Der echte Fußball-Fan leidet mit seiner Mannschaft – und das kann durchaus gesundheitliche Folgen haben. Foto: ® fotolia/milkovasa

Nervenschlacht: Zu viel Spannung bei WM kann sich auf Gesundheit auswirken.

Kreis Rottweil - 90 Minuten Spiel, Zittern in der Verlängerung, nervenzehrendes Elfmeterschießen – die Achtelfinale der Fußball-WM hatten es am Sonntagabend in sich. Was kaum einer weiß: Solche Fußballkrimis bergen aus medizinischer Sicht durchaus ein Risiko.

Martin Maunz, Chefarzt in der Helios Klinik Rottweil, zeigt auf, warum die Herzinfarkt-Rate während Fußballweltmeisterschaften messbar steigt. Wer mit bangem Herzen um das Weiterkommen seiner Lieblingself vor dem Fernseher bangt oder beim Public Viewing mitfiebert, fordert seinen Körper möglicherweise mehr, als ihm bewusst ist. Maunz: "Die Anspannung ist groß, der Puls erhöht sich, das Stresslevel steigt bei jeder gefährlichen Situation vor dem eigenen Tor". Da kann schon mal der Blutdruck in kritische Höhen schnellen, ohne, dass der Fan das merkt.

Besonders stark sind diese Emotionen immer dann, wenn es quasi "um die Wurst" geht. "Will man im ersten Vorrundenspiel noch schönen Fußball sehen und freut sich einfach auf das, was da kommt, sieht’s in den Finalspielen ganz anders aus" weiß Maunz. Der Druck, der auf den Spielern lastet, überträgt sich auf die Fans vor der Beamerleinwand, sie "leiden" mit, im wahrsten Sinne des Wortes. "Außerdem regen wir uns furchtbar auf, wenn die Jungs auf dem Platz nicht das machen, was wir von ihnen erwarten" sagt der Chefarzt. Leid und Aufregung strapazieren das Herz, die Folgen sind messbar.

Endorphine hat Löws lahme Truppe den Fans fast keine spendiert

Martin Maunz: "Studien belegen ganz klar, dass die Herzinfarktrate in unserem Land während Weltmeisterschaften deutlich nach oben geht – bei Männern um das 3,5-Fache, bei Frauen um das 1,8-Fache." Je spannender die Spiele, umso höher das Risiko. Als Fans spüren wir diesen Stress sogar körperlich, durch die oft unerträgliche Spannung nach einem Spiel fühlen wir uns wie "erschlagen". Ein Tipp des Chefarztes: "Stress baut man am besten über Bewegung ab. Machen Sie den Fernseher aus und gehen Sie eine Runde joggen oder spazieren".

Ganz anders hingegen, wenn die eigene Mannschaft als Sieger vom Platz geht – der Körper reagiert mit Euphorie und Begeisterung. Endorphine sorgen dafür, dass wir das Glücksgefühl auch über den Schlusspfiff hinaus noch eine Weile konservieren können. Das gibt Energie für den Stressabbau, der sich dann etwa im hupenden Autokorso oder beim feucht-fröhlichen Feiern entlädt. Für alle Fans der deutschen Nationalelf hat Maunz deshalb eine, wenn nicht sogar die einzig gute Nachricht: "Ein medizinisches Risiko besteht nur dann, wenn unser eigenes Team, dem wir emotional eng verbunden sind, betroffen ist!" Das Ausscheiden der deutschen Mannschaft ist also, gesundheitlich gesehen, das Beste, was den Deutschlandfans passieren konnte. Aber eben nur aus medizinischer Sicht.