Im Laufstall auf dem Aulich-Hof: Die Milcherzeuger Michael Aulich und Andreas Banholzer machen zusammen mit Kreisbauernobmann Manfred Haas (von rechts) zur Zukunft der Milchwirtschaft in Familienbetrieben aus ihrem Herzen keine Mördergrube. Foto: Scheidel

Mitte des Monats kommt der Milchgeld-Brief: Für Landwirte viel spannender als eine Tombola-Verlosung.

Kreis Rottweil - 80 Milchkühe hält Michael Aulich auf seinem Aussiedlerhof bei Zimmern o.R., 60 leistungsstarke Rindviecher nennt der Bösinger Milcherzeuger Andreas Banholzer sein eigen. Etwa 1,1 Millionen Liter Milch kommen von diesen beiden Höfen jährlich zur Verwertung. Bei einem zwischen Spätherbst 2012 und heute von 28 bis 37,5 Cent je Liter schwankenden Milchpreis ist dieser bäuerliche Erwerbszweig ein wahrlich delikates Geschäft.

Der redlichen und zeitlich kaum einzugrenzende Arbeit der Milchbauern steht ein Entlohnungssystem gegenüber, das fast wie in einer Lotterie zu funktionieren scheint: Zeigt der Milchverwerter am Markt Geschick, gibt es für die Bauern ein ordentliches Milchgeld. Haut es die Bilanz in die roten Zahlen – wie bei Omira 2012 – werden die Erzeuger entsprechend sparsam abgespeist.

So war für die meist im Familienbetrieb funktionierenden Erzeuger, die sich über die einstige Albmilch-Verwertungsgenossenschaft an die Ravensburger Omira gebunden haben, vor allem im Verlauf des vergangenen Jahres ein existenzsicherndes Einkommen nicht mehr gewährleistet. Nicht zuletzt wegen schlechter Marktstrategien war von der Omira für 2012 ein Verlust von gut 15 Millionen Euro gemeldet worden.

Was bisher kaum die Runde machte: Wegen des sich aufgrund der Misswirtschaft vorübergehend eklatant im Keller befindenden Abnahmepreises hätten die damals für die Omira in die Werke Ravensburg, Neuburg (Bayern) und Rottweil liefernden etwa 4000 Erzeuger beim Milchgeld Abstriche von etwa 30 Millionen Euro machen müssen, wird bei Versammlungen der Omira-Milchbauern voller Enttäuschung in den Raum geworfen.

Nach Managerhinauswürfen sollen unter dem Generalbevollmächtigten Ralph Wonnemann wieder erfolgreichere Zeiten anbrechen. Erste gute Anzeichen gibt es. Aulich und Banholzer sind denn auch sehr gespannt, wenn Mitte dieses Monats der nächste Brief zum Milchgeld für August 2013 im Briefkasten liegt. Das ist für die Betroffenen viel spannender als die Öffnung eines Loses für eine Tombola.

Dem Sanierungskonzept für die Großmolkerei Omira soll, wie berichtet, auch das Milchwerk Rottweil mit seinen derzeit 120 Beschäftigten zum Opfer fallen. Der Stopp der Produktion soll zum 1. November 2014 erfolgen.

Das ist für die heimischen Omira-Lieferanten, von denen es in der Region noch einige hundert gibt, zwar weniger schmerzlich, als für die vor der Entlassung stehenden Omira-Arbeitnehmer. Aber wieder bricht ein Stück landwirtschaftlicher Infrastruktur weg, wie Kreisbauernobmann Manfred Haas betont. Das bedauern auch seine Berufskollegen Aulich und Banholzer sehr. Immer wieder kommt das Gefühl auf, als Spielball größerer und mächtigerer alles ohne Widerrede hinnehmen zu müssen. So bekommt Omira aus den Betrieben vor Ort zum Informationsgebaren in Sachen Milchwerkschließung heftige Schelte. Eine solche Entscheidung aus der Zeitung erfahren zu müssen, sei ein Unding.

Aulich und Banholzer sind zwei Milchbauern, denen die Arbeit Freude macht, die aber auch ihre Kreditverpflichtungen für die Investitionen in moderne Stallbewirtschaftungen im Nacken haben. Was die Zukunft für ihren Berufsstand bringen wird, kann keiner so genau wissen.

2015 fällt die Mengenkontingentierung weg, die erzeugte Milch muss dann am freien Markt abgesetzt werden. Für einen guten Milchpreis ist aber auch dann der Markterfolg des abnehmenden Verwerters das A und O, natürlich davon abhängig, ob Milch – dieser Aspekt ist durchaus auch weltweit zu sehen – als knappes Gut an die Molkereien geliefert werden kann, oder ob sie im Überfluss verramscht werden muss.

Banholzer hat seinen Liefervertrag bei Omira als einer der wenigen aus der heimischen Region gekündigt. Aulich nicht. Welcher Schritt der bessere ist, wird sich erst noch weisen müssen.