Hinter Gittern: das Gefängnis wurde zusammen mit dem Amtsgericht (links im Bild) errichtet. Foto: Fuchs

Die letzten Häftlinge haben das Ellwanger Gefängnis am 31. März 2016 verlassen. Jetzt soll das denkmalgeschützte Haus von 1881 verkauft werden. Die Stadt hat schon dankend abgelehnt.

Ellwangen - Stefan Horrer war der letzte Gefangene der Justizvollzugsanstalt Ellwangen. Dabei geriet der Vizechef des Vermögens- und Hochbauamtes Schwäbisch Gmünd – nach allem, was man weiß – vollkommen unschuldig in Haft. Als Horrer nämlich unlängst einigen Journalisten das Gefängnis zeigen wollte, fiel hinter ihnen die Tür ins Schloss. Und der Schlüssel zur Freiheit steckte auf der anderen Seite.

Horrer immerhin musste nicht lange auf seine Befreiung warten, ein Anruf beim benachbarten Amtsgericht genügte. So komfortabel hatten es die ehemaligen Bewohner der kleinen Justizvollzugsanstalt mit 36 Haftplätzen an der Südtangente der Stadt an der Jagst nicht. Seit dem 31. März ist das Ellwanger Gefängnis Geschichte. An diesem Tag wurden die letzten Häftlinge nach Schwäbisch Hall verlegt. Was jetzt aus dem Gefängnis wird, ist offen: Das Land hat das Gebäude, das 1881 zusammen mit dem Amtsgericht am Rande der Ellwanger Altstadt errichtet worden war, nun zum Verkauf ausgeschrieben.

Billig wird der Umbau

Bis zum 30. Juni um 12 Uhr haben Interessenten Zeit, ein Gebot für das historische Gemäuer abzugeben. Dabei gilt: Wer am meisten bietet, bekommt den Zuschlag. Allerdings behalte man sich vor, auch die Pläne des Investors für das Gefängnis in die Bewertung mit einfließen zu lassen. Wer den ehemaligen Knast gerne zum Bordell umfunktionieren würde, kann sich ein Gebot sparen: Den Zuschlag erhielte der Bieter laut Horrer dann ohnehin nicht.

Billig wird die neue Nutzung des dreigeschossigen, denkmalgeschützten Gebäudes nicht. „Wir haben überlegt, dort Büros für das Amtsgericht einzurichten“, erzählt Stefan Horrer. Der Umbau hätte aber 3,8 Millionen Euro gekostet. Das war dem Land zu teuer. Auch eine Nutzung für die Registratur war erwogen worden. Dafür aber ist das Gefängnis mit 770 Quadratmeter Nutzfläche schlicht zu groß.

„Junge, das hier ist die Hölle“, steht an der Wand

Die ehemaligen Häftlinge haben Spuren hinterlassen. An vielen Zellenwänden haben sich die Ex-Insassen per Kuli verewigt. „Junge, das hier ist die Hölle“, hat einer an die Wand gemalt. Andere haben gedichtet. Ein Witzbold hat aus der Ruftaste der Gegensprechanlage eine „Pizza-Ruf“-Taste gemacht. Die schweren Zellentüren sind noch da, sie haben aber keine Schlösser mehr – die wurden abmontiert, weil sie eine spezielle Technik haben, deren Funktionsweise die Justizverwaltung aus gegebenem Anlass nicht verraten will.

Ellwangen ist eines der kleinen Gefängnisse aus dem 19. Jahrhundert, die das Land mittelfristig schließen möchte, weil die Unterhaltungskosten hoch sind. Dazu gehören die Häuser in Waldshut-Tiengen, Rottweil, Villingen, Hechingen und Tübingen. Weil die Häftlingszahlen aber, wie berichtet, erstmals seit Jahren wieder steigen, sind aktuell keine weiteren Schließungen dieser Gefängnisse geplant. „Wir werden nichts schließen, solange nicht absehbar ist, wie die Entwicklung weitergeht“, sagt ein Sprecher des Justizministeriums. Bekanntlich soll in Rottweil eine neue Justizvollzugsanstalt gebaut werden.

Die Stadt will den alten Bau nicht

In Ellwangen haben sich derweil schon drei Interessenten beim Vermögensamt gemeldet. Die Stadt selbst war freilich, anders als von der Landesbehörde erhofft, nicht darunter. Im Ellwanger Rathaus war man alles andere als amüsiert, als bekannt wurde, dass das Land das Gefängnis schließen möchte. Vor drei Jahren hatte nämlich der Bund seine uniformierten Einheiten aus der Reinhardt-Kaserne abgezogen. Die Umwandlung des Militärareals zur geplanten Europäischen Ausbildungs- und Transferakademie (EATA), wo Flüchtlinge und junge Leute aus Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit Sprachunterricht erhalten und ausgebildet werden sollen, binde die 27 000-Einwohner-Stadt personell und finanziell vollkommen, sagt Anselm Grupp, der Sprecher der Stadt. Das Projekt kostet 15,6 Millionen Euro; davon muss Ellwangen 6,3 Millionen selbst aufbringen.