Paul Armbruster vor einem Bild, das ihn an der Bergklippe im Sandsteingebirge zeigt – bei der Wanderung war er 83 Jahre alt. Foto: Rahmann

„Statisch kann jeder“, sagt der Künstler Paul Armbruster. Sein Repertoire reicht von bewegten Schwarzwald-Szenen über transzendentale Bildwelten bis hin zu kriegs- und kirchenkritischen Motiven.

„Dein Paule ist halt ein Verreckerle“, habe die Tante früher zu seiner Mutter gesagt, sagt der mittlerweile 86-jährige Paul Armbruster. Als Kind musste er mit seinen drei Geschwistern oft den Handkarren den Schiltacher Tiefenbach hochschieben, um Holz, Beeren und Bucheckern zu sammeln, was dem Jungen damals nicht gut bekam: „Ich war der, der immer geschwächelt hat, dem schwarz vor Augen wurde.“ Es waren die Nachkriegsjahre in Deutschland, Armbrusters Vater sei herumgezogen und habe „gebettelt und getauscht. Die Reichen waren immer am geizigsten“, ergänzt Armbruster, der vor seinem Eintritt ins Rentenalter Lagerarbeiter bei Hansgrohe war.

Das Thema Krieg beschäftigt den besonnenen Ur-Schiltacher auch heute noch. Als er den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf einem Ölfarben-Bild als Teufel darstellte, erntete er anonyme Kritik. Daraufhin übermalte Armbruster sein Bild und stellte Putin nun als Engel mit Flügeln und Heiligenschein dar: „Sanctus Putinus“ schrieb er darüber. Auf einem weiteren Bild zum Krieg in der Ukraine: eine brennende Stadt, auf der Straße eine Mutter mit ihrem blutüberströmten Kind.

Jesus angeklagt

Auf einer Malerei ist „Jesus auf der Anklagebank“ vor dem Petersdom am Vatikanischen Obelisk zu sehen, umringt von düsteren Gestalten: „Der Klerus spricht sein Urteil gegen Jesus“, sagt Armbruster zur Bildbeschreibung. Er will mit dem Bild kritisieren, „dass die Kirche, speziell die katholische, nicht immer im Sinne Jesu handelt.“

Der Großteil von Armbrusters Werken mutet allerdings äußerst harmonisch an, häufig sind idyllische Schwarzwaldszenen sein Motiv. Die Winterbauernhofmühle im Lauterbacher Hölzle oder das im rötlich schimmernden Schnee gelegene Schiltach im Winter – dass diese Bilder auf manche Betrachter „altbacken“ wirken könnten, „ist mir vollkommen wurst“, sagt er. Ein verwunschen bläuliches Bild vom Sulzbachtal, auf dem der Nebel heraufsteigt, Rauch aus dem Schornstein einer einsamen Hütte qualmt, der Mond sich im Wasser spiegelt und der sternübersäte Himmel zu leuchten scheint, könnte ein Märchen bebildern.

Meditatives Malen

Das Repertoire von Armbruster umfasst aber auch ganz andere Stimmungen: Auf einer Ölmalerei, auf der die Schiltacher Flößer zu sehen sind, ist die Farbe pastos dick aufgetragen, Wellen und Gischt treten plastisch aus dem Bild hervor und die Gesichter der Flößer sind markig gefurcht. Ein Herbstbild zeigt die gräuliche Düsternis und den erbarmungslosen Wind, welche die Herbstfarben verblassen lassen.

Armbruster war um die 50 Jahre alt, als er sich erinnerte, „als Kind schon ganz gut beim Malen“ gewesen zu sein und an einem Aquarellkurs teilnahm. Seitdem malt er stets parallel in Öl- und Aquarellfarben. Beim Wandern und Malen „komme ich wieder ganz zu mir selber“, sagt Armbruster. „Wenn der malt, dann könnte man ihm die Füße absägen und er würde immer noch weitermalen“, habe seine Frau früher zu ihm gesagt.

Unruhe und Beschaulichkeit

Auf einem seiner transzendenten Bilder, die von Inhalt, Farbe und Aufbau etwas an Marc Chagalls Werke erinnern, kämpft die flammende Unruhe am unteren Bildrand gegen die „Sehnsucht nach der inneren Ruhe und der Beschaulichkeit“ in hellblauen Tönen am oberen Bildrand. Das Bild könnte in übergeordneter Weise Armbrusters künstlerisches Schaffen symbolisieren: vom Kritiker, den die Welt umtreibt, bis hin zum verträumten Wanderer.

Die Serie

Neun Künstler
haben sich unter der Leitung von Otto Schinle zur Gruppe „Forelle Blau“ zusammengeschlossen und organisieren unter anderem die jährliche Freiluft-Ausstellung „Kunst taucht auf“ am Schiltacher Ufer. Wir sprechen mit den einzelnen Künstlern über ihre Werke und deren Entstehung. Heute gibt es den sechsten Teil mit Paul Armbruster.