder ausgestellt, was großes Interesse weckte. Während der großen Orgelsanierung mussten 800 Pfeifen gesäubert werden.

In Lauterbach seien ihre beiden Kinder aufgewachsen und zur Schule gegangen, was die Familie geprägt habe. Mittlerweile sind die beiden Töchter im Alter von 23 und 20 Jahren in Konstanz und Mannheim tätig.

Die Empfehlung der evangelischen Landeskirche lautet, nach etwa zehn Jahren den Standort zu wechseln. Hier ist Heidrun Stocker schon deutlich drüber, aber nun verlässt sie Lauterbach und startet im rund 100 Kilometer entfernten Mengen (Kreis Sigmaringen) einen Neubeginn. "Jemand anders muss einen Weg finden, ansonsten sind die gelegten Gleise zu tief", sagt Stocker.

Wie es mit der vakanten Pfarrerstelle weitergeht, ist indes noch nicht klar. Sie wird auf jeden Fall von einer vollen auf eine 50-Prozent-Stelle reduziert, da die Zahl der zu betreuenden Gläubigen zurückgeht. Im Herbst kann die Stelle eventuell ausgeschrieben werden, orakelt Heidrun Stocker. Im Optimalfall könnte ihr Nachfolger noch dieses Jahr anfangen.

Trotzdem sieht die Noch-Pfarrerin die Kirchengemeinde gut aufgestellt: "Es gibt viele engagierte Mitarbeiter", sagt Stocker. Der Sonntagsgottesdienst wird aber künftig nur noch alle 14 Tage in Lauterbach sein. Gut für Langschläfer: Der Beginn wird erst um 11 statt wie bisher um 10 Uhr sein. Fürs Erste wird die evangelische Kirchengemeinde Lauterbach auch von Martina Schlagenhauf betreut, die zum 1. September ihre Stelle in Schramberg antritt.

Wie überall, seien es auch in Lauterbach weniger Gottesdienstbesucher als früher. Und dennoch: "Diejenigen, die kommen, sind sehr herzlich und freundschaftlich. Sie denken aneinander", weiß die scheidende Pfarrerin. Das zeichne die Gemeinde aus.

Nun also Mengen: Erst wusste sie gar nicht, wo das liegt. Die Gemeinde weist aber viele Parallelen zu Lauterbach und Schramberg auf. "Es ist auf dem Land und tiefste Diaspora. Die Leute sind auch dort sehr herzlich", hat Stocker schon festgestellt. Die evangelische Kirchengemeinde hat dort 2000 Angehörige, in Schramberg und Lauterbach waren es 1850.

"Für Besuche werde ich aber zurück nach Lauterbach kommen", verspricht sie. Sie hoffe, dass sich die Gemeinde nicht verlassen fühle und die Menschen weiter füreinander da seien. "In all der Zeit habe ich viel Rückhalt erfahren, wofür ich dankbar bin", sagt Heidrun Stocker. Der Abschied laufe schon seit mehreren Wochen scheibchenweise und sei so besser zu ertragen.

Am Mittwoch, 22. August, wird es dann ernst: An diesem Tag kommt der Umzugswagen.

Heidrun Stocker absolvierte nach dem Schulabschluss erst einmal eine Ausbildung als Damenschneiderin, bevor sie ihr Studium der evangelischen Theologie in Tübingen und Münster aufnahm. Nebenbei arbeitete sie als Betreuungskraft in einem Seniorenheim. Nach dem Vikariat in Welzheim bei Schorndorf trat sie ihre erste Pfarrstelle in Wildberg bei Nagold an. Anschließend zog sie mit ihrem Mann nach Nordhorn (Niedersachsen), wo dieser sein Vikariat absolvierte. Nach der Elternzeit kam die Familie dann 2002 nach Lauterbach.