War laut Verteidiger Kai-Jörg Brintzinger die vergangenen Tage im Hungerstreik: ein 46-jähriger Angeklagter (links). Foto: Kübler

46-jähriger Angeklagter aus Litauen bei Auftakt im Hungerstreik wegen vermeintlicher Vorfälle in JVA.

Kreis Rottweil - Ein Angeklagter im Hungerstreik, vermeintlich lückenhafte Ermittlungen der Polizei: ein Prozess um eine Reihe von Einbrüchen beschäftigt zur Zeit das Landgericht Rottweil.

Grauer Pulli, dunkelblaue Jeans, Sneakers, dazu Fußfesseln: Der 46-jährige Angeklagte sucht immer wieder den Blickkontakt des vermeintlichen Komplizen. Doch der 31-Jährige weicht dem aus, spielt mit seinem Stift, blickt abwechselnd auf ein Blatt vor ihm oder gerade aus. Er trägt ein blaues Polo-Shirt und eine hellblaue Jeans, seine Arme sind sehr trainiert. Um seine Knöchel sind ebenfalls Fußfesseln.

Zehn Einbrüche sollen der 46- und der 31-jährige Litauer laut Anklage unter anderem in den Kreisen Rottweil, Villingen-Schwenningen und Tuttlingen begangen haben. Sie stehen derzeit vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Rottweil.

Doch ein ganz anderes Thema kam bei Prozessauftakt am Dienstag zur Sprache: Laut Pflichtverteidiger Kai-Jörg Brintzinger befindet sich der 46-Jährige seit ein paar Tagen im Hungerstreik. Der Grund: Der Angeklagte wolle sich bei dem Richter beschweren. Laut seinem Mandanten sei es in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Villingen-Schwenningen, in der der Mann seit sechs Monaten in Untersuchungshaft sitzt, zu Vorfällen gekommen. Diesen Wunsch lehnte der Vorsitzende Richter jedoch ab.

Anwalt Brintzinger schilderte unserer Zeitung am Rande des Prozesses: Bekannte des Angeklagten hätten zu Besuch kommen wollen, in diesem Zusammenhang habe der 46-Jährige Ärger mit Angestellten der JVA gehabt. Sein Mandant sei hierbei sicher mitschuldig gewesen, meinte Brintzinger weiter. Sechs Monate sei die Situation ruhig gewesen, erst jetzt sei es zu Vorfällen gekommen.

Brintzinger habe seinem Mandaten geraten, den Streik zu beenden, da dieser für die Verhandlungen fit sein müsse. Diesen Einwand habe der 46-Jährige eingesehen. Elke Roncari, Verwaltungsleiterin der Justizvollzugsanstalt Rottweil, teilte unserer Zeitung indes mit: "Uns ist kein Hungerstreik bekannt."

Einfamilienhäuser im Visier

Zurück zur Anklage: Laut dieser sollen die beiden Litauer bei ihren Beutezügen Bargeld, Uhren und Schmuck insgesamt in Höhe von rund 450. 000 Euro gestohlen haben. Hierfür hätten sie sich von September bis November 2016 gezielt große Einfamilienhäuser mit Gärten ausgesucht. Fenster und Türen seien eingeschlagen oder aufgehebelt worden.

Ein besonders großer Coup soll den beiden laut Anklage in Rietheim-Weilheim (Kreis Tuttlingen) gelungen sein. Dort seien beim Einbruch in ein Wohnhaus Schmuck, Goldmünzen und 21 teure Uhren gestohlen worden: Gesamtwert rund 320. 000 Euro.

Weitere Einbrüche sind laut Anklage auch in VS-Weilersbach, Trossingen, Neuhausen o. E., Immendingen oder aber in Deißlingen verübt worden. Mal hätten die beiden Wertsachen in Höhe von rund 12 .000 Euro erbeutet, Mal waren es nur 100 Euro. Dazu kämen Schäden an den Häusern.

Doch die Einbrecher haben bei ihren Verbrechen Fehler gemacht. Dies zeigte die Aussage des zuständigen Polizeihauptkommissars. Er berichtete von dem Vorfall, der zur Festnahme führte: Bei dem Versuch, eine Tür eines Einfamilienhauses in Böttingen aufzuhebeln, seien die Diebe vom Sohn der Familie überrascht worden.

Sie seien zwar geflohen, ein Nachbar habe jedoch das Autokennzeichen notiert. Daraufhin habe die Autobahnpolizei die Angeklagten geschnappt. Im Auto seien viele Schmuckstücke, die den Einbrüchen zugeordnet werden konnten, gefunden worden.

Fragen im Prozess warf der Umstand auf, dass der Vermieter des entsprechenden Autos, der in Berlin sitzt, von den Ermittlern nie persönlich befragt wurde. Der Polizeihauptkommissar berichtete, man habe mit diesem lediglich per Telefon und E-Mail kommuniziert. Auch sei der Mann schwer zu erreichen gewesen.

Die Angeklagten wollten sich zu der Anklage bisher nicht äußern. Der 31-Jährige saß in Litauen bereits mehrere Jahre im Gefängnis, ebenfalls wegen verschiedener Diebstähle. Der 46-Jährige wurde 2013 in Großbritannien wegen des Fahrens unter Einfluss von Betübungsmitteln zu einer Geldstrafe und Fahrerlaubnis-Entzug verurteilt.

Der Prozess wird am Freitag, 26. Mai, fortgesetzt. Dann soll auch das Ergebnis eines außergerichtlichen Gesprächs zwischen Staatsanwalt, Kammer und Verteidigung mitgeteilt werden.